ZitatAlles anzeigenAm 29. April erscheint von A-ha das neue Album "Lifelines". Die drei Norweger Morten Harket, Paul Waaktaar-Savoy und Magne Furuholmen kamen Anfang März nach Berlin, um es vorab zu präsentieren. Am 8. März trafen wir den Gitarristen Paul, der mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn in New York lebt, im Kempinski-Hotel am Ku'Damm.
Vor zwei Tagen fand ein Pre-Listening eures neuen Albums "Lifelines" in der Norwegischen Botschaft statt. Hat's dir Spaß gemacht?
Ja, es muss wohl ganz nett gewesen sein, obwohl ich nicht die ganze Zeit dort war. Wir sind erst zum Ende vorbeigekommen. Ich glaube, dass das Album den Leuten gefallen hat. Wobei - sie sagen's dir nicht ins Gesicht, wenn sie deine Musik doof finden.Auf der Echo-Verleihung wart ihr auch, oder? Was hältst du von Pop-Acts wie den No Angels, die wie ein Produkt vermarktet werden?
Die No Angels kenne ich nicht besonders gut. In New York hört man nichts von ihnen.Aber du kennst doch das TV-Format "Popstars"?
Ach ja, klar. Diese Bands kommen mir vor wie aus dieser Sendung auf MTV "Real World". Es gibt Leuten denen das gefällt. Manchmal glaube ich, dass Musik allein den Jugendlichen nicht mehr reicht. Sie wollen unterhalten werden. Und das ist es, was diese Sendungen und Bands wie die No Angels schaffen. Sie gestalten Musik für die Kids mit all dem Drumherum erst interessant. Einigen Leuten geben diese "Popstars" einen richtigen Kick, mir nicht.Manche Gruppen verdienen viel Geld damit...
Solange es den Leuten gefällt, warum nicht? Aber ich habe das Gefühl, dass sich vor einigen Jahren die Musikszene insgesamt sehr verändert hat.War das der Grund, warum sich A-ha 1994 getrennt hat? Weil eure Musik nicht mehr den Anforderungen des Marktes entsprochen hat?
Ja, vielleicht. Aber wir haben davor zehn Jahre zusammen Musik gemacht, verschiedene Alben produziert. Wir waren inzwischen voneinander genervt. Also haben wir ein paar andere Sachen gemacht. Magne hat Soundtracks komponiert, Morten ein Solo-Album aufgenommen. Auf der anderen Seite waren wir alle auch irgendwie leer. Immerhin haben wir mit 14 oder 15 haben angefangen, Musik zu machen. Im Rückblick war die Trennung das beste, was wir tun konnten.Einfach eine lange Pause einzulegen...
Genau. Jetzt redet niemand mehr über irgendwelche Probleme aus der Vergangenheit. Im Gegenteil: Uns kommt es so vor, als ob unsere Songs von heute weit mehr geschätzt werden als die von damals.Hast du gedacht, dass ihr jemals wieder zusammen spielen würdet? Immerhin bist du nach New York, Magne und Morten zurück nach Norwegen gegangen.
A-ha erstmal auf Eis zu legen, war eine ziemlich unspektakuläre Sache. Ich hab zu der Zeit gerade an der nächsten Platte gearbeitet. Dann hat Morten sein Solo-Album aufgenommen und Magne Filmmusik komponiert. So hat sich die Trennung einfach ergeben.Und wie seid ihr wieder zusammen gekommen?
Das war merkwürdig. Fast gleichzeitig haben wir gespürt, dass wir wieder gemeinsam Musik machen sollten. Und dann sind wir im Dezember 1998 bei der Nobel-Preis-Vergabe in Oslo aufgetreten und haben unser Comeback-Album "Minor Earth Mayor Sky" produziert.Seid ihr eigentlich richtig dicke Freunde?
Wir sind mehr als das. Wir sind, würde ich sagen, über eine Freundschaft hinaus. Wir haben so viele Jahre gemeinsam gearbeitet. Auch wenn wir getrennte Wege gegangen sind, hatte das, was wir allein gemacht haben, immer mit den anderen zu tun. Wir sind förmlich miteinander verknotet.Und mit A-ha...
Irgendwie schon. Ich hab schon lange eine andere Band, Savoy, mit der ich vier Alben gemacht habe. Und in den Kritiken steht immer noch A-ha. Alles dreht sich darum. Auch in den Projekten von Magne und Morten.Hat euch der Erfolg von "Minor Earth Mayor Sky" überwältigt?
Das war natürlich toll. Aber die Kritiker haben auch wieder über die alten Sachen geschrieben und sich daran erinnert, wie gut die Musik schon von vor zehn, fünfzehn Jahren gewesen ist und die Songs verglichen. Im Nachhinein haben wir für die alten Sachen mehr Lob bekommen als damals.Wie war das bei den Auftritten?
Sehr ausgeglichen. Die Leute sind nicht bloß für die alten oder neuen Sachen gekommen, sie wollten beides hören. Das war toll, weil wir unsere Vergangenheit mit der Zukunft verbinden können.Nach dem Erfolg von 2000 konntet ihr gar nicht anders, als weiterzumachen?
Es war ziemlich inspirierend, ja.Es heißt aber auch, bei euch geht's Band-intern manchmal heiß her, zum Beispiel als ihr gerade die Auswahl der Songs für das neue Album treffen musstet?
Stimmt, obwohl wir uns dann geeinigt haben, dass jeder ungefähr ein Drittel bestimmen darf.Welche Tracks sind denn von dir?
Zum Beispiel "Time and Again", "There is a Reason for it", "Did Anyone Approach you?"Ihr habt für "Lifelines" mit verschiedenen Produzenten, unter anderem mit Clive Langer & Alan Winstanley (Elvis Costello, Morrissey) oder Stephen Hague (Blur, Pet Shop Boys) zusammengearbeitet. Eure Musik klingt jetzt ein bisschen anders, aber immer noch wie A-ha...
Die Songs, die ich geschrieben habe, haben wir mit dem Tindersticks-Soundmeister Ian Caple aufgenommen. Dem geht's nicht darum, dass das Stück bombastisch und teuer klingt. Er legt Wert auf den Charakter der Lieder. Das ist mir unglaublich wichtig.Andere Produzenten setzen andere Schwerpunkte?
Ja, da ist jeder ganz verschieden. Der eine bringt den Computer-Sounds ein, der andere liebt Live-Akustik und lässt alle die im Raum sind, gleichzeitig spielen.Wie läuft eigentlich die Arbeit mit den Produzenten ab?
Ganz einfach. Du hast einen Song, nimmst eine erste Version auf. Dann macht der Produzent Veränderungsvorschläge, ergänzt Instrumente oder streicht Passagen, etwa so. Das hängt vom Produzenten ab.Themenwechsel: Du lebst in New York. Was sind deine Eindrücke vom 11. September?
Ich wohne sogar ziemlich dicht an der Stelle, wo das World Trade Center gestanden hat. Als die Flugzeuge in die Türme krachten, bin ich auf die Straße gerannt und hab versucht für mich, meine Frau und meinen kleinen Sohn Gasmasken zu bekommen, weil es im Radio hieß, es wäre Giftgas an Bord der Boeings gewesen. Als der erste Turm einstürzte, stürmten alle aus ihren Häusern, es war grauenvoll. Alles voller Staub.Was hat sich für dich verändert?
In den ersten Wochen war alles anders. Wir lebten quasi in einem militärischen Sperrgebiet, keiner durfte rein oder raus. Manhattan war wie ein großer Käfig, alle Brücken und Tunnel gesperrt. Das hat die Menschen und die Stadt verändert.Wie ist New York jetzt?
Ich hab die Amerikaner von einer völlig neuen Seite kennengelernt. Sie haben ganz anders reagiert, als ich es erwartet hätte. Ich hätte gedacht, jetzt käme diese "Macht, dass ihr diese Banditen kriegt"-Einstellung zu tage. Aber die Amerikaner sind wirklich verletzt. Das spürt man.Wolltest du wieder zurück nach Norwegen gehen?
Meine Frau und ich haben darüber nachgedacht. Freunde von uns haben innerhalb von 15 Minuten entschieden, nach Los Angeles zu ziehen: 'Okay, das war es hier, wir hauen ab.' Wir sind geblieben.Jetzt noch ein paar Randnotizen. Was bedeutet Musik für dich?
Bewahrt mich vor der Straße. Spaß beiseite. Musik ist ein großer Teil meines Lebens. Da sind so viele Songs, die wir gemacht haben. Sie sind wie ein Tagebuch. Und sie macht immer noch Spaß. Die Arbeit mit A-ha, aber auch die mit Savoy.Freundschaft?
Meine Frau.Erfolg?
Kommt portionsweise. (lacht)Liebe?
Das ist schwierig. Als ich ein Teenager war, war ich überzeugt, dass ich mich niemals verlieben könnte. In der Schule war ich immer ein Außenseiter und meine Musik war alles, was ich hatte. Und dann war ich eines Tages sehr überrascht, als ich meine Frau mit 23 Jahren kennenlernte. Ich hatte mir schon ausgemalt, das Musik alles in meinem Leben sein würde, sonst nichts. Aber dann kam sie und alles wurde anders.Arbeit?
Ist das Interview hier mit dir.Geld?
Immer her damit. (lacht) Immerhin ermöglicht es mir zu Reisen, abwechselnd in New York und Norwegen zu leben. Ich habe eine Menge Freunde, die sich noch immer von Monat zu Monat hangeln. Ich erinnere mich daran als ich das erste Mal nach New York kam, mit 22 Dollar in der Tasche und dachte 'Wow, hab ich viel Geld.' War's natürlich nicht. Es ist hart hier, aber das macht die Stadt auch aus.
Politik?
Weil wir gerade über den 11. September geredet haben: Als Bush seine ersten öffentlichen Auftritte nach den Terroranschlägen hatte, hab ich mich gefragt 'Was macht der hier eigentlich?'Fühlst du dich denn inzwischen wie ein Amerikaner?
Nein, aber wie ein Norweger auch nicht mehr. Ich will deshalb aber auch nicht Amerikaner werden. Ich lebe in New York und interessiere mich für das, was in den USA passiert. Das ist alles.Was ist für dich das Wichtigste im Leben?
Eine dieser Fragen... Ich glaube, es ist verrückt ein Kind zu haben. Morten und Magne haben so viele (drei und zwei). Und alle sagen dir, es ist das größte ein Kind zu bekommen.Für dich etwa nicht?
Doch, nur ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Es ist schön zu sehen, das mein Sohn Argie (2) jetzt das wichtigste in meinem Leben geworden ist. Der kleine Typ ist so cool. Als Vater bist du mit deinem Kind verbunden und du hast die ganze Verantwortung. Das ist es, was zählt.
http://www.vipreport.de/body/interviews/aha.html
(Danke an Jakob S. ;-))