Hallo,
ich lese seit ein paar Tagen hier im Forum, da ich mir vor ca. einer Woche mein erstes a-ha-Album gekauft habe und nun über den Sinn der Songtexte rätsele. Ich habe nun zwar schon mehrmals hier gelesen, dass viele a-ha-Fans sich wenig um die Texte kümmern, aber vielleicht finden sich ja ein paar, die mich an ihren Gedanken teilhaben lassen und mit mir gerne etwas spekulieren würden.
Ich würde gerne mit Shadowside beginnen, da so viele dieses Lied als ihren Lieblingssong nennen und ich mir mit der Auslegung schwer tue.
Zuerst einmal: Was ist mit der „Schattenseite“ überhaupt gemeint? Mir fallen zwei Möglichkeiten ein: sozusagen die Schattenseite des Lebens (Unglück, Niederlagen, Schicksalsschläge oder auch Depressionen, die einen im Leben ereilen) oder die düstere Charakterseite, die jeder Mensch in sich trägt (Schwächen, niedere Instinkte oder einfach nur Bequemlichkeit und den „inneren Schweinehund“).
Zieht die Figur des Textes nun das Unglück an oder neigt dazu in Unzufriedenheit und Depressionen zu versinken (melancholischer, schwermütiger, depressiver Charakter) und die Freundin ist sozusagen sein Rettungsanker im Leben, um nicht wieder abzugleiten in düstere Gefilde (theatralisch-dramatische Interpretation)?
Oder kritisiert da (frei nach dem Geschlechterklischee) die Lebenspartnerin ganz banal die alltägliche Faulheiten, Schwächen und Unzufriedenheiten ihres Partners (z.B. dass er lieber vor dem Computer sitzt oder Musik hört statt bei der Hausarbeit zu helfen oder sich um die Freundin zu kümmern, oder dass er die einfachen Dinge des Lebens nicht zu schätzen wisse)?
Der Ton des ganzen Stückes klingt so resigniert (nach dem Motto „ewig die gleiche Leier“ und „der kann ich’s sowieso nicht recht machen“). Er sieht zwar ein, dass er quasi den Arschtritt der Freundin braucht, um ein wenig in die Hufe zu kommen. Haben wir es also mit einem Faulpelz zu tun, der total verlottern würde, wenn seine Freundin ihn nicht ab und zu aufscheuchen würde? Einsicht ist ja da: er weiss ihre Bemühungen um ihn ja zu schätzen und beteuert (im trägen Sound des Liedtenors), dass er sie zu würdigen wisse und sich ja eigentlich gerne aufraffen würde, sich mehr um sie (und seine anderen Angelegenheiten) zu kümmern.
Aber für mich klingt das auch sehr nach „lass die sich austoben, ihren Frust abmeckern - die beruhigt sich auch wieder, einfach die Standpauke aussitzen“. So richtig kommt bei mir nicht an, dass der Typ es tatsächlich schaffen würde sich aus der Lethargie zu reißen – und es vielleicht auch gar nicht will? Aalt sich da bloß jemand im Selbstmitleid?
Oder leidet da jemand unter einem fürchterlichen Hausdrachen?
Dieselbe Auslegung geht natürlich auch mit den umgekehrten Geschlechterrollen.
Oder meint die Band nicht den ganz banalen Alltag, sondern spielt auf eine Tragödie tieferer Tragweite an?
Was meint ihr?
In welche Richtung gehen eure Gedanken, wenn ihr dem Text lauscht?
Diana,
a-ha-Neuling
Interpretation Shadowside
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Shirley -
10. August 2009 um 23:49 -
Erledigt
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Ich musste erstmal über deine Gedanken ein wenig schmunzeln, den Hausdrachen find ich genial. Für mich klingt Shadowside eher nach deinem 2. Gedankengang.
Wie bist du zu a-ha gekommen?
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Und eine eigene norwegische Englisch- Erfindung ist das Wort wohl auch.
Da es nicht im Wörterbuch steht und mein englischer Freund es so nie gebrauchen würde, kann man schon überlegen, was das wohl überhaupt heißen soll. -
bin bilingue und kenne das wort aus dem englischen überhaupt nicht.
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Neuerfindung...
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the dark side. welcome to the dark side, we got cookies. oder besser: welcome to the dark side, we got morten.
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Also ich bin inzwischen zu der Überzeugung gelangt, dass mehr noch als bei RTC es nicht um eine Entwicklung geht, sondern um eine Momentaufnahme, eine reine Zustandsbeschreibung einer aktuellen Stimmungslage. Die Figur trieft im Selbstmitleid und gefällt sich in der Rolle des passiven Opfers.
Denn die Erkenntnis ist ihm ja nicht neu, sondern eine alte Leier seiner Freundin, die er sicher schon x-mal gehört hat (wird gestützt auch von der "leiernden", getragenen Musik). Zwar stimmt er ihr zu ("but I do"), aber Einsicht ist bekanntlich nur der erste Schritt zur Besserung. Was fehlt - offensichtlich wohl ganz bewusst und gewollt - ist die Konsequenz daraus zu ziehen und etwas zu verändern. Die Figur bleibt in der melancholischen Zelebration des aktuellen Zustandes stecken: "you say" (ihre Sicht, nicht "I know" oder dergleichen), "I don't want to see myself descend..." bzw. "let myself descend" (Sicht von außen, der Umwelt), "if YOU ever let me go" bzw. "if YOU're letting go of me" (quasi sie ist schuld, wenn sie ihn verlässt und ihm Stich lässt, dass er dann abgleitet) -> alles passiv, kein Ansatz zur aktiven Reaktion auf das drohende Versinken in der Schattenseite.
Und selbst den Refrain "And I will", der eh nicht überzeugend rüber kommt, kann man so verstehen, dass er eigentlich nur eines wirklich will, nämlich nicht in die Schattenseite absteigen - oder das "And I will" bedeutet, dass er der sicheren Überzeugung ist, dass er in die Schattenseite abgleiten wird, sobald sie ihn verlässt (und dass das im Raum steht, zeigt die Änderung der Formulierung von "if you ever let me go" zu "If you're letting go of me").
Die leichte Steigerung der Intensität in der zweiten Songhälfte deutet so gesehen dahin, dass die Figur sich tiefer in die drohend herannahende selbstgewählte Melancholie hinein steigert. Passt prima zur unverändert dahinfließenden Musik, sehr stimmige musikalische Untermalung: warten bis das Unvermeidliche über das arme Opfer einbricht.
Schade, ich persönlich mag mehr Texte, die eine Geschichte erzählen und auch einen Ausweg anbieten. Aber dafür fehlt ein dritter Strophenblock, der Hinweise auf eine aktive Änderung enthält, um das nahende Unglück abzuwenden. Außerdem müsste die Musik optimistischer werden, kraftvoller, aufsteigend. Tut sie nicht. Sie wird nur etwas intensiv er in der Selbstbemitleidung.
Fazit: Shadowside beschreibt jemanden, der sich in einer melancholischen, antriebslosen Phase befindet, in der er sich in der Selbstbemitleidung wunderbar gefällt und sich in den drohenden Höhepunkt mit selbstkasteiischem Wehmut hinein steigert.
Knuffiges Kerlchen.
Aber solche Phasen gibt es ja wirklich im Leben, wo man erst einmal das Leiden voll auskosten möchte, erst mal ganz auf den Boden der Talsohle sinken möchte, bevor man die Kraft schöpfen kann, sich wieder aktiv daraus zu erheben. Genau dort befindet sich wohl gerade unser knuffiger "Held". Eine wunderschöne, perfekt zwischen Inhalt und Musik abgestimmte Ballade.
So, für mich ist das Rätsel im Wesentlichen gelöst, bin nun zufrieden und kann ich mich damit identifizieren.
Ich hoffe, ich finde auf der bestellten CD MEMS noch mehr solcher "Perlen": schöner Text, perfekte musikalische Umsetzung.
Die andere Interpretationslinie des unter der Nörgelei der Freundin leidenden Faulpelz ist auch weiterhin möglich. Auch in diesem Fall fehlt die Bereitschaft sich zu ändern, das Gemecker wird hingenommen und er lässt es darauf ankommen, dass sie ihn in seinem Saustall sitzen lässt, der ihm dann unweigerlich über den Kopf wachsen wird. Ach so ein armer Kerl! (*Ironie*)
Diana -
prima gesagt, diana wer hat den text eigentlich geschrieben? ich hab die songs nur über itunes download
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prima gesagt, diana wer hat den text eigentlich geschrieben? ich hab die songs nur über itunes download
Laut Booklet alle Texte von Paul außer:
- FOTM zusammen mit Magne
- Sunny Mystery nur von Magne. -
herzlichen dank shirley!
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Hallo Shirley, Deine Interpretation finde ich klasse. Endlich mal wieder jemand, der sich herrlich unverklärt (ohne "rosa Fanbrille") über einen a-ha Text auslässt! Man sieht auf einmal die Lyrics mal von einer anderen Seite - nein, nicht von der Shadowside aus! Die für mich im Übrigen einfach das Gegenstück zur "sunny side of life" ist, wie auch immer...
Wenn Du Dir weitere a-ha Alben zulegst wirst Du feststellen, dass da ziemlich oft Depression herrscht, geweint wird oder übers Wetter spekuliert. Die sind halt so!