Habe es schon mal übersetzt ... erhebe aber keinen Anspruch auf Perfektion
Morten Harket wird 40 – und macht ein comeback mit a-ha
Interview aus der August-Ausgabe „Vi Menn“ 1999
Interviewer: Thorkil Gundersen
Zu finden im H&D-News-Archive auf a-ha.com
FOREVER YOUNG
Neugierig wie ein Kind. Naiv wie ein Kind. Voller Träume wie ein Kind. Mit dem Drang Grenzen zu überschreiten, egal ob in der Musik, Philosophie, Umweltbelange oder Theologie. Morten Harket hat uns etwas zu sagen, aber wir sind nicht ganz sicher, ob wir auch verstehen, über was er spricht.
Lange Zeit zurück in 1979 wurde Morten „Hakke“ Harket in seiner Heimatstadt Gullhella in Asker ausgelacht. Das erste Mal, als seine „Garagen-Band“ Laelia Ancepts es niemals schaffte, aus der Garage rauszukommen. Der Sänger einer rivalisierenden lokalen Band, Quien Sabe, verspottete ihn, als er sagte: „Du wirst dem ins Auge sehen müssen, Hakke, du wirst immer in unserem Schatten stehen!“
Dann wurde er aus seiner nächsten Band herausgedrängt, weil er den Kampf frontman zu sein verlor. Aber Morten sollte es ihnen zeigen. Zusammen mit Geir Kolbu bekam er die Erlaubnis, die Kirchenorgel in Asker zu benutzen. Nun würden sie das beste Album aller Zeiten machen, das Meisterstück überhaupt ! Aber „Spirit Battle“ wurde niemals im Studio fertiggestellt.
Der Zwanzigjährige musste sein drittes Fiasko schlucken. Aber die Saat war gesät. Morten war stur geworden. Der wirkliche „Spirit Battle“ fing gerade erst an.
STURHEIT, TALENT UND VISION
1982 fragten Magne Furuholmen und Pal Waaktaar Morten ob er Sänger in ihrer Band werden wolle, die sich aufmachte nach London zu gehen und eine große Nummer zu werden. Sie hatten nur drei Dinge mit Morten gemein: Sturheit, Talent und eine Vision. Der Rest der Geschichte sollte bekannt sein.
Nach drei Jahren harter Arbeit in den Hinterhöfen der Metropole hatten sie den Durchbruch geschafft. „TOM“ toppte die Charts rund um die Welt und Norwegen hatte seine ersten weltberühmten Popstars.
15 Jahre und 20 Millionen a-ha Alben später sitzen wir mit Morten Harket in einem Restaurant in Majorstua, nicht weit weg von seinem Heim in der Hauptstadt. So viel wurde über ihn gesagt und geschrieben. Nicht alles war gleich freundlich. Man packt nicht einfach zusammen und wird ein weltberühmter Star. Schon gar nicht, wenn du Norweger bist. Die Presse zog und zerrte an Morten um ihn zurück zur Erde zu bekommen. Der grundsätzliche Eindruck ist, dass sowohl sein Ego als auch die Wahl seiner Worte irgendwo oben in den Wolken zu finden sind.
Aber wer ist das wirklich dort in diesem Jungen, hinter dem Posieren und den großen Worten ? Können wir Morten Harket in eine einzige Kategorie packen ?
„Morten ist ein sehr komplizierter Typ, von einem Projekt zum anderen driftend. Aber er hat einen wundervoll beständigen Kern, etwas was suchenden Menschen oft fehlt.“ Sagt Henning Kramer Dahl, ein Freund von Morten und dem Rest von a-ha seit vor der Zeit des Durchbruches. Ich fragte ihn nach einem Kommentar zu der folgenden Hypothese:
„Morten Harket ist ein Norweger, der der „Geringste“ ist unter uns“ [Anm.: Das ist nicht so ganz klar ...]
„Dem kann ich zustimmen. Wenn ich ihn mit jemand anderem vergleichen wollte, würde es Fridtjof Nansen sein. Morten fühlt sich sehr der Moral und Ethik verpflichtet und menschlichen Fragen. Schau nur seine Beteiligung (sein Engagement) für die Menschen in Ost Timor an. Er glaubt, dass wir die Verantwortung haben, Gutes zu tun.“
PHILOSOPH
Ein Interview mit Morten Harket wird niemals ein Interview sein, sondern eher eine Konversation. Wenn ich, als Journalist, versuche sein Terrain auszupeilen akzeptiert er das. Aber er kann nicht Rede und Antwort stehen. Deshalb verlassen mein Stift und mein Block nie meine Tasche. Keine Zitate. Nur Eindrücke, für die der Unterzeichner voll verantwortlich ist.
Morten ist mehr an Fragen interessiert als an Antworten. Fragen währen ewig, Antworten nur vorübergehend. Antworten sind wie eine Fotografie, ein Echtzeitbild von etwas, das gerade dann, gerade dort war, als das Foto gemacht wurde. Aber genauso, wie du einen Augenblick nicht wiederbringen kannst, kannst du keine permanenten Antworten finden.
Die, die glauben, ewige Wahrheiten gefunden zu haben, mit welchen sie ihr Leben schützen wollen, liegen falsch. Es fühlt sich sicher an, zu wissen, dass wir bei gutem Wetter den Grill herausholen, und wenn wir den Grill herausgeholt haben, werden wir Hot Dogs essen, und wenn wir Hot Dogs haben, brauchen wir Senf und Ketchup dazu. Aber wir sollten die Dinge öfter etwas lockerer (anders) sehen und die etablierten (festgefahrenen?) Wahrheiten herausfordern. Weitergehen, ganz einfach, hinter die Antworten schauen. Das wichtigste ist, weiterzufragen, weiter Fragen zu stellen.
Ich mache mir eine mentale Notiz: Jostein Gaarder. Dieser Mann ist Philosoph.
Henning Kramer Dahl: „Morten hätte genauso gut oder genauso schlecht in frühere Zeiten gepasst als ins zwanzigste Jahrhundert. Religion und Philosophie sind zeitlose Fragen. Er hat eine kindliche Neugierde über das Leben. Selbst mit 40 wird er nicht alt. Aber er ist auch nicht jung. Er ist einfach zeitlos.
GEPRIESEN UND VERSPOTTET
Als junger und ambitionierter Musiker musste Morten lernen mit Spott und Hohn umzugehen. Aber bereits in der Grundschule war er das Opfer von Schikanen. Von der Sorte, die ein Kind zerbrechen kann oder es in Stahl verwandelt. Der junge Harket war ein komischer Kauz, der Orchideen züchtete und zu sich hielt.
Man sollte meinen, dass internationaler Erfolg, ein Popstar und reich zu werden würden seine Kindheitserfahrungen ausgleichen (?). Aber man gewinnt nicht diesen Eindruck wenn man heute mit Morten spricht. Er glaubt, dass es nur eine schmale Linie gibt zwischen Heldenverehrung und Kreuzigung. In beiden Fällen stehst du im Rampenlicht.
Ob du dort bist um verehrt zu werden oder zerrissen wirst, die Leute wollen ein Stück von dir, und aus oberflächlichen und absolut belanglosen Gründen. Erfolg ist wie Schlagsahne: das meiste davon ist Luft ! Wirkliche Substanz findest so sonst wo.
Nochmal Kramer Dahl:
„Morten war bereits ein weltberühmter Star in seinem eigenen Universum lange bevor er ein Star in der Welt wurde, die wir bewohnen. Das mag sich unglaublich anhören, aber ich glaube für Morten war der Erfolg mit a-ha eine ziemlich belanglose Sache, etwas was er ebenso gut ohne sie hätte haben können. Ich glaube, er würde heute exakt die selbe Person sein, wenn die Umstände ihn zu einem Hausmeister in Asker gemacht hätten anstatt zu einem internationalen Künstler.“
Auf jeden Fall hat seine Kindheit Morten Harket’s Persönlichkeit geformt. Man ist versucht zu sagen, dass er in der Kinderwelt geblieben ist. Er stimmt dem sogar zu, dass er so naiv ist wie ein Kind und er glaubt, dass Naivität eine schöne Sache ist. Er fragt wie ein Kind, träumt wie ein Kind, rebelliert wie ein Kind. Ein stures Kind, das sich weigert in einer Kategorie zu bleiben.
UMWELTSCHUTZ UND CHAOS
Das hindert uns nicht daran, genau das zu tun: eine Kategorie zu finden, worin wir Morten Harket platzieren können. Zum Beispiel die Frederic Hauge Kategorie.
Obwohl es stetig wandelt, war er dermaßen am Umweltschutz beteiligt, dass „Dagbladet“ ihn einen „fahrradfahrenden Evangelisten“ nannte. Morten war darüber so verärgert, dass er daraufhin den größten Mercedes kaufte, den er bekommen konnte. Er fährt Auto, fliegt im Jumbojet dreimal die Woche und kann sich selbst nicht überwinden, seinen Müll zu trennen.
Er glaubt, dass sein Beitrag zur Gesellschaft und zum Umweltschutz anders erfolgen muss und wendet sich den wichtigeren Fragen zu als Essensreste von Glas und Papier zu trennen.
Es interessiert ihn nicht sonderlich, was man von ihm denkt. Harket handelt nach seinem Gewissen, das sein Führer war, solange er sich erinnern kann. Seriosität wächst aus der Fähigkeit, seine Schwächen zu zeigen. Morten mag keine Politiker, die sich selbst als nobel und fehlerlos darstellen. Er mag keine Ansichten/Einstellungen, die sie zu dem gemacht und die bürokratische Maschinerie kreiert haben. Deswegen mag er Frederic Hauge.
Können Sie noch folgen ? Es wird noch schlimmer, Sie werden sehen. Die Konversation schwenkt plötzlich zur Chaos Theorie. Ich bin nicht sicher, ob das Physik, Religion oder Soziologie ist. Aber es hat was damit zu tun, wie Energie freigesetzt wird, wenn man ein Atom splittet. Und wie die Gesellschaft Puffer erschafft, um diesen Explosionen zu widerstehen, die entstehen, wenn diese Energie freigesetzt wurde. Und wie einige von uns auf diesen Puffern vor sich hinvegetieren, während andere versuchen, diese einzureißen.
Oder so was ähnliches, auf jeden Fall.
DIE NOTWENDIGKEIT DES FRIEDENS
Ich sitze da und picke an meinem Dessert. Limetten Sorbet mit Erdbeeren. Wenn ich jetzt ehrlich wäre, müsste ich zugeben, dass ich kein Wort davon verstanden habe. Anstelle dessen denke ich, dass es einige Kategorien gibt, die ich vergessen habe. Und natürlich sind da:
Die Aril Edvardsen Kategorie
Harket, der Prediger, der uns etwas über Gott lehren will.
Die Espen Lind Kategorie
Der Einzelgänger, der sich selber in sein Zimmer einmauern will und der weiß, dass der fähig ist, internationale Hits zu schreiben
Sie sind beide ebenfalls harte Nüsse, wenn es um Klamotten geht. Denkt man nur an Harket’s Lederarmbänder, seine Indianischen Zöpfe und die Lederhemden.
Henning Kramer Dahl warnte mich vor einiger Zeit:
„Morten liebt es Grenzen umzustoßen. Wenn du versuchst, ihn in ein Klischee zu zwängen, wird er „sofort“ etwas unternehmen, um diesen Eindruck zu widerlegen.“
Also lasse ich dieses Kategorie-Ding sein und gehe zurück zu meiner ursprünglichen Hypothese, dass kein Norweger geringer ist als Morten Harket [Anm.: die Redewendung kapier ich leider nicht]. Sein grenzenloses Bedürfnis nach Freiheit und seine Angst vor akzeptierten Wahrheiten bedeuten, dass es mein Job ist, ihn zu interpretieren. Es interessiert ihn sowieso nicht, weil er mit seinem eigenen Gewissen schon vor langer Zeit Frieden geschlossen hat.
Wir verlassen das Restaurant und Morten schaltet sein Handy wieder ein. Voller Nachrichten. Jede Menge Projekte laufen nebeneinander, viel zu viele. Er seufzt. Er möchte etwas Frieden. Aber er gibt uns einige weise Worte und ein schiefes Lächeln mit auf den Weg:
„Das Leben fängt an zu sein an der Grenze zwischen Chaos und Ordnung. Nicht vergessen.“
oder besser: Das Sein des Lebens fängt an der Grenze zwischen Chaos und Ordnung an.