Heute ist ein potenziell wirklich deprimierender Tag, und um mich abzulenken, schreibe ich mal etwas zu einem nostalgisch-schöneren Thema.
Wie kam ich zu a-ha?
Klar, der erste Song, den ich (mit 17) hörte, war "Take on me". Die sehr poppige Melodie zusammen mit den ziemlich zeitgleich über die Teenmagazine schwappenden Loomis-Fotos ließen erst mal den "weia, eine Band für Mädchen"-Indikator ausschlagen. Morten (aber auch Pål und Magne) sahen einfach zu gut aus, um gute Musiker zu sein. Und der Song klang nach etwas, das clevere Produzenten für sie geschrieben hatten. Vergleichbare Eintagsfliegen waren zu der Zeit "Herreys" oder "Kajagoogoo". Als "Sun always shines" als nächste Single angekündigt wurde, hörte ich mir das an, und erinnere mich daran, dass ich dachte: "immerhin nicht eine 1:1-Kopie des ersten Hits". Ein Klassenkamerad hatte sich das Album gekauft, und ich war nicht besonders beeindruckt, was vielleicht auch daran lag, dass ich die Produktion (u.a. von "Train of thought") nicht so genial fand. Trotz der schönen Ballade "Hunting".
Ein Jahr später hörte ich "I've been losing you" und schaute erstmals auf. Oh. Das klingt ja überraschend wenig nach Teen-Pop, und textlich passiert ja etwas mit Substanz. Habe ich das richtig verstanden, der rechtfertigt gerade, dass er seine Freundin umgebracht hat? Wundert mich jetzt nicht, dass das nicht zur #1 in Deutschland wurde. Aber eher grummelnd gestand ich den Drei zu, dass sie vielleicht doch etwas drauf hatten. "Cry wolf" war dann nicht so meins. Ich hörte mehr so Sachen wie ABC und New Order, gelegentlich auch Tears For Fears.
Aber dann kam die Single, die für mich das Ding umdrehte: "Manhattan skyline". Es war Februar 1987, und der Song wurde in der von mir regelmäßig verfolgten HR3-Donnerstags-Hitparade vorgestellt. Eine Woche später hatten die Hörer den Song auf Platz 2 gewählt, und die folgenden drei Wochen war er von Platz 1 nicht wegzukriegen. Also hörte ich ihn jede Woche wieder, auch einmal als zugegebenermaßen geniale Maxi-Version. Diese Mischung aus den sentimentalen Strophen und der rauen Energie des Refrains wirkte für mich authentisch, und Mortens Stimme hatte den richtigen Grad an Schmerz im Ausdruck. Ich war zudem gerade unglücklich verliebt, was half. Ich kaufte mir die Maxi, aber das darin mit-verpackte Poster hängte ich dann doch nicht auf. Den Bond-Song ein halbes Jahr später fand ich okay, aber nicht so gut wie "View to a kill" von Duran Duran zwei Jahre zuvor.
1988 und "Stay on these roads". Ich fand die CD (meine erste, die ich von a-ha kaufte) überproduziert. Nur "This alone is love" blieb wirklich hängen. Die Singles fand ich alle nur so durchschnittlich, und "Touchy" unterirdisch.
Der nächste a-ha-Moment war dann das "Crying in the rain"-Cover wieder zwei Jahre später. Ich kannte das Original der Everly Brothers, aber da waren mir der Rumba-Beat und das Tempo unpassend zum Text. Wenn der Typ so traurig ist, was soll dann der lockere Tanzbeat? Da war das langsamere Cover von a-ha besser. Hier fand ich die nächsten Singles auch gut, dachte aber "wollen die jetzt U2 werden"?
Als ich hörte, dass die "Headlines And Deadlines"-Best-Of die Singleabmischungen von "Hunting" und "Train of thought" enthalten sollte, kaufte ich mir diese als meine zweite a-ha-CD. "Move to Memphis" passte für mich in die neue Richtung der Band. Ich dachte damals, "die Zeit der erfolgreichen Singles ist jetzt durch, aber cool, dass sie ihr eigenes Ding machen wollen".
Ergo wurde "Memorial beach" gekauft. Das Album gefiel mir richtig gut. Leider hieß es kurz darauf, dass sich die Band aufgelöst hätte. Schade.
Ich verfolgte in der Zeit auch nicht mehr weiter, was Pål und Morten separat herausbrachten. Meine Band war (und ist noch) Crowded House, die 1993-1996 bis zu deren erster Auflösung noch einen richtig guten zweiten Frühling hatten.
Dann fuhr ich eines Tages im Jahr 2000 im Auto auf der Autobahn und hörte Radio. Und da kam dieser Song. Ich dachte während der Strophe: "klingt etwas wie a-ha, ganz nett so, wer ist das?", und dann kam der "demolition string-quaver quiver-pop-a-ruddy-kimbo" - Refrain mit Mortens langem "Staaaay!". Und dann wusste ich es. Eine Woche später kaufte ich "Minor earth" und war sehr angetan. Wow, wer hätte gedacht, dass die ein so gutes Comeback schaffen? Neben "Summer moved on" gefielen mir auch "Minor earth" und "Velvet" als Singles sehr gut. Ab dann war klar, weitere CDs werden ohne Testhören gekauft.
Und ich hatte auch niemandem mehr gegenüber ein Problem, einzugestehen, dass ich a-ha gut fand. Das Songwriting war einfach zu gut. Bis heute stelle ich gerne Playlists zusammen, auf denen deep cuts wie "A fine blue line", "Birthright", "White dwarf", "Sunny mystery" oder "The bandstand" auftauchen. Dank eines Promotion-Pushes von Pro7 hatte "Foot of the mountain" einen furiosen Start als Single und brachte die Band ein letztes Mal in Deutschland in die Top-5 der Single-Charts. Ich kannte die komplizierte Entstehungsgeschichte nicht, und der textliche Bruch zwischen Strophe und Refrain war mir auch nicht aufgefallen, oder ich hatte ihn als "künstlerischen Clou" akzeptiert. Fest stand, der Song spielte die Stärken von a-ha gut aus, und die aufgekommene Retro-80s-Welle half bestimmt.
2010: Wie jetzt, schon wieder auflösen? Die sind doch gerade mal erst 10 Jahre wieder zusammen. Wissen die nicht, was sie wollen? Läuft doch gerade so gut. Als ich das verdaut hatte, kam "Butterfly" als Abschiedssingle, und die sagte mir "ist doch noch alles da, was ich an a-ha mag". Besonders hatte es mir die Melodiezeile "left without a reason to stay" angetan. Wenn es denn sein muss, so kann man das stehen lassen.
Große Abschiedstour ... aber ich hatte inzwischen gehört, dass die Konzerte von a-ha mit den drei voneinander isoliert agierenden Musikern nicht das waren, was ich mir unter einem Live-Erlebnis vorstellte. Also ließ ich die Chance, sie in Berlin zu sehen, verstreichen.
Der sehr schön zusammengestellte Dokufilm über die Band füllte mir dann Verständnislücken. Ich verstand jetzt besser, wie komplex das Thema "a-ha als Band" zu verstehen war, und was es ist, was da hinter den Kulissen abläuft. A-ha sind für mich ein Beispiel für einerseits große Würfe, aber eben auch für die Bremsen, die einem Künstlertrio angelegt sind, wenn es menschlich zu viele Unterschiede gibt.
Trotzdem bin ich weiter Fan der Band. "True North" war für mich nicht ganz das Alterswerk, das ich mir erhofft hatte (zu sehr "one note"), aber die Hoffnung auf ein weiteres neues Album habe ich nicht aufgegeben. Vielleicht kommt es ja doch noch zur Alchemie, und es entsteht einmal noch richtiges Gold.