Das Treffen mit Morten war kein gemütliches Kaffeetrinken. In keinster Weise! Es wurde ein anstrengender und zeitweise hitziger Dialog zwischen einem ungeduldigen Journalisten, der „dumme“ Fragen stellte und klare Antworten verlangte und einem klein-philisophischen Musiker, der keine klaren Antworten auf dumme Fragen geben, sondern alles in einen Zusammenhang setzen wollte. Und damit ist wirklich ALLES gemeint! Nach ca. zwei Stunden stellte einer in der Bar die unumgängliche Frage: „Was ist denn hier los?? Seid ihr Feinde oder ....??“ Da entspannte es sich. Ein wenig.....
Morten:
„Mein Kopf ist im Moment voller Krieg Ich weiß nicht, wohin ich will und wo ich ende. Ich habe keine Übersicht, aber die werde ich bekommen und dann kann ich den Gebrauch meiner Zeit bewerten und meine Kräfte anders nutzen als jetzt. Ich bin dabei, mich zu verändern. Ich bin mittendrin im Schmelztiegel. Nun warte ich darauf, dass alle Dinge an ihren Platz fallen. Das schließt Familie, Musik mit ein...eben alles. Ich habe meinen ganzen Wahrnehmungsapparat in voller Bereitschaft. Ich nehme auf und horche.
F: „Was möchtest Du denn gerne tun?“
Morten:“ Ich weiß nicht.“
F:“ Welche Ziele hast Du denn?“
Morten:“ Ich weiß nicht. Aber ich muß meinen Instinkten folgen.“
F:“ Es scheint, als ob Du verrückt egozentrisch wärst?!“
Morten:“ Das hast Du gehört. (Pause) Ja, doch das kommentiere ich jetzt nicht. Ich bin mir nicht sicher ob das Wort „verrückt“ gerade hierher gehört.“
F:“ Sehr egozentrisch also.“
Morten:“ Ich lebe. Ich glaube, das ich einfach nur auf das Leben konzentriert bin.“
F:“ Auf Dein eigenes Leben?“
Morten:“ Nein, auf das Leben generell. Es ist ein Unterschied, ob man groß im Leben ist oder viel im Kopf hat. Aber es ist möglich, dass man den Eindruck erwecken kann, wenn man keine so gute Einsicht hat. Ich glaube, ich bin in den letzten 10 Jahren um 80 Jahre gealtert.
F:“ Also ist es Zeit für Dich, Dich pensionieren zu lassen??“
Morten:“ Nein, ganz im Gegenteil. Ich muß alles aus mir herauslassen, um neu geboren zu werden.“
F:“ Würde es Dir auch ausreichen, außerhalb des Rampenlichts zu stehen?“
Morten:“ Ich habe nie an die Tür zum Rampenlicht geklopft!! Es ist das Rampenlicht, das zu Dir kommt! A-ha haben das Rampenlicht nicht gesucht. Das Rampenlicht sucht immer den, den es strebt zu finden. Und das ist etwas anderes.“
F:“ ?????“
Morten:“ Durch das was wir machen, unsere Aktivitäten, trifft das Rampenlicht auf uns.“
F:“ Ja.....aber Du faßt doch danach!!“
Morten:“ Ich lebe dort. So ist das.“
F:“ Und fasst danach?!“
Morten:“ Das auch. Aber das bedeutet trotzdem nicht, das es nicht konfliktreich ist.“
F:“ Aber Du möchtest lieber dort sein, als außerhalb?“
Morten:“ Ich habe eigentlich nicht das Gefühl, dass ich das wähle. Alle meine natürlichen Instinkte protestieren gegen das hier, aber in mir gibt es einen Ruf, dem ich antworten muß.“
F:“ ?????“
Morten:“ Ich verstehe das als Phänomen „intuitiv“.
F:“ tja. Und Du akzeptierst es?“
Morten:“ Ich muß es akzeptieren. Das ist etwas, was ich tun muß. Aber ich könnte auch ein erfülltes Lebe als Botaniker leben.“
F:“ Botaniker Harket hätte bedeutend weniger Geld als Popstar Harket....“
Morten:“ Eigentlich mag ich Geld nicht., aber es ist nun mal etwas, mit dem Du Dich abfinden musst. Ich habe es ein wenig mit Aktien versucht, aber beendete das wieder und fand heraus, dass es nichts ist, womit ich mein Leben verbringen möchte.“
F:“ Nun wohnst Du in England, zusammen mit Deiner Familie?“
Morten:“ Vor ein paar Jahren versuchte ich, mich einer Auseinandersetzung mit mir selbst zu stellen. Ich fühlte, dass ich zu wenig zu Hause und zuviel unterwegs war, auch wenn ich mir dieses gewünscht hatte und entschloß mich, mehr Zeit zu Hause zu verbringen. Und seitdem war ich mehr unterwegs als jemals zuvor. Es gab so viele Dinge die ich mich verpflichtet fühlte zu tun.“
F:“ Und wie gleichst Du Dein Gewissen gegenüber Camilla und den Kindern aus??“
Morten:“ Ich mache...........ich mache es einfach so gut ich kann. Ich lebe so ehrlich, wie ich kann, aber Ehrlichkeit gerät oft in Konflikt mit anderen Dingen. Und das hat dazu beigetragen, das ich so ausgelaugt bin. Ich lauge aus durch die täglichen Konfrontationen, denen ich mich stelle. Ich muß ehrlich gegenüber mir selbst sein. Das muß ich sein, ich beabsichtige nichts anderes. Das bedeutet nicht, das ich nichts ändern will, weil ich gerne einen Teil des praktischen Rahmens verändern möchte.“
F:“ Aber was ist das, was richtig ist? Was ist es, das Du willst??“
Morten:“ Ich möchte einfach das tun, was richtig ist. Das was richtig ist, spürst Du selbst in Dir. Ab und zu ist es schwierig zu wissen, was richtig für Dich ist. Manchmal habe ich Instinkte, die in beide Richtungen gehen.“
F:“ Was ist denn richtig???“
Morten:“ Wir haben zwei verschiedene Ausgangspunkte, so wie Du die Fragen stellst und wie Du die Antworten erwartest. Ich antworte tatsächlich so klar, wie ich kann. Alles gehört gleichwie zusammen.“
F:“ Aber viele haben Probleme zu verstehen, was Du meinst!!?“
Morten:“ Das ist Mangel an aufrichtigem Interesse, glaube ich. Soll man eine Sache verstehen oder über sie reden, dann muß man sie umfassend beleuchten. Ich wurde jahrelang in der Schule geschlagen, weil ich keine klaren Antworten geben konnte. Weil ich nicht „Ja“ oder „Nein“ zu diesem oder jenem sagen konnte. Das ist meine Sprache!!!!“
Er lehnt sich über den Tisch und richtet seinen Lehrerblick auf mich.
„Es gibt sehr wenig, zu dem man ohne Vorbehalte „Ja“ oder “Nein“ sagen kann, weil alles in Bezug zu etwas anderem steht. Du verstehst nie ein Bild, wenn Du nicht das ganze Bild siehst. Und selbst das kann schwierig sein.“
Ungefähr jetzt liegt die Temperatur bei ihrem Höhepunkt und das Klima bei dem tiefsten und einer in der Bar kommt und fragt, ob wir Feinde wären.
Morten:“ Sind wir das??“
F:“ Es ist nur ein wenig schlechte Chemie...“
Nachdem wir uns eine Weile über andere Dinge unterhalten haben, bitte ich Morten von neuem das große und seltsame zu erklären, das ihm in den letzten Jahren widerfahren ist...
Morten:“ Das, was mir passiert ist, ist so anormal. Ich wünschte, ich könnte es vermitteln, aber das ist so, als ob man versuchen würde, jemanden den Geschmack einer Mohrrübe zu erklären, der noch nie eine gegessen hat. Nur ich alleine kann es verstehen. Auch Magne und Pal haben nicht das gleiche erlebt. Sie haben andere Dinge erfahren.
Sie waren dafür verantwortlich, Songs zu schreiben, während ich A-ha´s Gesicht nach außen war. Schreibe 300 Autogramme nach einem Konzert, halte mit allen Smalltalk. Es ist unmöglich so eine Rolle zu betätigen. Pal und Magne haben geglaubt, dass ich all dieses getan habe, weil es mir Spaß gemacht hätte. Das ist falsch!!!
Ich habe es gemacht, weil es moralisch richtig war.
Aber eine Sache möchte ich unterstreichen:
Ich stehe nicht auf, weil ich den Fans etwas schulde, weil sie die Platten gekauft haben. Ich scheiße drauf, was die Leute von mir denken! Die Platten haben sie gekauft, weil die die Musik mögen, nicht weil die mich unterstützen. Ich habe absolut keine Verpflichtungen jemandem gegenüber, die über die gewöhnlichen Höflichkeiten hinausgehen.
Niemand hat Anspruch auf meine Zeit. Die bekommen sie, weil ich sie ihnen gebe.
Und DAS ist okay!!“
(Dagbladet, 19.03.1994)