Guten Morgen!
Ja, 11 Uhr 18 ist bei mir noch Morgen. Besonders sonntags, und besonders nachdem die Uhr heute ja eine Stunde vorgestellt wurde
*ächtz*
und man dann ja doch noch etwas müder ist
*gähn*
vielleicht liegt's ja daran, dass ich einfach noch zu müde war, dass mir etwas Komisches passiert ist.
Dazu müsst Ihr zunächst wissen, dass ich vor ein paar Tagen bei loulou einen Satz Fimo-Figürchen von a-ha gekauft hatte, nämlich diese hier
und sie im Wohnzimmer auf meinem Schrank unter dem (hängenden) CD-Regal aufgestellt habe, in dem sich nur a-ha CDs befinden... neulich dachte ich noch "das Ding ist voll, die mussten ja aufhören"... aber natürlich ist man doch immer wieder mal etwas traurig seit dem 4.12. ob man nun will oder nicht...
naja, jedenfalls kam ich mit meinem Kaffeebecher ins Wohnzimmer, noch etwas sehr tranig
da hörte ich plötzlich etwas komisches. Ganz leise nur, wie wenn jemand auf einem alten Kinderklavier spielt, aber ich erkannte natürlich die Melodie von Take on me!
"Hä" dachte ich "was ist das jetzt?" Offenbar ging schon wieder mein doller Kopf mit mir durch, aber es wurde sogar noch schlimmer, jetzt spielte da tatsächlich noch einer Gitarre! Allerdings klang es so, wie wenn man eine Schallplatte schneller laufen lässt, zB eine LP auf 45 RPM (für diejenigen, die nur CDs kennen, das klingt um einiges höher, fast wie Micky-Maus-Musik).
Jetzt wollte ich doch wissen wer sich da offenbar einen Scherz mit mir erlaubte? Ich versuchte zu orten wo denn die Musik herkam
und dann entdeckte ich etwas Unglaubliches.
Der kleine Magne, der da auf der Kork-Schallplatte stand, konnte sich bewegen und spielte auf seinem Fimo-Keyboard. Und auch little Paulchen haute in die Saiten und machte seine typische Musikerbewegung (meine Freunde und ich sagen immer die Guude-Paul-Bewegung dazu ). Also so in etwa
Ich schlug fast lang hin, denn dass man für 25 Euronen so etwas bekommt hätte ich nun nicht erwartet... von irgendwelcher versteckten Technik hatte mir auch niemand etwas gesagt.
Jedenfalls spielten die beiden ein bisschen, es sah gerade aus als ob sie proben würden... bis irgendwann Magne sagte "du verpasst schon wieder deinen Einsatz!" und das klang etwas genervt. "Aber ich hör mich doch kaum!" sagte da der kleine Morten etwas verzweifelt und fummelte an seinen Fimo-Ohrstöpseln herum. Das sah so süß aus! "Hier ist es so laut!" meinte er dann, gerade wie das Original vorgestern bei der Echo-Aftershowparty.
"Hier ist es doch nicht laut" brummte der kleine Paul. "Du wirst wieder mal deinen Text nicht können. Gib's doch zu!" Da schaute little Morten verlegen zu Boden, ähh, Kork. "Es ist aber trotzdem laut" sagte er trotzig, "hier muss ein Wasserfall in der Nähe sein...!" Wasserfall? Was meinte er? Aufs Klo oder duschen war ich heute noch nicht gegangen. Aber dann fiel es mir ein: in der Küche brodelte mein Wasserkocher vor sich hin, da mir ein Kaffee meistens morgens nicht genug ist und ich mir Wasser für eine "Morgenlatte" (grins! Macchiato natürlich! ) aufgestellt hatte. Vielleicht kommt das den Jungs so laut vor, weil sie ja so klein sind? Ich schaltete das Ding also ab, Kaffeetrinken konnte ich auch später noch. Jetzt wollte ich wissen wie das hier weiterging.
TBC
Ellens Märchenstunde
-
-
...und wie ging es weiter?
Ich sag ja, schreib ein buch, verleg es bei lulu.com und wir kaufen es... -
Ihr seid aber auch mysteriös mit Euren Päckchen, da steht Ihr mir ja in nix nach!
Ich erzähle mal weiter wenn ich darf.
Also, ich stellte den Wasserkocher ab, und machte die Balkontüre zu, jetzt konnte man in meiner Bude wirklich eine Stecknadel fallen hören so leise war es. Und tatsächlich, nachdem der Mini-Morten noch ein paar Mal an seinen Ohrstöpseln gefummelt hatte fing er an zu singen.
(Foto by loulou)
Es klang irgendwie zwischen mortig und mickymausig aber trotzdem schön. Und der "Kleine" kriegte die hohen Töne ebenso hin wie der "Große".
Nachdem sie Take on me durch hatten schlug Magne Butterfly vor. Ich ging noch ein Stück näher ran und lauschte andächtig. Doch irgendwann nach der Hälfte des Liedes brach Paulchen erschrocken ab und meinte "Da guckt uns jemand zu!" Mags schaute von seinem Keyboard auf
und fragte: "Hey du! Wer hat dich denn reingelassen, und wer bist du? Warum bist du so groß?" Ich sagte: "Moment mal...!" aber nachdem Morty sich schon wieder erschrocken an die Ohrstöpsel griff flüsterte ich weiter: "Mich hat niemand reingelassen, das hier ist meine Wohnung. Ich bin die Ellen. Und ich bin auch nicht zu groß, sondern ihr seid so klein!" "Wir sind nicht klein!" beschwerte Morten sich. "Doch!" flüsterte ich. "Und wisst ihr was, ihr seid noch nicht mal echt. Ihr seid eigentlich Fimo-Figürchen!" "Mist, stimmt ja!" meinte Paul. "Also sind wir diesmal in deiner Bude gelandet?" "Wieso gelandet?" wollte ich wissen. "Ach, das passiert immer mal wieder" begann Mags, aber nachdem ich immer verwirrter aus der Wäsche guckte erklärte Morten mir: "Weißt du, es ist eine Art von Liebe, die das macht. Du denkst sicher sehr viel an uns, oder?" Nun, das konnte ich nicht abstreiten! "Und dann kann es auch eine Entzugserscheinung sein. Du hast SCHON ÜBER EINEN TAG LANG keine a-ha Musik mehr gehört, richtig?" sagte Magne grinsend. "Öh ja, da hast du wohl Recht. Ich war gestern nicht zu Hause" meinte ich...
TBC -
Ich wollte dann noch wissen, wieso wir uns trotz Sprachbarrieren verstehen könnten, und die Jungs sagten das läge an der Magie der Musik, die ja keine Grenzen kennen würde.
"Können wir dir vertrauen?" fragte der kleine Paul. Ich nickte atemlos. Und Morten erklärte, dass es niemand sonst wissen dürfte, denn sonst könnten sie nicht bleiben. Eigentlich hätten sie sich ja aufgelöst und es dürfte kein a-ha Konzert nach dem 4.12.2010 mehr geben...
Warum ich Euch das trotzdem erzähle? Weil ich einen dummen Fehler gemacht habe. Wahrscheinlich war es einfach alte Fangewohnheit, aber nachdem ich den 3 Süßen ein bisschen zugehört und -gesehen hatte dachte ich dass ich einfach etwas davon für die Nachwelt festhalten müsste, und holte meinen
raus um sie ein bisschen zu knipsen / filmen... zwar benutzte ich keinen Blitz, aber irgendwann merkte Morten es trotzdem. Er schaute mich traurig mit seinen stecknadelkopfgroßen Fimoaugen an und meinte "wir können dir nicht vertrauen, nun müssen wir dich verlassen." Ich rief noch "Nein Jungs, das war ein Versehen, bitte bleibt bei mir!" aber es war schon zu spät. Die drei Figürchen standen wieder da ohne jegliche Anzeichen von Leben oder dass etwas Außergewöhnliches geschehen sein könnte.
Mir ging's scheiße, kann man sich denken... ich versuchte mir also einzureden dass ich nur geträumt hätte oder eben nen Kaffee zu viel getrunken, aber das gelang nicht so richtig. Ich ging raus auf meinen Balkon
wollte zur Ablenkung ein Buch lesen, aber auch das half nichts. Ich musste sehr bitterlich weinen, jetzt würde ich erst einmal eine ganze Weile kein a-ha mehr hören können. Wie dumm war ich gewesen! :cry: Dass die drei magisch sind hatte ich ja immer gewusst, nun war mir quasi der Beweis geliefert worden und ich dumme Kuh versau's mir. Super, Ellen...!
Was noch dazu kam war, dass ich auf einmal das Gefühl hatte, mich an keinen einzigen a-ha Song mehr erinnern zu können - alles wie weggelöscht. So sehr ich mich auch anstrengte, es fiel mir nicht mehr ein... aber als ich aus lauter Verzweiflung schon beschloss, jetzt Take-That-Fan zu werden oder noch krasser, endlich mal erwachsen zu werden (!!!), von nun an ein stinknormales Leben zu führen und vielleicht gar keine Musik mehr zu hören, da flatterte auf einmal ein Schmetterling heran und landete in meinem Blumenkasten...
und dann noch einer...
...und schließlich ein dritter.
Die drei blieben nebeneinander sitzen und klappten ihre schönen Flügel auf und zu, und ich sah sie eine Weile an bis mir auf einmal die Zeile "Butterfly, flutter into the skies" wieder einfiel... und dann nach und nach alles andere. Die Blockade in meinem Kopf löste sich auf, meine Erinnerung an a-ha kam zurück.
Und dann hoben die 3 Pfauenaugen (es waren keine Kohlweißlinge!) alle ab und umflatterten mich einmal bevor sie in drei verschiedene Richtungen davon flogen... und mir war es, als vernähme ich Mortens Stimme, die mir sagte "Du hast zwar einen Fehler gemacht, aber du weißt ja, dass man das, was man fest in seinem Herzen trägt, niemals wirklich verlieren kann!"
Da wurde es mir ganz leicht ums Herz und ich konnte wieder lachen.
Soviel zu meiner kleinen Story und zu meiner Reklame für die wirklich supersüßen a-ha Figuren von loulou, die Ihr hier http://www.a-ha-forum.de/forum/showthread.php?t=7139 bestellen könnt! Sorry für die gnadenlos geklauten Bilder, ich werde es nie wieder tun... bis auf weiteres wenigstens! -
Puh, da bin ich aber froh, das es halbwegs gut ausgegangen ist,... Du hast dein gedächtnis wieder und kannst dich an a-ha erinnern.
Hast du dir die geschichte ausgedacht oder geträumt? Ich mein ja nur, ich träum in letzter zeit so komische sachen von den dreien... Liegt wahrscheinlich daran, dass ich soviel hier lese
Und es gibt ja auch leute, die aus ihren träumen bücher machen, die dann noch verfilmt werden, z.B. Gestern abend...Ich wollte dann noch wissen, wieso wir uns trotz Sprachbarrieren verstehen könnten, und die Jungs sagten das läge an der Magie der Musik, die ja keine Grenzen kennen würde.
"Können wir dir vertrauen?" fragte der kleine Paul. Ich nickte atemlos. Und Morten erklärte, dass es niemand sonst wissen dürfte, denn sonst könnten sie nicht bleiben. Eigentlich hätten sie sich ja aufgelöst und es dürfte kein a-ha Konzert nach dem 4.12.2010 mehr geben...
Warum ich Euch das trotzdem erzähle? Weil ich einen dummen Fehler gemacht habe. Wahrscheinlich war es einfach alte Fangewohnheit, aber nachdem ich den 3 Süßen ein bisschen zugehört und -gesehen hatte dachte ich dass ich einfach etwas davon für die Nachwelt festhalten müsste, und holte meinen
raus um sie ein bisschen zu knipsen / filmen... zwar benutzte ich keinen Blitz, aber irgendwann merkte Morten es trotzdem. Er schaute mich traurig mit seinen stecknadelkopfgroßen Fimoaugen an und meinte "wir können dir nicht vertrauen, nun müssen wir dich verlassen." Ich rief noch "Nein Jungs, das war ein Versehen, bitte bleibt bei mir!" aber es war schon zu spät. Die drei Figürchen standen wieder da ohne jegliche Anzeichen von Leben oder dass etwas Außergewöhnliches geschehen sein könnte.
Mir ging's scheiße, kann man sich denken... ich versuchte mir also einzureden dass ich nur geträumt hätte oder eben nen Kaffee zu viel getrunken, aber das gelang nicht so richtig. Ich ging raus auf meinen Balkon
wollte zur Ablenkung ein Buch lesen, aber auch das half nichts. Ich musste sehr bitterlich weinen, jetzt würde ich erst einmal eine ganze Weile kein a-ha mehr hören können. Wie dumm war ich gewesen! :cry: Dass die drei magisch sind hatte ich ja immer gewusst, nun war mir quasi der Beweis geliefert worden und ich dumme Kuh versau's mir. Super, Ellen...!
Was noch dazu kam war, dass ich auf einmal das Gefühl hatte, mich an keinen einzigen a-ha Song mehr erinnern zu können - alles wie weggelöscht. So sehr ich mich auch anstrengte, es fiel mir nicht mehr ein... aber als ich aus lauter Verzweiflung schon beschloss, jetzt Take-That-Fan zu werden oder noch krasser, endlich mal erwachsen zu werden (!!!), von nun an ein stinknormales Leben zu führen und vielleicht gar keine Musik mehr zu hören, da flatterte auf einmal ein Schmetterling heran und landete in meinem Blumenkasten...
und dann noch einer...
...und schließlich ein dritter.
Die drei blieben nebeneinander sitzen und klappten ihre schönen Flügel auf und zu, und ich sah sie eine Weile an bis mir auf einmal die Zeile "Butterfly, flutter into the skies" wieder einfiel... und dann nach und nach alles andere. Die Blockade in meinem Kopf löste sich auf, meine Erinnerung an a-ha kam zurück.
Und dann hoben die 3 Pfauenaugen (es waren keine Kohlweißlinge!) alle ab und umflatterten mich einmal bevor sie in drei verschiedene Richtungen davon flogen... und mir war es, als vernähme ich Mortens Stimme, die mir sagte "Du hast zwar einen Fehler gemacht, aber du weißt ja, dass man das, was man fest in seinem Herzen trägt, niemals wirklich verlieren kann!"
Da wurde es mir ganz leicht ums Herz und ich konnte wieder lachen.
Soviel zu meiner kleinen Story und zu meiner Reklame für die wirklich supersüßen a-ha Figuren von loulou, die Ihr hier http://www.a-ha-forum.de/forum/showthread.php?t=7139 bestellen könnt! Sorry für die gnadenlos geklauten Bilder, ich werde es nie wieder tun... bis auf weiteres wenigstens! -
- Offizieller Beitrag
hab euch mal verschoben
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Zitat:
Zitat von Ellen (Brook)
Ist das jetzt hier normal dass einem sämtliche Beiträge gelöscht werden und einem nicht mal was dazu gesagt wird? Zumindest wenn man ich ist? Hat sich wer beschwert, dann bitte persönlich bei mir.Und ich weiß, was ich künftig nicht mehr tun werde.
Haaaaaalt! Du bist noch da, deine kurzgeschichten mit a-ha-effekt findest du jetzt unter "ellens märchenstunde"
Und ich hätte gerne mehr, wenn du hast und willst. Nicht aufhören!Und du bist kein forumstroll, auf jeden fall nicht im negativen sinne.
Ich find trolle niedlich.
So, und nun darfst du wieder schreiben... -
Bist du Batman?
Morsch an der Bergstraße. Ein kleiner Ort unweit von Besensheim, bekannt allenfalls durch seine Kloster-Ruine, die zum Weltkulturerbe gehört, ein Städtchen, nett anzuschauen aber nicht besonders spektakulär. Wohnort einiger Mitarbeiter des Finanzamts Besensheim, zum Beispiel Monika S., die dort zusammen mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern Kevin und Daniel eine Dachwohnung bewohnt. Sie ist eine Arbeitskollegin von Ella S. und weiß nichts über deren Beziehungen in andere Sphären… es ist Mitte 2005, ein Sommerabend. Monika hat Daniel zu Bett gebracht und sitzt vor dem Fernseher. Endlich etwas Ruhe. Haushalt, Kinder und Arbeit, das ist schon ziemlich anstrengend, da nutzt man jeden Moment der sich bietet, um einmal die Füße hoch zu legen. Außerdem gibt’s heute die Entscheidung von „Big Brother“ und man will ja wissen, wer aus der berühmten Fernseh-WG hinaus nominiert wird! Kevin spielt noch mit seinen Spiderman-Figuren, eine halbe Stunde noch, denkt Monika, und dann wird sie ihn auch ins Bett verfrachten. Aber wie das halt so ist, immer wenn man denkt dass man einmal in Ruhe fernsehen kann, dann kommt garantiert was dazwischen.
Die Unterbrechung kommt in Gestalt des Filius, der aufgeregt aus seinem Zimmer gestürmt kommt. „Mama, guck mal!“ zupft er seine Mutter am Hemd. „Hmmm“ brummt Monika. „Kann Papa nicht gucken?“ Aber ihr Mann Michael sitzt sehr beschäftigt am Computer und bekommt anscheinend gar nichts mit. „Du musst mal gucken kommen!“ drängelt Kevin wieder. „Na gut, ich gucke ja“ meint Monika und verlässt seufzend den Sessel. „Was soll ich überhaupt gucken?“ „An Fenster sitzt eine kleine Fledermaus!“ „Fledermaus? Kind, die gibt’s doch hier gar nicht. Nur in dunklen Dachböden und Burgen und so…“ „Doch, da sitzt aber eine! Und die ist rein gekommen, obwohl mein Fenster zu war und die Tür auch!“ „Das ist bestimmt keine Fledermaus. Wird sicher 'ne…“ Monika beendet den Satz nicht, erst mal nachgucken, denkt sie, und vielleicht ein Glas mitnehmen, falls sie Recht haben sollte. So „bewaffnet“ geht sie dann in Kevins Zimmer. „Da sitzt sie!“ ruft er. Monika geht näher ran. Wie vermutet, denkt sie. Keine kleine Fledermaus, sondern eine große, zugeklappte Motte! Zum Glück hat sie vor solchem Zeug keinen Ekel – anders als zum Beispiel Ella, die jetzt sicher die Flucht ergreifen würde! Und wie Kevin reagiert weiß sie auch nicht – „geh mal nach Daniel sehen, ob er schon schläft!“ sagt sie und komplimentiert ihn zur Tür hinaus. Dann die Tür schnell zu gemacht, man will ja nicht dass das Vieh entwischt, und laaaangsam mit dem Glas drüber…und drüberstülpen! Die Motte bzw. der Falter fangt an zu flattern, „wirklich ein großes Teil“, denkt Monika, und so merkwürdig gefärbt!“ So einen hat sie noch nie gesehen. „Und wie krieg ich den jetzt zum Fenster raus, ohne dass er entwischt?“ Aber sie kommt nicht weiter mit den Gedanken, denn etwas vollkommen Unglaubliches passiert…der Falter hört auf zu flattern und klopft gegen das Glas. Ja, er klopft! Monika kann es nicht glauben. Vor Schreck lässt sie das Glas fallen, das zerschellt klirrend am Boden, der Falter fliegt heraus und setzt sich ebenfalls auf den Boden. Und dann beginnt er zu wachsen. Monika bleibt der Mund offen stehen. Das Biest wird immer größer, bis es größer ist als sie selbst, und was das Krasseste ist: es nimmt teilweise menschliche Züge an! Monika fühlt sich wie im falschen Film. Sie will einen Schritt zur Tür machen, aber ist wie gelähmt. Sie hört das Blut in ihrem Kopf rauschen. Da vor ihr, da steht eine Mischung aus Mensch und Motte, mit vier Armen und Händen, in Jeans und Pullover und mit großen bunten Flügeln! Und mit einer Stimme wie ein normaler Mann. „Hi“ sagt er. „Ich hoffe ich hab dich nicht zu sehr erschreckt. Mein Name ist Shape Silver.“ Wie bitte? Sprechen kann er auch noch? Das ist zu viel für Monika. Sie fällt erst mal in Ohnmacht.
Shape Silver ist nicht bösartig, nur müde. Er hat gerade eine sehr lange Reise hinter sich… und so etwas wie jetzt gerade passiert ihm leider öfters! Immer wieder verfliegt er sich, und immer wieder fallen die Leute bei seinem Anblick in Ohnmacht! „Nicht doch“ sagt er, hebt Monika mit seinen vier Armen hoch und legt sie auf Kevins Bett. „Na los, komm wieder zu dir!“ Er fächelt ihr mit seinen Flügeln Luft zu. „Mama? Daniel schläft!“ Kevin kommt wieder ins Zimmer gelaufen und sieht das sehr merkwürdige Bild. „Mama?“ „Deiner Mama ist nur etwas übel geworden“ sagt Shape Silver. Kevin schaut die merkwürdige Gestalt an, erstaunt aber kein bisschen ängstlich. „Du siehst ja komisch aus“ sagt er. „Bist du Batman?“ Da grinst Shape. „Ich, naja… ich bin ein Cousin von ihm“ sagt er. „Und was machst du? Musst du auch den Joker fangen?“ Joker? Ach so, na klar, das ist der Bösewicht in dem Film! Zum Glück ist Shape nicht das erste Mal in der 1. bis 3. Dimension unterwegs. Er hat davon schon einmal gehört. „Nein, den muss ich nicht fangen. Der ist schon im Gefängnis, weißt du? Er kann momentan nichts Böses mehr machen“ sagt er und ist fasziniert von dem kleinen Jungen, der so gar keine Angst vor ihm zu haben scheint. Fast wie die Leute in seiner Welt. Und ganz im Gegensatz zu der Frau, die da vor ihm immer noch auf dem Bett liegt und erst so langsam wieder zu sich kommt.
„Wie bist du denn rein gekommen?“ fragt Kevin. „Die Tür ist doch zu, und das Fenster auch!“ „Ich bin hier durch gekommen!“ Shape deutet sehr geheimnisvoll auf den Spiegel. „Jetzt lügst du aber. Das geht ja gar nicht!“ Kevin patscht mit seiner kleinen Hand gegen das Spiegelglas an seinem Kleiderschrank. „Doch, das geht. Ich kann das“ sagt Shape. „Soll ich es dir zeigen?“ Kevin nickt. Da streckt der Mottenmann eine seiner vier Hände aus und steckt sie durch den Spiegel. Ja, wirklich, er kann quasi hinein greifen! Kevin macht große Augen. „Was ist das hier für ein Film? Sind Sie ein Außerirdischer?“ Monika ist wieder bei Sinnen und hat ihre Sprache wieder gefunden. „Nein, das ist Batmans Cousin!“ sagt Kevin. „Nun ich sehe es geht dir wieder besser“ sagt Shape. „Vor mir muss man keine Angst haben. Ich beiße nicht. Und um deine Frage zu beantworten, ich komme aus der 12. Dimension.“ „Wieso passieren immer mir solche Sachen?“ denkt Monika. „Vielleicht hab ich ja zu viele Fantasyromane gelesen?“ Dass es andere Dimensionen gibt, daran hat sie eigentlich schon immer geglaubt. Aber wenn dann so ein Wesen plötzlich vor einem steht ist das doch etwas anderes! Aber gut, der Flattermann hier scheint zumindest harmlos zu sein. „Ich bin Monika, und mein Sohn heißt Kevin“ stellt sie sich vor. „Wie funktioniert das mit dem Spiegel?“ will sie dann wissen. „Spiegel“ sagt Shape, „sie dienen als Verbindung zwischen den Dimensionen. Das steht doch soviel ich weiß sogar bei euch in Büchern! Aber nicht jeder kann sie nutzen, dazu muss man schon spezielle Fähigkeiten haben. Wir a-has wissen wie es geht.“ „Wie war das? AHAs?“ „Ja, so heißen wir Bewohner der 12. Dimension“ erklärt Shape. „Lustig“ sagt Monika. „Ich kenne nur eine Musikgruppe a-ha. Eine Kollegin von mir ist da ganz versessen drauf.“ „Wirklich?“ Shapes blaue Augen (ja er hat strahlend blaue Augen und keine Facettenaugen wie sie Insekten sonst haben) blitzen auf. „Wie heißt sie?“ „Meine Kollegin? Ella S. Aber wieso interessiert dich das?“ „Dann bin ich ja doch nicht so falsch geflogen. Zu ihr wollte ich eigentlich!“ freut sich Shape. „Wohnt sie hier in der Nähe?“ „Naja, nicht direkt in der Nähe, aber in Besensheim, das ist die nächste Stadt. Ist etwa fünf Kilometer von hier.“ „Kannst du mir die Adresse geben?“ Monika nickt und schreibt Shape Ellas Anschrift auf. Irgendwie wundert sie gar nix mehr. Ella war ohnehin in der letzten Zeit reichlich schräg drauf gewesen, also warum nicht auch noch AHAs? „Aber ich weiß nicht wie Ella reagiert“ sagt sie. „Sie hat nämlich ziemlich Angst vor Motten und allem was so flattert…“ „Davon habe ich gehört“ Shape grinst. „Hat mir O… äh, egal. Außerdem bin ich ja kein normaler Nachtfalter mehr. Das war ich mal, bevor ich in die 12. Dimension kam.“ „Verstehe“ lügt Monika, denn eigentlich versteht sie gar nichts. „Und wie kommst du jetzt nach Besensheim? Wieder durch den Spiegel?“ „Nein, das wird nicht nötig sein. Wenn du mir vielleicht das Fenster öffnen könntest? Es wird wohl reichen wenn ich meine alte Gestalt wieder annehme und die paar Kilometer fliege. Wir Falter sind nämlich schnelle Flieger – besonders wenn wir a-has sind!“ Shape zwinkert. „Gibt’s etwa noch mehr von deiner Sorte?“ fragt Monika verwundert. „Nun, es gibt auf jeden Fall noch mehr a-has“ sagt Shape. „Aber das erzähle ich dir nächstes Mal. Ich muss nun los. Hat mich gefreut deine Bekanntschaft zu machen!“ Er schüttelt Monika die Hand und sagt zu Kevin gewandt: „Und du pass gut auf deinen kleinen Bruder auf. Ich grüß’ meinen Cousin von dir!“ Mit diesen Worten schrumpft seine Gestalt wieder zusammen, bis nur noch ein großer Nachtalter auf dem Boden sitzt, der wie wir ja nun wissen keine kleine Fledermaus ist.
„Woher weiß er denn dass ich einen Bruder habe?“ fragt Kevin. „Das erzählt Shape uns beim nächsten Mal, hast du doch gehört!“ sagt Monika und öffnet das Fenster. Der Falter schwirrt hinaus in die Dunkelheit. Zwei Morscher bleiben zurück, verwundert und fasziniert von der merkwürdigen Begegnung die sie soeben hatten… morgen auf der Arbeit, so weiß Monika sicher als sie das Fenster wieder schließt, wird Ella ihr so einiges zu erklären haben.(Sommer 2008. Danke Ramona für den Denkanstoß…)
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Ja, ellen ist wieder da!
Science fiction ist toll. Ich erinner mich an eine folge raumschiff enterprise. Das schiff flog in ein schwarzes loch o.ä.und hatte plötzlich mehrere wirklichkeiten auf dem schirm. Das war cool.Also ich würde gerne wissen wollen, was ella s. Zu berichtigen hat...
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Um ehrlich zu sein, ich habe noch niemals eine komplette Folge Raumschiff Enterprise (oder die anderen ähnlichen Serien) geschaut! Allenfalls mal 'nen Trailer oder so...
So, jetzt hab ich noch einen Teil aus meiner laaaangen Story (denn in Wahrheit sind das hier alles Bruchstücke einer einzigen Geschichte, an der ich seit 2002 schreibe und bis heute nicht fertig bin!). Der Teil ist besonders für diejenigen unter Euch, die sich einen DeLorean (okay, okay, "Zurück in die Zukunft" hab ich natürlich gesehen! ) oder eine andere Art von Zeitmaschine wünschen. Und besonders jetzt, wo wir doch lt. Morten (in seinem einen Interview) schon das Jahr 2012 haben...
Was wäre also wenn?
Es war der 11. Dezember in irgendeiner größeren Stadt in Deutschland. Alina saß wie so oft vor ihrem Computer. Wie so oft hatte sie eine Internetseite für a-ha Fans angeklickt, und wie viel zu oft musste sie sich mal wieder ärgern über das, was einige sogenannte „Fans“ da hinein geschrieben hatten. „A-ha sind total zerstritten“ war da zu lesen. „Es ist ungewiss, ob jemals noch mal ein Album von ihnen erscheinen wird.“ Alina wusste zwar, dass einige der Benutzer es mit der Wahrheit nicht so genau nahmen und oft nur aufschneiden und die anderen Fans schocken wollten, aber trotzdem kamen ihr wieder die Tränen. Das durfte einfach nicht geschehen! Alina hatte schon ein schweres Jahr hinter sich. Sie wohnte noch nicht lange in dieser Stadt, aber sie hatte umziehen müssen, da sie ihre Arbeit verloren hatte und nichts Neues in ihrer alten Wohngegend gefunden hatte. Nun wohnte sie allein in einer kleinen Wohnung weitab von ihrer Familie und ihren alten Freunden, noch dazu in einer Gegend, in die sie früher nie freiwillig gegangen wäre. Aber das liebe, böse Geld! Alina musste sparen wo es nur ging, und somit blieb ihr nichts anderes übrig, als die Hinterhofstraße Nummer 5. Und verdammt noch mal, die machte ihrem Namen alle Ehre. Jeden Morgen, wenn Alina zur Firma ging, schaute sie links und rechts und nach vorne und hinten, ob sie auch niemand verfolgte. Die Kollegen machten immer dumme Witze von wegen, Frauen müssten allein vorsichtig sein usw. Alina war eigentlich kein Angsthase, aber hier war sie nun mal fremd, und man konnte ja nie wissen! Die Firma war zum Glück nicht allzu weit weg. Alina musste nur die Straße ganz durch gehen, dann links um die Ecke und die nächste Straße halb durch, dann noch mal um die Ecke, und schon war sie in der Eisenwarenfabrik, wo sie seit einiger Zeit in der Buchhaltung, und nebenbei noch als „Mädchen für alles“ arbeitete. Jetzt stand Weihnachten kurz bevor, und Alina sah traurig auf ihren kleinen Plastikbaum, den nur ein paar mickrige Kugeln und eine bunte Lichterkette zierten, und dazu die uralten Ausschnitte von a-ha aus der „Bravo“, die es irgendwann in den 80er Jahren einmal zu Weihnachten gegeben hatte. Alina hatte sie immer noch und hängte sie jedes Jahr in den Baum. Dann hatte sie im Fenster ihres Wohn/Schlafzimmers noch einen dreieckigen Leuchter stehen, und das war’s auch schon, mehr Weihnachten konnte sie sich nicht leisten, denn alles Geld das zu entbehren war, brauchte sie für die 200 Kilometer weite Zugfahrt zu ihren Eltern am Heiligabend. Alina seufzte. Wenn das jetzt auch noch wahr war, wenn sich ihre Lieblingsband a-ha auflösen würde... dann hätte sie gar nichts mehr, um sich dran „festzuhalten“ in diesen schwierigen Zeiten. Alina hoffte inständig, dass das nicht wahr werden würde! Ihr Blick ging zur Uhr, schon 14 Uhr 30. „Verflixt“ dachte Alina, „wenn ich heute Abend noch was auf dem Teller haben will, dann sollte ich mich mal langsam auf die Socken machen!“ Der 11. Dezember war dieses Jahr ein Samstag, und der Supermarkt schloss um 16 Uhr. Er war ein paar Straßen weiter weg als ihr Arbeitsplatz, also sollte sie sich beeilen! Alina machte den Computer aus, nahm ihre Geldbörse und den Rucksack, strich noch einmal gedankenverloren über ein an der Wand hängendes Bild von Morten Harket, und dann machte sie sich auf den Weg.
Nun musste sie aber erst mal durch die ganze Straße, was momentan zwar nicht so schlimm war, da es ja noch hell war, aber da gab es ja auch noch dieses Haus Nummer 12...! Das Haus mit der Nummer 12 war Alina schon unheimlich, seit sie hier wohnte. Es stand leer und sollte eigentlich schon längst abgerissen sein, genau wir die Häuser mit den Nummern 10, 14 und 16 drum herum. Aber irgendwie war es dazu noch nicht gekommen, Jedes Mal, wenn Alina an diesem Haus vorbei ging, passierte irgendetwas Komisches. Entweder hörte Sie Geräusche, das Schlagen einer Tür zum Beispiel oder den Ruf einer Stimme. Anfangs hatte sie sich dann erschrocken umgedreht, aber nie war irgendwer zu sehen gewesen! Einmal dachte sie, hinter einem der Fenster Licht zu sehen (Nummer 12 war ein Block mit mehreren Wohnungen drin). Aber kaum sah sie genauer hin, so war auch das wieder verschwunden. Und einmal meinte sie sogar, aus dem Augenwinkel jemanden aus der Tür, die immer halb offen stand, kommen zu sehen. Und wieder war die Erscheinung verschwunden, als sie genau hinsah. Seitdem rannte sie immer an Nummer 12 vorbei. Obwohl sie sich sicher war, dass sie sich das Ganze nur eingebildet hatte! „Ich muss schizophren sein“ dachte sie, als sie wieder vorbei gerannt war. „Zum Glück ist morgen Sonntag. Irgendwas sagt mir, dass ich am 12.12. nicht dort vorbei gehen sollte!“ Das war nämlich der nächste Punkt, der Alina nicht geheuer war. Seit einiger Zeit verfolgte die Zahl 12 sie auf Schritt und Tritt! Ob sie nun auf der Arbeit genau 12 Telefonate zu erledigen hatte, ob sie im nächsten Jahr eine sensationelle Gehaltserhöhung von 12 Euro bekommen sollte, ob in ihrem Briefkasten nicht nur 2 oder 3, sondern 12 Reklamezettel lagen oder ob es nicht 200 Kilometer zu ihren Eltern waren, sondern 212. Immer wieder und immer wieder diese 12! „Da gibt es einen Zusammenhang!“ murmelte diese innere Stimme wieder. Alina nickte. So was sollte es ja geben. Solche Zeichen und Warnungen, die man nicht deuten konnte, aber wusste, dass sie eben solche darstellten. Alina stellte sich in die Schlange an der Kasse, und war exakt die 12. „Vielleicht sollte ich mir mal ein Buch kaufen, wie man solchem Hokuspokus am besten begegnet“ dachte sie. „Manche machen das ja mit Kerzen. Licht gegen das Dunkel... vielleicht hört es dann auf… aber ich trau mich nicht, am Haus Nummer 12 Kerzen aufzustellen!“ „12 Euro 12!“ sagte die Frau an der Kasse. Alina bezahlte. Und schluckte wieder.
Als sie aus dem Laden kam, war es fast 16 Uhr, und es dämmerte schon. „Nix wie heim“ dröhnte es in ihrem Kopf. Als sie in die Hinterhofstraße einbog beschleunigte sie automatisch ihren Schritt... aber sie bremste jäh ab, denn auf Höhe des Hauses Nummer 12 lag etwas auf der Straße. Alina hob den Gegenstand wie in Trance auf und ging nach Hause. Dort warf sie sich auf ihr Bett. „Was hab ich da jetzt gemacht?“ dachte sie. Sie griff nach dem Gegenstand und drehte ihn in der Hand herum. Es war eine CD in einer angesplitterten Hülle. „Ob ich soll?“ dachte sie. „Vielleicht ist das eine Antwort...“ Alina ging zu ihrer Stereoanlage und warf die CD in den Player. Aber wenn sie mit allem gerechnet hätte, damit nicht... Die Musik, die aus den Boxen kam, kam ihr doch irgendwie bekannt vor! „a-ha?!“ Alina blieb der Mund offen stehen, das hatte sie weiß Gott nicht erwartet! Aber das war eindeutig Mortens Stimme, auch wenn sie die Lieder selbst nicht kannte. Oder zumindest nicht so, wie sie hier vorlagen! „Das müssen irgendwelche alten Demos sein – sollten die nicht irgendwann mal mit einem Buch rauskommen?“ Alina dachte nach. Es war einmal im Gespräch gewesen, dass ein a-ha Buch veröffentlicht werden sollte, mit dem es eine ebensolche CD geben sollte. Aber soviel Alina wusste – und sie war ja nun dank des Internets auf dem neuesten Stand – war doch das Projekt wieder gecancelt worden?! Was aber um alles in der Welt machte diese CD bei ihr in der Straße, ausgerechnet vor diesem unheimlichen Haus Nummer 12? „Ich glaube fast, ich sollte diese CD finden“ dachte Alina, während sie gebannt zuhörte. „Das muss ein Zeichen sein, eine Botschaft – aber von wem und warum?“ Alinas Herz klopfte wie wild, und als sie die CD fast zu Ende gehört hatte, erkannte sie am Ende des Songs „I’ve been losing you“ die Geräusche, die sie schon einmal, aus dem Haus Nummer 12 kommend, gehört hatte. Dann war ja wohl alles klar...! „Entweder ist das einfach nur ein unglaublicher Zufall, oder irgendwer will mir einen blöden Streich spielen. Nur wer, wer kennt mich so gut?“ Alina konnte sich nicht erinnern, hier schon jemandem von ihrer Leidenschaft für a-ha erzählt zu haben. Sie sah wieder zu dem Poster von Morten Harket. „Du warst mir ja noch nie so ganz geheuer“ murmelte sie, „aber das hier ist der Hammer!“ Ganz als Letztes auf der CD kam etwas, was Alina ein Lächeln entlockte. Die Stimme eines noch sehr jungen Magne Furuholmen war zu hören, und irgendwer spielet auf einem altmodischen Synthesizer ausgerechnet ein deutsches Weihnachtslied: „Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä“! „Ausgerechnet auch noch das einzige Stück, das sogar ich auf dem Klavier kann. Möchte wissen, wie die darauf gekommen sind!“ Alina nahm die CD aus dem Player und verstaute ihren „Schatz“ in einer heilen Hülle. „Die geb’ ich nicht mehr her, so viel steht fest!“ Und dann machte sie einen irren Plan: „Ich gehe nachher um 12 nach 12 zum Haus Nummer 12 und stelle 3 Kerzen auf. Eine für Morten, eine für Mags und eine für Paul. Irgendwie muss ich mich ja für das Geschenk bedanken. Und wenn es wirklich einen Zauber gibt – vielleicht hilft es ja was, dass sie sich wieder auf ihre gemeinsame Zeit früher besinnen und sich nicht trennen!“ Auf einmal war die Sache klar, so wie Alina selten etwas klar gewesen war. Und sie verspürte nicht mehr die geringste Furcht, als sie um kurz nach Mitternacht (ihre Armbanduhr, englisches Format, zeigte 0 Uhr als 12 Uhr!) aus der Tür trat und die stille Straße entlang ging.
Kein einziges Geräusch war zu hören. Keine Autos fuhren, keine Menschen waren unterwegs. Der 12. Dezember war kühl und klar. Nichts was die Ruhe störte, nur die Straßenlaternen warfen bizarre Schatten auf die Straße. Noch nicht einmal die sonst ewig flackernde Lampe kurz hinter Haus 12 schnitt in die Stille ein, sondern spendete ein gleichmäßiges Licht. „Wahrscheinlich hat mir die Musik von a-ha den Kopf vernebelt... ich habe das erste Mal seit ich hier bin nicht das Gefühl, weglaufen zu wollen...“ Alina nahm 3 kleine Gläser aus ihrer Tasche und stellte Teelichter hinein. die stellte sie direkt vor die Tür von Haus Nummer 12. Sie sah auf die Uhr, noch eine Minute – jetzt war es soweit, 12 nach 12! Alina nahm ihr Feuerzeug und zündete die erste Kerze an. „Möge das Licht gesehen werden!“ sagte sie. Dann die zweite und schließlich die dritte... da passierte es! Alina wurde mit einem Mal unheimlich geblendet. Sie dachte, dass es die Scheinwerfer eines Autos sein mussten – sie war ja immer noch in der Hocke, sprang auf- und stieß sich krachend an etwas Metallischem den Kopf. Es tat einen Schlag, und dann wusste sie nichts mehr.
Jemand versetzte Alina leichte Ohrfeigen, als sie wieder zu sich kam. „Hey, du, bist du in Ordnung?“ sagte eine Stimme. „Geht schon“ stöhnte Alina. „Oh Mann, das gibt ne saftige Beule!“ „Du kannst hier nicht liegen bleiben!“ zwei Hände zogen sie hoch, „sonst holst du dir den Tod!“ „Gegen was bin ich da nur gestoßen? Oh, schön...“ Der Pfosten einer Straßenlaterne tauchte vor ihrem getrübten Blick auf, „…die hab ich gar nicht gesehen!“ Nun stand sie wieder, allerdings auf sehr wackeligen Beinen. Eine Hand fasste ihr an die Stirn. „Dachte ich’s mir doch – knallheiß! Sie hat hohes Fieber, wenn wir sie hier lassen, überlebt sie die Nacht nicht! Mädchen, du hast wirklich Glück dass Mags dich gesehen hat!“ „Hmmm.. oh, mein Kopf… ähh, waas? MAGS?!“ Alina wurde es noch schwindliger als ohnehin schon. Die Stimme kannte sie... sie drehte sich wie in Zeitlupe um, und blickte in die Augen von niemanden Geringeren, als Magne „Mags“ Furuholmen und Paul Waaktaar-Savoy von a-ha! Aber die beiden sahen nicht aus, wie Alina sie momentan in Erinnerung hatte, sondern viel jünger, wie in den 80er Jahren! Alina musste den Laternenpfosten packen, um nicht wieder in Ohnmacht zu fallen. „Okay, Alina, ganz ruhig... das ist ein Traum...“ sagte sie zu sich selbst. „Ich muss mir den Schädel härter angerannt haben, als zuerst gedacht!“ Sie kam nicht zum Nachdenken. Mags packte sie am Arm und zog sie mit sich. „Hier kannst du jedenfalls nicht bleiben. Wir nehmen dich erst mal mit – ich glaube, wir haben noch ein paar Pflaster und so’n Zeugs – und morgen solltest du zum Arzt gehen!“ Alina wusste gar nicht, wie ihr geschah. „Das geht doch aber nicht...“ versuchte sie schwach zu protestieren, aber gegen die beiden Männer hatte sie keine Chance. „Keine Angst, wir sind keine Verbrecher“ Mags grinste schräg. „Ich heiß’ Mags, und der da heißt Paul.“ „Alina“ sagte sie, „Aus Deutschland“. „Deutschland? Da hast du aber einen ganz schönen Weg hinter dir!“ „Wieso...?“ Alina war die Sache nicht klar, aber jetzt merkte sie erst, dass sie die ganze Zeit englisch redete. Und dass diese beiden da kein Traum waren. Sie versuchte irgendetwas im Dunkel zu erkennen, da aber Schneegriesel vom Himmel fiel, war das nicht so einfach – aber endlich erhaschte ihr Blick ein verbeultes Straßenschild: DARTMOUTH ROAD. „Das gibt’s doch nicht!“ entfuhr es ihr. „Was gibt es nicht?“ Mags sah sie fragend an. „Naja, Dartmouth Road, das ist doch… das kann nicht sein, das ist doch in England, in London! Wie komm’ ich denn nach England?“ „Oh je, du musst dir aber ganz schön den Kopf angehauen haben“ sagte Paul bedauernd, „wenn du das wirklich nicht mehr weißt!“ Alina schüttelte den Kopf. „Ich bin völlig platt. Gerade eben war ich noch bei mir zu Hause, und ich hab drei Kerzen angesteckt, und dann war ich geblendet, und dann kam der Lampenpfosten… und auf einmal bin ich hier…“ „Cool, dann hast du wohl Zauberkerzen“ Mags grinste. „Kannst du die uns mal leihen? Könnten wir nämlich echt gebrauchen! Wirst gleich sehen, warum… tatarataaa, willkommen bei uns daheim!“ Sie gingen einen dunklen Hof entlang, der mit altem Elektroschrott voll stand, an einem Berg Müllsäcken vorbei eine Treppe hoch, dann schob Mags ein Wellblech zur Seite, hinter dem sich eine nur angelehnte Tür befand. „Wir können sie nicht ganz zu machen. Morten hat nämlich den Schlüssel verloren!“ – Ein, na sagen wir, merkwürdiger Geruch schlug Alina entgegen, als sie zögerlich Mags hinein folgte. Paul schob sozusagen von hinten nach. „Sehr vornehm ist es hier nicht“ sagte er wie entschuldigend. „Wir müssen sparen… naja wir sind keine reichen Leute.“ „NOCH nicht!“ sagte Mags. „Aber wir haben bestimmt nicht vor hier noch lange zu bleiben!“ Er kickte einen weiteren vollen Müllsack die Treppe runter, wo er neben den anderen liegen blieb. Alina fühlte sich unweigerlich an Haus Nummer 12 erinnert. Es musste eine Vision sein, ein Traum – oder eben irgendein Zauber! Paul tastete im Dunkeln nach oben, „ah, da ist sie ja“ – und kurz darauf wurde es hell. Eine einzige Glühbirne baumelte von der nackten Decke. Alina sah sich um. Sie wusste, wo sie hier war… aber das war eigentlich unmöglich! Konnte das sein? Konnte es wirklich sein, dass sie in die Vergangenheit versetzt worden war, und hier in a-has erstem Appartement stand, das die 3 bewohnt hatten, als sie noch nicht berühmt waren?
„Es muss mit der CD zu tun haben“ schoss es Alina durch den Kopf. Betont lässig fragte sie: „Ich, äh, bin noch etwas neben mir… könnt ihr mir sagen, welchen Tag wir haben?“ „Na, Montag!“ sagte Mags. „Welchen Tag genau?“ „Montag, den 12. Dezember 1984. Allerdings erst seit ’ner halben Stunde ungefähr. Zufrieden?“ „1984???“ Alina schrie auf. „Ach du… das… ich…glaub…es… nicht“ presste sie hervor. Mags und Paul sahen sie verwundert an. „Also seid ihr wirklich Mags und Paul… krass…“ „Das haben wir dir doch gesagt“ meinte Mags etwas genervt, „und ehrlich gesagt, ich weiß nicht, was daran so ‚krass’ sein soll?!“ Alina zwang sich zur Ruhe. „Also. Ihr werdet es mir wahrscheinlich nicht glauben. Ich glaub es ja selbst nicht… aber ich kenne euch… ihr seid Paul und Mags von a-ha.“ „Du hast von uns gehört?“ Pauls Augen wurden immer größer! „Wir sind doch schon bekannt? Klasse! Also, wenn du ein Autogramm willst, dann…“ Mags machte eine gönnerhafte Geste. Alina nahm auf einem abgewetzten Sofa Platz. Paul deutete auf ein angegammeltes Stück Pizza, das am Boden lag und wohl eine der Ursachen für den schlechten Geruch war. Dazu ein böser Blick Richtung Magne, der das Pizzastück aufhob und pfeifend aus dem Fenster warf. Dann fing er an in einer Schublade zu kramen, und Paul setzte sich neben Alina. „Das will ich jetzt aber genauer wissen“ meinte er. „Woher kennst du unsere Band?“ „Das ist eine lange Geschichte…“ zum ersten Mal lächelte Alina, „eigentlich bin ich schon seit fast 18 Jahren ein Fan von euch...“ „Na klar… „ Paul grinste, „so lange gibt’s uns aber noch nicht. Eigentlich erst seit zwei Jahren ungefähr. Und vor 18 Jahren… hmm, mal überlegen… da war ich gerade mal 5 Jahre alt und hab noch nicht an Musik gedacht. Mags war vier und lag praktisch noch in den Windeln…“ (ein empörtes „Hey!“ seitens Magne) „Und doch ist es so. Aus meiner Sicht“ sagte Alina. „ich schwöre, dass es stimmt, das was ich vorhin gesagt habe. Das mit den Kerzen. Ich war im einen Moment noch bei mir in der Straße, und dann auf einmal hier. Und ich gehöre ins Jahr 2004!“
„Coole Story“ nickte Mags anerkennend, aber Alina merkte natürlich, dass die Jungs ihr nicht glaubten. „Du hast dir echt 'ne nette Beule zugezogen – aber Dr. Furuholmen wird sie fachgerecht verbinden!“ Er hatte einen weißen Verband gefunden, den er Alina jetzt wie einen Turban um den Kopf wickelte. “He, ich hab 'ne Beule, aber keinen Schädelbasisbruch!“ lachte sie. „Nee, nee, das muss schon richtig gemacht werden!“ Mit einer überdimensionalen Sicherheitsnadel piekte Mags den Turban zu. „So, jetzt wird dir sicher bald wieder einfallen, wohin du wirklich nach Hause gehen kannst! Was jetzt kein Rausschmiss sein soll – wir sind froh, wenn wir mal Gesellschaft haben. Paul und ich gehen uns manchmal ganz schön auf den Wecker!“ „Kann ich mir vorstellen“ nickte Alina. „Wo ist eigentlich Morten?“ „Der ist… äh, Moment mal, woher kennst du ihn?“ fragte Paul. „Ich sage doch, ich bin ein Fan von euch!“ betonte Alina. „Welche Frau gibt’s hier in der Gegend, die ihn nicht kennt?!“ meinte Mags zu Paul. “Nee, eigentlich..!“ grinste dieser zurück. Und dann zu Alina gewandt: „Also, er ist bei diesem Ratcliff, dem Typen von der Plattenfirma. Schon seit gestern Abend. Und dann wollte er sich eigentlich um was zu essen kümmern, aber ich sehe schon, wenn man sich auf ihn verlässt, hocken wir wohl an Weihnachten noch ohne Futter da!“ „Ich bin auch nicht reich“ sagte Alina, „aber vielleicht kann ich euch was geben?“ Sie kramte in ihrer Jackentasche, dann in der Hosentasche, verflixt, wo war denn nur der Geldbeutel? Endlich hatte sie ihn in der Hand und griff hinein. „Aaach, nee“ rief sie aus. „Selbst wenn ich euch was gebe, das wird euch nix nützen – ich hab nur Euro, und die sind erst ab dem Jahr 2002 gültig...!“ „Na sicher“ sagte Paul. „Dann zeig sie mal her“ meinte Mags. „Glaubt ihr mir dann?“ fragte Alina. „Mal sehen?“ die Jungs nickten. Alina griff in den Geldbeutel, aber der war lotterleer! „Scheiße! Mein Geld ist weg – das muss mir jemand geklaut haben, als ich bewusstlos war!“ „Schöne Ausrede“ meinte Mags, aber Paul sah ihn wieder mal strafend an. „Kann doch sein – oder erinnerst du dich nicht mehr an deine Tasche vor zwei Monaten?“ Mags nickte brummelnd. „Isjaschongut“. „In der Gegend hier kann einem leicht passieren, dass man bestohlen wird“ meinte Paul. „War es denn viel Geld?“ „Nee“ Alina schüttelte den Kopf. „Nur etwa 25 Euro – das sind vielleicht gut 15 Pfund. Aber was schlimmer ist – meine Zugfahrkarte ist auch weg. Mit der wollte ich Heiligabend zu meinen Eltern fahren…“ „Das ist blöd“ sagte Paul verständnisvoll. „Ich wäre auch gern zu Hause an Weihnachten, aber hab auch kein Geld. Ich komme aus Norwegen, weißt du? Wohnen deine Eltern weit weg?“ Alina nickte. „Ja, ziemlich. Also, von hier aus weiß ich es nicht, aber von bei mir zu Hause sind’s 212 Kilometer. So ein Mist!“ Aber dann fiel ihr ein, dass sie ja noch nicht einmal wusste, wie sie überhaupt wieder nach Deutschland kommen sollte, so ganz ohne Geld! Und vor allem, wie sollte sie wieder zurück in ihre Zeit kommen?
„Also, Morten, dem würde deine Story gefallen!“ riss Mags sie aus ihren Gedanken. „Der hat’s nämlich auch manchmal davon, Zauberei und so. Du musst sie ihm erzählen, naja, wenn er heute noch kommt.“ „Danach sieht es aber momentan nicht aus“ meinte Paul. „Und ehrlich gesagt werde ich langsam sauer… das heißt nämlich, der Herr ist heute wieder nicht anwesend im Studio! Mags, ich will ja nicht drängen, aber wir müssen langsam los!“ Seufzend erhob sich Magne vom Sofa. „Ja, wir müssen“ sagte er zu Alina gewandt. „Ins Studio? Jetzt noch?“ wunderte diese sich. Paul und Mags nickten. „Ja, nachts ist die Studiomiete billiger. Dafür schlafen wir dann bis am Nachmittag!“ „Okay, dann werde ich mal… hmmm, ich weiß nicht, was ich werde. Ich muss versuchen, irgendwie heim zu kommen!“ Alina kratzte sich etwas hilflos am Kopf, die Beule schmerzte immer noch, aber so langsam wurde es besser. „Das hier ist Sydenham. Ohne Geld komm’ ich nicht mal bis London Hauptbahnhof… geschweige denn nach Deutschland…“ „Du bist wirklich aus Deutschland?“ Paul sah ihr ins Gesicht, „ganz ehrlich?“ Alina nickte. „Ich schwöre es! Wenn Englisch nicht in der Schule eins meiner besten Fächer gewesen wäre, ich könnte mich nicht mal mit euch unterhalten.“ Eine Träne rollte ihre Wange herunter. „Ich kann nischt gut deutsch schprechen“ sagte Mags da mit einem niedlichen Akzent. „Guten Tag, guten Abend, guten Morgen, Tschuss…!“ Alina musste lächeln, ob sie wollte oder nicht. „Ich wollte euch schon immer mal treffen“ sagte sie. „Nur jetzt ist das alles so kompliziert…“ „Na gut“ sagte Mags da, „wenn du uns schon immer mal treffen wolltest, dann musst du jetzt eben mitgehen ins Studio!“ Paul zögerte einen Moment, dann winkte er ab und nickte. Auch er brachte es nicht übers Herz, Alina jetzt mitten in der Nacht allein stehen zu lassen. Ihre Geschichte mochte erfunden sein, dass sie aber wirkliche Probleme hatte, war wohl außer Frage. Und in dem Moment war er ganz froh, dass Morten nicht da war, denn würde die junge Dame für länger bleiben, wäre es sonst wohl doch etwas eng geworden…!
Es dauerte nicht lang, und die beiden a-ha- Jungs zeigten Alina „ihr“ Tonstudio, das Rendezvous-Studio Sydenham. „Und an was arbeitet ihr gerade?“ fragte sie neugierig. „An was arbeiten wir, Chef?“ gab Mags die Frage weiter. Paul überlegte kurz, dann meinte er: „Wenn Morten nicht kommt heute, hat es keinen Sinn, etwas Neues anzufangen. Ich würde sagen, lass uns die Hintergründe von ‚Dot the I’ und ‚Take on me’ noch mal vornehmen.“ Mags nickte seufzend. Lieber hätte er wohl etwas Neues angefangen, aber Alina lächelte bei der Erwähnung von dem Song, der einmal a-has größter Hit werden sollte…! „Take on me wird mal euer Durchbruch“ sagte sie dann. „Meinst du?“ Paul sah sie zweifelnd an. „Der ist tatsächlich schon mal veröffentlicht worden. War aber ein totaler Reinfall!“ „Naja, wir waren Nummer 3, zu Hause in Norwegen“ meinte Mags. „Ja, nur dass das international keine Sau interessiert!“ Paul war sichtlich frustriert. „Ich hab auf das Ding keine Lust mehr. Nächstes Mal probieren wir ‚Never never’, der ist eingängiger…“ Magne hatte einen Synthesizer angestellt und klimperte die Melodie von „Dot the I“. Alina erkannte den Song von der CD, die sie gefunden hatte. Paul machte die Bandmaschine an („Was ein Ding, so was steht heutzutage im Museum“ dachte Alina) und spielte ihr „Never never“ vor. „Das schöne Lied von der CD“ sagte Alina. „Das hat mir gleich gefallen. Und dieses Mittelstück von ‚The sun always shines on TV’…!“ Paul guckte wie ein Auto, nur nicht so schnell! „Woher weißt du, dass ich einen Song mit diesem Namen angefangen habe?“ „Ich sage doch, ich bin aus der Zukunft. Nun glaubt es mir doch endlich!“ meinte Alina. „Touch me, how can it be… das ist der Anfang von dem Lied. Oh Mann, ihr sollt da selbst drauf kommen!“ „Langsam wirst du mir unheimlich!“ sagte Paul. „Ich hatte wirklich schon überlegt, diesen Teil neu zu verwenden. Meinst du, wir sollen das machen?“ Den letzten Satz flüsterte er mehr. Alina nickte. „Ja, mach das mal. Das wird ein Mega-Hit!“ Paul zückte seinen Notizblock und begann wie wild darauf herumzukritzeln. Mags meinte: „Und du glaubst, wir schaffen es und werden berühmt?“ „Ich glaube es nicht nur, ich weiß es!“ sagte Alina. „Du redest schon, wie Morten…!“ Mags schüttelte fassungslos den Kopf. „Ooops, sorry. Ich sag’ wohl besser gar nix mehr…“ schluckte Alina. Beim Gedanken an Morten wurde ihr heiß. Er war schon immer ihr Liebling gewesen. Ob sie ihn noch sehen würde?
Paul spielte ihr ein Band vor mit einem norwegischen Titel: „Så blåser det på jorden“, auch der kam ihr schon bekannt vor von der CD, die sie gefunden hatte. „Das war unser allererster Versuch“ grinste Mags. „Ach, wenn ich es höre, krieg’ ich Heimweh… ich wäre lieber zu Weihnachten daheim in Norwegen. Aber wir haben es ja so gewollt!“ Auch Paul seufzte. „Was soll ich sagen? Lauren, meine Freundin, ist noch viel weiter weg – sie wohnt in New York!“ „Da hab ich es ja noch ganz gut getroffen mit meinen 212 Kilometern“ gab Alina zu. „Allerdings, ohne Fahrkarte ist es genau so unerreichbar. Ach, was mach’ ich nur?“ Alina merkte sehr schnell, dass sie nicht die einzige war, die Trübsal blies! „Ach Jungs. Es ist nur das eine Jahr. Nächstes Jahr feiert ihr Weihnachten wieder daheim bei all euren Lieben – und im dicksten Luxus!“ versuchte sie Paul und Magne aufzumuntern. „Ich wünschte du hättest Recht!“ sagte Paul. Mags klimperte ein paar Takte von „Stille Nacht“ auf dem Keyboard, und Paul griff sich die Gitarre und stimmte mit ein. „Ach, das kennt ihr in Norwegen auch? Das ist ein deutsches Weihnachtslied“ sagte Alina und sang die Zeilen mit. Dann gab Mags die norwegische Variante zum Besten. Langsam hellten sich die Gesichter wieder etwas auf, und schon bald artete das Ganze in eine kleine Christmas Jam Session aus! Schade nur, dass Morten nicht dabei sein konnte, dachte Alina. Irgendwann meinte sie: „Ich kann nur ein einziges Weihnachtslied, aber wenn ich mal probieren darf?“ Sie nahm sich einen Hocker und setzte sich zu Mags ans Keyboard, und dann kam „Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä“! Mags gefiel die lustige Melodie, und er ließ sie sich beibringen (ein As wie er lernt schnell!) Paul wollte wissen, was denn ein „Täterätätä“ sei. Sie hatten viel Spaß, bis Paul irgendwann meinte, dass sie leider auch noch etwas arbeiten müssten!
„Ich bin hin- und her gerissen“ gab Alina zu. „Einerseits finde ich es klasse, bei euch zu sein… aber andererseits hab ich auch Angst, dass ich nicht mehr zurück nach Hause komme. Ich weiß nicht, ob ich mich in 1984 zurecht finden würde… ich war gerade mal sieben damals, kann mich nicht mehr so gut dran erinnern.“ Mags gähnte herzhaft. Nach gut drei Stunden war Paul nun endlich zufrieden mit den Passagen von „Dot the I“. Mehr gaben die 2.-Klasse-Synties eben nicht her! „Ich möchte langsam echt lieber wissen, wo du wirklich hingehörst – das kann doch nicht sein, dass dir das wirklich nicht mehr einfällt!“ „Du glaubst mir nicht, ich weiß ja!“ sagte Alina traurig. „Aber ich kann es dir auch nicht beweisen. Alles was ich bei mir hatte, was aus dem Jahr 2004 stammt, ist aus meinem Geldbeutel verschwunden. Ich bin völlig blank! Und dabei kenne ich fast alle Lieder, die ich heute von euch gehört habe, schon von einer CD.“ „CD? Compact Disc, richtig? Das hab ich schon mal gesehen“ sagte Mags mit leuchtenden Augen. „Das Neueste vom neuen, superteuer! Und so was hast du schon? Wow..!“ Paul schaltete die Bandmaschine und das Mischpult ab. „Machen wir Schluss für heute“ meinte er. „Es wird schon hell draußen.“ Alina sah wie im Reflex auf ihre Uhr, und richtig, die war noch da! 8.02 Uhr zeigte sie. „Ich hab gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit rum gegangen ist“ dachte sie. Aber dann fiel ihr etwas ein! Noch während sie aus der Studiotür trat, nahm sie die Uhr vom Handgelenk und drehte sie auf die Rückseite. „Hier! Schau dir den Stempel an, wenn du mir nicht glaubst!“ sagte sie und hielt die Uhr Mags unter die Nase. „G C R 2003“ las er. „Ja, ich hab sie letztes Jahr zum Geburtstag bekommen“ meinte Alina.
Richtig überzeugt war Mags immer noch nicht… „Das kann ja auch nur der Markenname sein“ meinte er. „Mann! Was muss ich tun, damit du es glaubst?“ ärgerte sich Alina. Da gab ihr Paul eine Kassette. „Hier, die schenk ich dir“ sagte er lächelnd. „Damit du auch ein bisschen Weihnachten hast, und als Erinnerung an uns. Ich konnte mir nicht verkneifen, unsere Weihnachts-Session vorhin mitzuschneiden.“ „Danke“ freute sich Alina. „Das ist total lieb von dir!“ „Weißt du was? Vielleicht weiß Morten, wie du billig nach Deutschland zurückkommen kannst“ sagte Paul. „Er hat in der letzten Zeit so viele Leute kennen gelernt, wichtige Leute, weißt du… diese Gespräche lassen wir ihn immer machen, ich mag das nicht so… vielleicht ist jemand darunter aus Deutschland, der dir helfen kann.“ Alina nickte und steckte die Kassette in die Hosentasche. „Du musst unseren Schönen noch kennen lernen“ meinte Mags leicht ironisch. „Der glaubt genau so an Hokuspokus, wie du!“
Kurz darauf war Alina wieder mit den a-ha-Jungs in ihrer Wohnung. Da sie langsam ein schlechtes Gewissen bekam, beschloss sie, ein bisschen „klar Schiff“ zu machen, was Paul und Mags nicht unangenehm war. Jetzt war es hell, und die Glühbirne musste nicht ständig von einem Raum in den anderen getragen werden. Es war zwar immer noch saukalt draußen und die Heizung ging nur mit Münzeinwurf, aber Mags hatte ein 50-Pence-Stück an einem Faden festgebunden und angelte die Münze immer wieder geschickt heraus, bevor sie durchfallen konnte. „Auch 'ne Methode, um Geld zu sparen“ nickte Alina. „Erzähl das bloß nicht Morten“ meinte er, „dieser Moralapostel würde glatt den Faden abschneiden, und ich habe 'ne Weile gebraucht, das Ding so fest zu bekommen!“ Alina stapelte eine Reihe Musikmagazine und Plattencover, die am Boden lagen, sorgfältig aufeinander, eine alte, merkwürdig zusammengeschmolzene Lampe (das ist eine andere Geschichte…! J) Cremetuben, Kassetten etc. Was nicht mehr zu identifizieren war, wanderte in einen großen Müllsack. Paul ließ sich bald anstecken, und schließlich half auch Magne seufzend mit („irgendwann muss es ja mal sein!“) Schließlich fand Alina etwa komisches… eine kleine verkorkte Glasflasche, auf deren Boden sich noch Reste einer gelben, seltsam leuchtenden Flüssigkeit befanden. „Was ist das hier?“ Alina hielt den Gegenstand in die Höhe, er fühlte sich warm an. „Uuuh, riecht ja komisch!“ „Ach, das Ding ist immer noch da?“ meinte Paul und verdrehte die Augen. „ja, das gehört Morten. Stell’s irgendwo hin, möglichst dorthin, wo er es nicht so bald findet…!“ „Das hat Zauberkräfte“ sagte Mags geheimnisvoll. Und dann ironischer: „Meint jedenfalls Morten. Also manchmal ist er auch so ein bisschen… na du weißt schon…!“ er machte den „Scheibenwischer“. Alina stellte die Flasche beiseite, aber ihr Blick blieb wie magisch daran kleben. Sicher, das war wahrscheinlich auch nur ein Scherz gewesen. Aber wenn nun doch was daran war? Sollte sie nicht jede Chance nutzen?
„Ich muss es wissen. Wenn es Zauberkerzen gibt, warum dann nicht auch so etwas?“ Alina wartete die Gelegenheit ab, bis Mags auf dem Klo saß und Paul in der Küche eine Dose Suppe aufmachte. Sie nahm das Fläschchen in die Hand, es war immer noch warm. „Hoffentlich ist es kein Gift oder so“ dachte die. Dann korkte sie die Flasche auf. Ein gelber Dampf stieg hoch, der, na sagen wir mal, nicht eben doll roch, und Alina wurde leicht schwummerig. Ihr Kopf fühlte sich an, wie in Watte gepackt. Und dann war es ihr auf einmal so, als würde sie in einen Sog hinein gezogen, und ihr ganzer Körper wurde immer durchsichtiger! „Das klappt wirklich“ dachte sie erschrocken. „Ja, komm schon, bring mich nach Hause!“ Da hörte sie wie von ferne Mags sagen: „Hey, Leute, da kommt Morten. Dachte schon, der kommt gar nicht mehr!“ „Was, Morten kommt? Dann will ich noch nicht weg!“ schoss es Alina durch den Kopf. „Ich will ihn noch sehen, darauf hab ich mein halbes Leben lang gewartet!“ Noch dazu war ihr die Kassette, die Paul ihr geschenkt hatte, aus der Hosentasche gefallen, die wollte Alina auch nicht verlieren! „Es muss aufhören!“ dachte sie, aber konnte sich nicht mehr rühren. Sie versuchte sich gegen das Gefühl des Verschwindens zu wehren, aber zu spät! Das Letzte, was sie mitbekam, ist diese Stimme, die ihr so vertraut vorkam, und ein Gepoltere, dann verschwamm das Bild vor ihren Augen und sie verlor das Bewusstsein...
...aber wohl nicht sehr lange... Alina sprang auf... und mit einem lauten Knall stieß sie sich zum zweiten Mal den Kopf! „Autsch! Verdammt!“ Sie presste die Hand an die Stirn und taumelte zurück. Sterne tanzten vor ihren Augen. Aber noch ehe sie weiterfluchen konnte, wurde ein weicher und warmer Gegenstand auf ihre Stirn gepresst, und der Schmerz verging augenblicklich. „Hey, was ist los...“ Alina blickte sich erschrocken und überrascht um. Sie war schon wieder gegen eine Laterne gelaufen, und eine innere Stimme sagte ihr, dass es die gleiche war, wie letzte Nacht. Die Gegend kam ihr bekannt vor, aber trotzdem hatte sich etwas verändert. Alina stand nämlich auf einmal in einer Art Büroviertel, mit vielen höheren Gebäuden, zum Teil mit Glasfassaden, aber alle neu und modern. „Es hat geklappt“ dachte sie. „Ich muss zurück sein...“ eine Zeitungsseite wehte ihr entgegen, und als Alina diese gierig nach einem Datum absuchte, fand sie oben am Rand das Datum 11. Dezember 2004. Alina jubelte innerlich, aber doch irgendwo tief in ihr war da auch eine Traurigkeit... sie hatte Morten nicht mehr sehen können, und sie hatte Pauls Kassette verloren. Nun war aber erst mal eines wichtig: herauszufinden wo und vor allem wann sie sich befand!.. Einige Meter weiter sah sie einen Mann in einem langen Mantel gemächlich die Straße entlang gehen. Fast hatte Alina das Gefühl, er wartete nur darauf, von ihr angesprochen zu werden! „Entschuldigung“ sagte sie zögernd. „Es mag sich für Sie jetzt blöd anhören... aber könnten Sie mir vielleicht sagen, welchen Tag wir heute haben, und wo ich hier bin?“ Merkwürdigerweise reagierte der Mann gar nicht verwundert. „Natürlich... wir haben den 12. Dezember 2004, Alina, und du bist hier in London-Sydenham.“ „Sie kennen mich?!“ Alina blieb der Mund offen stehen. „Woher...?“ „Es stand auf deinem Ausweis. Du hattest deine Geldbörse verloren“ sagte der Unbekannte lächelnd. „Ach so...“ Alina griff in ihre Taschen und tatsächlich, da war ihr Geldbeutel wieder, voll wie vor ihrer merkwürdigen Reise, und auch das Zugticket war wieder da! „Dann waren Sie das eben, ich meine, der mir geholfen hat?“ Der Unbekannte nickte. „Vielen Dank“ sagte Alina. „Sie wissen ja nicht, was ich in den letzten Stunden erlebt habe. Irgendwie ist heute doch ein sehr komischer Tag, und das hat nicht nur damit zu tun, dass ich andauernd gegen irgendwelche Straßenlaternen laufe!“ Auf einmal hatte Alina das unbändige Gefühl, dem Unbekannten die ganze Geschichte erzählen zu müssen! Und dieser zeigte sich sehr interessiert und hörte ihr zu. Je mehr Alina redete, umso ruhiger wurde sie. Schließlich beendete sie ihre Erzählung mit: „Ja, und jetzt hat es wohl geklappt, diese Flüssigkeit hat mich wohl wieder in die richtige Zeit gebracht, nur nicht an den richtigen Ort. Vielleicht weil ich nicht wusste, was ich wollte... ich wäre Morten so gerne noch begegnet...ich bin wahrscheinlich selbst schuld. Ich wusste zum Schluss nicht mehr, was mir lieber ist. Können Sie sich das vorstellen?“ Der Unbekannte nickte lächelnd. „Ja, kann ich. Es gibt viele Dinge, die der menschliche Verstand nicht richtig erfassen kann, weil sie in andere Dimensionen gehören... heute ist ein magischer Tag, Alina. Du hast wahrscheinlich eine Zeitschleife aktiviert, als du die drei Kerzen um 12 Minuten nach Mitternacht angezündet hast... warum hast du das eigentlich getan?“ „Weil ich wollte, dass a-ha dieses Licht vielleicht sehen. Weil ich nicht wollte, dass sie sich trennen, sondern wieder zusammen Musik machen, so wie früher. Ich hab auf einmal gedacht, dass das geht, weil ich doch diese CD gefunden habe.“ Dem Mann glitt ein Glänzen über die Augen, aber er achtete darauf, dass Alina das nicht bemerkte. „Tja, und jetzt muss ich erst mal schauen, wie ich an Geld für die Heimreise komme. Wenigstens sind die Euros jetzt wieder was wert. Vorher möchte ich aber noch wissen, was aus der Dartmouth Road geworden ist.“ „Das kann ich dir sagen“ meinte der Unbekannte. „Du stehst nämlich mittendrin. Ich kannte das Haus, von dem du erzählt hast... es wurde genau heute vor 12 Jahren abgerissen. Da drüben, wo das verglaste Haus steht, da war es.“ „Heute vor 12 Jahren? Wie unheimlich!“ „Ich finde das nicht unheimlich, sondern interessant!“ sagte der Unbekannte amüsiert. „Was würden Sie an meiner Stelle tun?“ fragte Alina ehrlich. „Du solltest die Kerzen noch einmal anzünden. In vier Minuten, dann ist es 12 Uhr 12“ sagte er. „Die Kerzen? Aber die hab ich nicht hier...“ Alina hielt inne. Ihre Hand griff in ihre Jackentasche und da waren die 3 Kerzen! „Krass!“ dachte sie. „Dann mach ich das vielleicht, da drüben, wo a-ha’s Wohnung war.“ „Tu das“ sagte der Unbekannte, „und viel Glück. Ich glaube auch, dass die Botschaft gesehen wird.“ Er lächelte und zwinkerte Alina zu. Und ganz leise, für sie nicht hörbar, fügte er hinzu: „Ich weiß es.“
Was sollte jetzt noch schief gehen? Schaden kann es nicht, dachte Alina, die nun vor der Tür des Bürogebäudes stand. „Sie haben Recht“ sagte sie in die Richtung, in der der unbekannte Mann eben noch gestanden hatte. Aber er war verschwunden! „Wo ist er hin? Für einen Moment dachte ich, es war... diese Grinse... oh Mann, ich bin schon völlig plemplem! Also, die Kerzen. Alina, reiß dich zusammen!“ Ein Blick auf die Uhr, es war soweit. 12 Uhr 12, dieses Mal mittags! Alina stellte die Teelichter in ihren Gläsern auf die Erde und zündete sie an. „Das ist für euch, a-ha. Danke für den aufregendsten Tag meines Lebens! Und bitte, trennt euch niemals. Ohne euch und eure Musik fehlt uns Fans ein Stück unserer Seele!“ Und da kam es wieder, dieses gleißende, grelle Licht, das Alina so blendete, dass sie die Arme vors Gesicht schlagen musste. Obwohl sie sich wiederum erschrocken hatte, zwang sie sich ganz langsam aufzustehen, sobald sie wieder etwas sehen konnte. Nicht dass noch mal eine Laterne im Weg stand...! Aber das war nicht nötig, denn die nächste Lampe stand gut 20 Meter weg. Alina stand im hellen Sonnenschein und blickte in „ihre“ Hinterhofstraße hinaus! Sie war wieder zu Hause! Die Kerzen hatten sie heimgebracht. Der Zauber war vorbei.
Dachte Alina zumindest! „Ich bin wieder daheim! Juhu!“ Alina sprang auf und klatschte in die Hände. „Der Typ hat’s geahnt. Er hat’s gewusst! MANN, war das ein Trip! Krass! Trotzdem möchte ich ihn nicht missen... ich hab a-ha getroffen! DANKE, Haus Nummer 12!“ Aber als Alina sich umdrehte, war der Platz leer. Nur ein bisschen verwilderter Rasen war dort, wo bis heute Nacht noch das unheimliche Haus Nummer 12 gestanden hatte. Wie angewurzelt starrte Alina auf den leeren Platz, bis ein Fußgänger vorbei kam und sie fragte, was denn los sei. „Wo... wo ist denn Haus Nummer 12“ fragte Alina. „Sie sind gut“ meinte der ältere Herr. „Haus Nummer 12? Das gibt’s hier schon seit einem Jahr nicht mehr! Wurde doch abgerissen, und zwar…“ er zog einen kleinen schwarzen Kalender aus der Tasche: „Ich habe bis letztes Jahr bei der Stadt gearbeitet, wissen Sie? Also, vor einem Jahr... und genau 12 Tagen. Alles okay mit Ihnen?... Hmmm, Leute gibt’s...“ Der alte Mann ging von dannen, aber Alina zitterte am ganzen Körper. Das war zu viel! Lauter Zwölfer schwirrten ihr im Kopf herum als sie endlich die Tür zu ihrer Wohnung aufschloss. Und es hatte sich noch mehr verändert... zum Beispiel stand da nicht mehr ihr kleiner Plastikbaum, sondern ein richtiger, geschmückter Weihnachtsbaum. Und unter dem lagen einige Karten und sogar ein Geschenk! „Was ist hier los?“ Alina stürzte an den Computer. Ihr virtuelles Postfach war voll mit Mails von a-ha Fans, die sie bis gestern allenfalls aus dem Internet gekannt hatte... und von denen einige bisher auch nicht eben nett zu ihr gewesen waren. Wieso waren die jetzt so anders drauf? Da klingelte das Telefon, und Alinas beste Freundin Sonja war an der Strippe. „Endlich eine vertraute Stimme!“ freute sich Alina. „Du glaubst ja nicht, was mir passiert ist, was ich die letzte Nacht erlebt habe...“ aber dann war ihr klar, und es traf sie wie ein Blitz der Frustration: „Du wirst es mir nicht glauben. ich glaub es ja selbst kaum. Und meine einzigen Beweise, die sind auch weg, nämlich die Kassette, die ich verloren hab, und jetzt auch noch die CD...“ „Was redest du da? Was denn für ne CD? Aber apropos CD, hast du sie schon gehört, die CD aus dem Buch? Und hast du es schon gelesen?“ „Was denn für ein Buch, und welche CD?“ „Na von a-ha natürlich! Du bist heute aber schwer von Begriff!“ „Ein Buch von a-ha, mit einer CD? Aber ich denke, das wurde gar nicht veröffentlicht!“ „Scherzkeks“ sagte Sonja. „Dabei hast du doch ganz sicher schon deins bekommen oder? Oh Mann, manchmal beneide ich dich um deinen Sonderstatus...“ „Hä?!“ Alina war nicht klar, was sie meinte. Aber dann sah sie es. Unter ihrem Weihnachtsbaum lagen nicht nur Karten, sondern auch ein Buch, ein Buch über a-ha. Und hinten drin war eine CD mit Demos aus ihrer Anfangszeit. Es war doch veröffentlicht worden. Sie hatten sich nicht getrennt. Sie machten weiter. Tränen des Glücks liefen ihre Wangen herunter, als sie die Widmung auf der ersten Seite las:
“To Alina, merry X-mas!
I hope you like our book.
I’ve included the special version
of the CD for you. Remember the Christmas jam?
It’s 20 years ago now, can you imagine?
Time rushes so fast…!
Hope to see you on tour next spring.
Best wishes, Magne”
Fortsetzung (bei Bedarf) folgt, ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit.
Dies war mein Beitrag Nr. 2000!!!
PS: Ja, Haus Nr.12 gab es wirklich. Ist allerdings etwas länger her. -
Das war schön!
Und sehr aufregend, du hast eine tolle schreibe...
Die geschichte hat mir bisher am besten gefallenBitte schreib ein a-ha/fan-buch mit paralleluniversen...:-P
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Die Geschichte mit Alina hat mir bis jetzt am besten gefallen. War nett geschrieben und man konnte sich die einzelnen Szenen gut vorstellen. Hat Spaß gemacht die Story zu lesen und würde mich über mehr Geschichten freuen.
Liebe Grüsse,
Lisa
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So, nach längerer Zeit gibt's mal wieder eine. Aber Achtung: eine ganz abgedrehte! gehört eigentlich immer noch zu der gleichen langen Story wie der Teil mit Alina (weiter oben), aber das hier funktioniert auch wenn man nicht alles gelesen hat.
Warum ich sie gerade heute einstelle hat einen Grund, den werdet Ihr merken wenn Ihr sie lest... viel Spaß!Cönyis neue Freundin
Anfang September 1986. Erster Schultag nach den Ferien. Eine Grundschule in Mannheim. Die Schüler, die in die dritte Klasse gekommen waren, kannten sich zum größten Teil schon aus den letzten beiden Schuljahren, aber trotzdem hatte Frau Horn, die Klassenlehrerin, ihrer Rasselbande zwei neue Mitschüler vorzustellen, als sie an jenem Montagmorgen das Klassenzimmer betrat. Murat, der türkischstämmige, kräftige Junge mit kurzem schwarzem Haar, war im letzten Schuljahr hängen geblieben und musste die Klasse wiederholen, was ihm aber nicht viel auszumachen schien. Er musterte die neuen Mitschüler ausgiebig, den einen oder anderen kannte er schon, und er hatte keine Zweifel daran, auch hier wieder einer der Klassenbosse zu sein. Gerade jetzt als einer der Größten und Ältesten. Da sollte sich nur mal einer wagen ihm in die Quere zu kommen! Frau Horn musste ihn nicht großartig vorstellen, es tönte bereits „ey, Murat!“ von den billigen Plätzen hinten im Klassenzimmer und er wusste bereits genau, wo er sich hinzusetzen hatte. Den anderen Neuen kannte niemand. Ein schüchtern wirkender, dunkelhaariger Junge mit blauen Augen. Seine Familie, so sagte Frau Horn, war neu in die Gegend gezogen. „Und ich weiß, wohin!“ sagte Alexandra aus der dritten Bank langgezogen. Ein spöttischer Unterton schwang mit. „In die Moltkestraße! Ich hab’s unten am schwarzen Brett gelesen!“ „Fresse halten!“ rief Murat, der in der gleichen Gegend wohnte. „Stimmt das?“ fragte Frau Horn und wusste gar nicht, dass sie in ein Wespennest stach. Der Junge nickte und sah zu Boden. Er wagte sich nicht, jemanden in der Klasse anzusehen. Die wussten es also schon wieder. Und es war hier nicht anders, als überall sonst auch. Dahin waren seine Pläne, vielleicht nach der Schule immer erst einmal in eine andere Richtung zu laufen, bis er sicher sein konnte, das ihm niemand mehr folgte… das war an seinem letzten Wohnort zumindest eine Weile gutgegangen. So lange zumindest, bis durch einen dummen Zufall eben doch sein wirklicher Wohnort herausgekommen war! Zum Glück hatte Cönyi (sprich: Könschie), so wurde der Junge genannt, danach nicht mehr lange dort wohnen müssen. Einmal war er froh gewesen, dass seine Familie schon wieder umziehen musste, und wieder einmal hatte er die Hoffnung gehabt, diesmal könnte es in eine ganz normale Wohnung gehen, in einem ganz normalen Stadtteil. Aber leider nein. Die Zusammenhänge verstand er mit seinen acht Jahren noch nicht. So arm waren sie doch eigentlich gar nicht, aber was Cönyi wusste war, dass es an seinem Vater lag. Der hatte einen ganz komischen Beruf und konnte Dinge machen, die andere Väter wohl nicht konnten. Das sollte nicht jeder wissen, und darum, so hatte er Cönyi einmal gesagt, „darum wohnen wir nicht mitten in der Stadt. Aber du musst keine Angst haben. Es kommt auch gar nicht darauf an, wo jemand wohnt.“ Ach nein? Wenn dem so war, dann hatten die beiden Mädels in der dritten Reihe davon wohl noch nichts gehört, denn die lästerten munter weiter. „Die Moltkestraße ist verboten“ sagte Alexandra, und ihre Freundin und Banknachbarin Silke bestätigte: „Die ganzen Straßen da sind verboten. Meine Eltern geben mir Hausarrest wenn ich dort hingehen würde.“ „Fresse!“ tönte Murat wieder, aber Silke und Alexandra wussten wohl, dass sie nichts zu befürchten hatten, solange die Lehrerin vor Ort war. „So etwas möchte ich nicht hören“ sagte Frau Horn. „Weder diese Ausdrücke deinen Mitschülern gegenüber, Murat, noch dass jemand ausgelacht oder geärgert wird wegen der Straße, in der er wohnt. Das gilt auch für euch beide!“ Ein strenger Blick zu Silke und Alexandra, dann stellte die Lehrerin den Neuen richtig vor. „Also, das ist Kön-schün-kähn – spreche ich das richtig aus?“ Cönyi nickte. Auf Geheiß der Lehrerin schrieb er seinen vollen Namen an die Tafel: Conyunceyn Wamyaharikjucenyes-Lebuounohacies. Frau Horn nickte erstaunt. „So einen Namen habe ich noch nie gehört um ehrlich zu sein. Wo kommst du her?“ „Aus Mainz, und davor Köln, und Frankfurt… und als ich noch ganz klein war, haben wir in Ginsheim gewohnt. Aber daran kann ich mich nicht mehr richtig erinnern.“ „Du bist aber schon oft umgezogen“ staunte die Lehrerin. „Dann warst du sicher auch schon an mehreren Schulen, oder?“ Cönyi nickte. „Erste Klasse in Frankfurt, aber da waren wir nur ein knappes Jahr, und letztes Jahr in Mainz. Und in Köln war ich im Kindergarten.“ „Aber wo kommt dein Name her? Sind deine Eltern nicht aus Deutschland?“ wollte Frau Horn wissen. „Meine Mutter kommt aus Dervoroucha“ (sprich: Derworuscha) erklärte Cönyi, „und mein Vater ist ein…“ ach nein, das durfte er ja nicht sagen! „…er ist Verkäufer. Und auch aus Dervoroucha.“ „Verstehe“ nickte Frau Horn, dabei verstand sie gar nichts. Von einem Ort namens Dervoroucha hatte sie nämlich noch nie gehört. Und nicht nur sie, auch Alexandra und Silke tuschelten wieder miteinander. „Hast du das schon einmal gehört?“ „Mh-mh. Das gibt’s sicher gar nicht, dieses Dawuscha oder wie das heißt!“ „Der-vo-roucha“ berichtigte Cönyi. „Das gibt’s wohl. Ist gar nicht weit weg von Frankfurt!“ Aber Frau Horn meinte: „Warum sollte Cönyi – ich darf dich doch auch so nennen? Ist wirklich ein bisschen kürzer und einfacher“ sie lächelte ihm zu, „warum sollte er denn lügen? Nur weil wir von Dervoroucha noch nichts gehört haben, muss das ja nicht heißen dass es diesen Ort gar nicht gibt! Vielleicht kannst du ihn uns ja morgen einmal auf der Landkarte zeigen, wenn wir wieder Sachunterricht haben? Aber jetzt such dir erst mal einen Platz aus und setz dich hin. Da drüben in der dritten Bank ist zum Beispiel noch ein Stuhl frei“ Aber Silke und Alexandra schüttelten heftig den Kopf und Silke stellte demonstrativ ihre Schultasche auf den leeren Stuhl. „Na denn, vielleicht nach hinten zu Nader und Murat?“ „Vergiss es“ schüttelte Murat den Kopf. „Ihr seid nicht nett eurem neuen Klassenkameraden gegenüber“ rügte Frau Horn. „Ihr müsst euch nicht wundern wenn es euch irgendwann einmal ähnlich ergehen wird. Lisa, was ist mit dir, du hast auch noch einen Platz frei.“ „Mir egal“ sagte die rothaarige Lisa mit der Zahnspange. Aber sie schaute trotzdem demonstrativ zur Seite, als Cönyi sich neben ihr hinsetzte. „Nun, da das geklärt ist, möchte ich gern, dass ihr euch schon einmal eine Hausaufgabe für morgen aufschreibt. Ich möchte wissen, was ihr in den Ferien erlebt habt, und dass ihr einen kleinen Aufsatz darüber schreibt“ sagte Frau Horn. In den ersten beiden Stunden hatte die Klasse Deutsch und Mathematik. Cönyi war sehr gut im Rechnen und zog natürlich den Ärger derer, die nicht so gut waren (insbesondere Murat und Nader) nur umso mehr auf sich. Während die anderen Kinder noch an einigen Aufgaben rechneten war er als erster fertig und sah verstohlen rüber zu Silke und Alexandra, die offenbar nicht müde wurden, seine Banknachbarin Lisa mit Papier- oder Tintenpatronen-kügelchen zu beschießen. Die beiden waren hübsche Mädchen fand Cönyi, Silke hatte blondes langes Haar und Alexandra schwarzes. Schade nur, dass sie so überhaupt nicht nett zu sein schienen! „Hey, Drahtgestell!“ Silke schnitt eine Grimasse zu Lisa, die nur finster drein blickte und verbissen weiterrechnete. „Warum ärgern sie dich?“ fragte Cönyi als es zur großen Pause geläutet hatte. „Weiß nicht“ sagte Lisa knapp. „Wegen meiner Zahnspange wahrscheinlich. Ist mir aber egal.“ Cönyi wusste nicht, ob er sich hier würde wohlfühlen können. Das war eine komische Klasse, aber eigentlich war es nicht anders als sonst auch immer. Er würde ohnehin keine Freunde finden, dabei wünschte er sich kaum etwas sehnlicher… aber erstens war er immer zu kurz an jeder Schule, und dann traute er sich nie, andere Kinder mit nach Hause zu bringen. Nicht nur, weil er grundsätzlich immer in den übelsten Ecken der Stadt wohnte. Sondern auch, weil sonst heraus kommen könnte, dass seine Familie anders war. Oder genauer: Anders war sie immer nur dann, wenn sein Vater zu Hause war. Ansonsten unterschied sich Cönyis Familie nicht besonders von anderen Familien. Er hatte eine Mutter, die Unni hieß und besonders gute Nudeln mit Soße kochte. Er hatte einen älteren Bruder, der hieß Soeyamin aber wurde von allen nur Okay genannt (warum wusste Cönyi gar nicht so genau. Es war so gewesen seit er denken konnte). Okay war schon fast 17 Jahre alt, und er hatte am 12. Dezember Geburtstag, genau wie sein Vater. Überhaupt hatten alle Familienmitglieder am 12. eines Monats Geburtstag, und das, so fand Cönyi, war vielleicht doch ein bisschen seltsam. Zumindest war es ein komischer Zufall: Papa und Okay am 12. Dezember, Mama am 12. März und er selbst am 12. Juli. Die 12 war auch so etwas wie die familieninterne Glückszahl und tatsächlich gewann Cönyi auch immer, wenn er bei einem Spiel die Nummer 12 hatte. Beim Wettlaufen in der Schule zum Beispiel. Oder bei was auch immer. Seinem Bruder, der gerade das 10. Schuljahr beendet hatte und in Ausbildung gegangen war, war es immer ähnlich ergangen. Cönyi wusste sogar, dass der Name seines Vaters, Soeya, eigentlich 12 bedeutete, und der von seinem Bruder, Soeyamin, „der kleine Zwölfte“. Sein eigener Name Conyunceyn bedeutete so viel wie alles gut, alles in Ordnung. In Dervoroucha wurde so gesprochen. Eigentlich fand Cönyi es schade, dass er selbst nie dort gewohnt hatte! Aber das war nicht mehr gegangen, seit Papa Soeya einer geheimen Organisation angehörte, die sich die a-has nannten. Seither konnte die Familie nie lange an einem Ort bleiben, immer wieder mussten sie umziehen, denn davon sollten nach Möglichkeit nicht so viele Leute erfahren. Cönyi selbst sollte auch in der Schule nicht darüber reden, „nur wenn du jemandem wirklich vertrauen kannst“ wie sein Vater gesagt hatte. Aber dazu kam es ja so gut wie nie! Cönyi fühlte sich oft allein und war ziemlich traurig. Seit Okay in Ausbildung gegangen war (Papa Soeya besaß eine Ladenkette die auch Okay hieß und die sein älterer Sohn in absehbarer Zeit übernehmen sollte) kam er immer erst abends nach Hause, und Mama Unni ging auch halbe Tage arbeiten wenn sie denn in der jeweiligen Stadt eine Stelle fand. Cönyis Vater war nur selten zu Hause, meistens war er bei diesen a-has an einem Ort, der Perfect Home hieß und von dem manche Leute behaupteten, dass es ihn gar nicht geben würde. Cönyi wusste aber, dass es ihn gab, denn er war selbst schon dort gewesen. Das war zwar schon länger her, und er konnte sich auch nicht mehr erinnern, wie man denn dort hin kommt, aber dass es dort schön gewesen war, daran erinnerte er sich noch. Vielleicht durfte er ja wieder einmal mitkommen, wenn seine Mutter es ihm endlich erlauben würde! Die wollte das nämlich immer nicht und es gab gelegentlich Meinungsverschieden-heiten zwischen seinen Eltern deswegen, allerdings ließ sich Papa immer irgendetwas einfallen wenn Mama mal sauer auf ihn war, und Streit dauerte in der Familie nie lange. Bruder Okay dagegen war Feuer und Flamme für die a-has und betonte immer wieder, auch bald so einer werden zu wollen. Und je mehr er mit ihnen verkehrte, umso komischer war er manchmal… das hatte aber nicht nur Nachteile, oh nein! Seit Cönyis Vater zu den a-has gehörte konnte er Dinge tun, die normale Leute nicht können, und das konnte manchmal sehr praktisch sein. Zu schade nur, dass Cönyi niemandem erzählen durfte, dass er zum Beispiel schon geflogen war, oder dass Papa alles reparieren konnte was im Haus kaputt gegangen war, oder dass er selbst Spielzeug hatte, das mit Sicherheit kein anderes Kind in seiner Klasse hatte, weil es nämlich aus der 12. Dimension war! Da kamen nämlich die a-has her, und das hätte mit Sicherheit niemand hinter den grauen Wänden des Wohnblocks in der Moltkestraße vermutet, in dem die Familie nun in Mannheim wohnte. Jetzt also war große Pause. Cönyi stand mit seinem Pausenbrot an dem Zaun, der die Grundschule von der benachbarten weiterführenden Schule abtrennte. Auf dem Brot hatte er heute zum Glück Nutella, und nicht das komische Zeug das es manchmal gab wenn Papa zu Hause war. Cönyi überlegte, was er in den Aufsatz schreiben konnte, den die Lehrerin als Hausaufgabe aufgegeben hatte. Vielleicht vom Umzug? Aber viel zu schreiben gab es da nicht, denn auch die Umzüge der Familie waren anders als die gewöhnlicher Leute. Sie brauchten niemals Kartons und niemals einen Lastwagen um alle Möbel von einem Ort an den nächsten zu bekommen. Cönyi musste nicht einmal sein Zimmer ausräumen. Das machte alles sein Vater, und zwar innerhalb kürzester Zeit. Meistens wurde Cönyi von den Eltern zum Spielen geschickt, und wenn er wiederkam waren schon alle Sachen in der neuen Wohnung. Und die Familie selbst dann auch. Und wenn Cönyi in sein neues Zimmer ging, dann war schon wieder alles so, wie er es im alten verlassen hatte. Mama musste sich dann immer irgendwelche Ausreden einfallen lassen den anderen Leuten gegenüber, warum das so schnell gegangen war. Denn eigentlich kann das niemand so schnell, außer wenn er ein a-ha ist. Und davon durfte Cönyi ja nichts erzählen. Nein, das ging also schon einmal nicht mit dem Aufsatz! Und groß in Urlaub gefahren war die Familie dieses Jahr wegen des Umzugs nicht. Zwar hatte sein Vater versprochen: „Wenn mit meinem neuen Laden alles geregelt ist, dann nehme ich euch mit ans Meer!“ Und Mama hatte gesagt: „Aber nur in unserer Dimension!“ – aber wer weiß, ob und wann das wahr werden würde? Die Okay-Läden waren Papas Ein und Alles, in denen war er eigentlich fast immer etwas am arbeiten wenn er denn einmal nicht bei seinen a-has war, und in jeder Stadt, in die sie gezogen waren, wurde mindestens ein solcher Laden eröffnet. Aus irgendeinem Grund war es unheimlich wichtig, dass möglichst viele Leute dort einkaufen gingen, und dieser Grund war nicht das Geldverdienen. Obwohl sein Vater mittlerweile elf solcher Läden besaß war Cönyis Familie nicht besonders reich. Es hatte ihm und seinem Bruder nie an etwas gefehlt, aber Mama seufzte regelmäßig, wenn sie wieder irgendeine Rechnung zu bezahlen hatte. So ganz verstand Cönyi das alles nicht. Vielleicht besser, dass er das alles niemandem erklären musste? Ach, er wusste nicht so genau. Nur dass er gerne einmal wenigstens einen guten Freund oder eine gute Freundin gehabt hätte, so wie andere Kinder, jemanden zum Spielen und Unsinn anstellen, das wusste er. Cönyi aß also sein Brot und sah durch den Zaun hinüber auf den Schulhof der „großen“ Schule. Dort, wo die Kinder ab der 5. Klasse hingehen. Er selbst würde bestimmt nicht dort hingehen, denn bis dahin würde die Familie sicher schon wieder woanders wohnen! Er hörte zu, wie ein paar Mädchen von etwa 12-14 Jahren miteinander kicherten und tuschelten, eine von ihnen hatte einen Ordner mit bunten Blättern auf dem Schoß und wurde von den anderen offenbar darum beneidet. Oder nein, nicht von allen, denn so wie’s schien hatten hier nicht alle den gleichen Geschmack.
„Ich hab schon sechsundzwanzig Seiten aus der Bravo ausgeschnitten. Und meine Schwester war in England in Urlaub und hat mir ein ganzes Heft über sie mitgebracht!“
„Ich darf die Bravo zu Hause nicht lesen. Meine Mutter will das nicht, sie sagt da steht Schweinkram drin!“
„Mein Vater sagt auch ich bin noch zu jung dafür. Dabei steht da gar nichts Schlimmes drin. Aber ich lese sie immer bei ‘ner Freundin, und die gibt mir auch immer die Berichte über a-ha. Sie mag die Musik nicht, hört lieber Punk und so’n Zeug!“
„Ich mag a-ha auch nicht! Voll die ätzende Musik!“
„Ach du bist ja nur neidisch, weil du noch nicht so viele Sachen von ihnen hast!“
„Gar nicht wahr! Ich könnte mir die Bravo kaufen wenn ich wollte, aber ich will nicht. Das interessiert mich nicht!“
„Ach ja? Ich hab aber neulich auf dem Klo genau gehört, dass du gesagt hast du findest Morten süß!“
„Das hab ich nie gesagt! Du lügst ja!“
„Frag doch mal die Marie ob sie dir ihre doppelten Berichte schenkt!“
„Was soll ich denn damit, ich sag doch, ich mag a-ha nicht! Lieber Fußball und Die Ärzte.“
„Also ich finde Morten süß! Den würde ich gern mal treffen, hach…“
Cönyi musste grinsen. Sollte er den Mädels erzählen, dass der Sänger von a-ha ein guter Freund seines Vaters ist, dass Morten schon öfters bei ihm zu Hause war und dass er sämtliche a-ha Platten immer von ihm selbst geschenkt bekommen hat? Was würden die Kichererbsen da wohl sagen, wenn sie wüssten, dass die Band, in der Morten singt, nach der Organisation benannt ist, in der auch sein Papa ist? Dass er deren Anführer ist und aus einer anderen Dimension kommt? Denen würde die Klappe ganz schön runterfallen, soviel ist sicher! J Manchmal schon schade, dass man nichts sagen darf, so dachte er. Da klingelte es auch schon wieder zum Ende der Pause. Cönyi ging zurück zum Schulgebäude und sah auf dem Weg dorthin Lisa in eine Ecke gedrückt stehen. Und sie weinte. Cönyi konnte niemanden weinen sehen, das machte ihn immer auch selbst so traurig! Also fragte er Lisa „was hast du denn?“ Bevor sie aber noch etwas antworten konnte war die Sache schon klar. Denn einige seiner neuen Klassenkameraden riefen: „Hexe! Eisengebiss!“ und bewarfen sie mit allerlei Dingen. Als aber eine noch fast volle Kakaotüte angeflogen kam, die sicher Lisa von oben bis unten vollgespritzt hätte, ging er dazwischen und fing das Ding im Flug ab. Wie er das geahnt, wie er es gemacht hatte wusste er später selbst nicht, aber den Mitschülern fiel ganz schön die Kinnlade runter. Und dann schrie erst Alexandra, dann Silke auf und die beiden rannten weg, gefolgt von dem Rest der Meute. Cönyi hatte nichts getan, er hatte nur gefragt warum sie das machen würden. Aber auch Lisa stand da wie erstarrt und schaute ihn mit großen Augen an. Schließlich rannte auch sie davon. Den Rest des Schultags wurde Cönyi zwar nicht mehr geärgert, selbst Lisa wurde in Ruhe gelassen, aber er merkte wohl, dass besonders Silke und Alexandra immer wieder die Köpfe zusammensteckten und tuschelten: „Habt ihr das gesehen?“ Lisa verhielt sich noch ruhiger als vorher, und wagte sich kaum ihn anzusehen. Cönyi konnte sich keinen Reim darauf machen. Als die letzte Stunde vorbei war zischte Silke ihm zu: „MONSTER!“ dann suchte sie schnellen Schrittes das Weite. „Was hab ich denn gemacht?“ seufzte Cönyi und merkte, dass ihm eine Träne im Augenwinkel stand. Immer das Gleiche. Obwohl, nein, das hier war neu. Du darfst nicht mitspielen, wir wissen wo du wohnst, dich wollen wir nicht als Freund – alles schon gehabt, aber Monster, das war definitiv eine neue Dimension. „Ärgere dich nicht zu sehr“ sagte Frau Horn, die auch noch am Pult ihre Tasche zusammenpackte. „Aller Anfang ist schwer. Aber eigentlich sind sie alle ganz nett, sie müssen erst merken, dass…“ „…ich kein Monster bin?“ fragte Cönyi, versuchte aber zu lächeln. Er mochte seine Lehrerin. Zuhause wollte seine Mutter natürlich wissen, wie es ihm am ersten Tag in der neuen Schule ergangen war. „Wie immer Mama“ sagte Cönyi. „Keine Freunde gefunden?“ Cönyi schüttelte traurig den Kopf. „Nein, sie sagen Monster zu mir.“ Da nahm Frau Lebuounohacies ihren Jüngsten tröstend in den Arm, und dann gab es sein Lieblingsessen: Nudeln mit Tomatensoße. Der nächste Tag verlief zunächst nicht viel anders. Nur eins fiel auf: Wenn die Klassen-kameraden Lisa ärgerten und er zufällig dazukam, hörten sie sofort damit auf. Nur leise murmelten sie immer wieder: „Hexe! Monster!“ Und irgendwann sagte Lisa leise: „Hör einfach nicht hin. Mit mir machen sie das schon immer.“ Im Sachunterricht sollte Cönyi zeigen, wo Dervoroucha denn liegt, aber so sehr er auch schaute, er konnte den Ort auf der Karte nicht finden! „Es- es steht hier nicht drauf“ meinte er, „Aber da hinten, irgendwo neben Frankfurt, da müsste es sein… die nächste größere Stadt ist Karasheim, aber die…“ „…steht auch nicht drauf!“ rief Silke. Gekicher. Cönyi schaute etwas verzweifelt aus der Wäsche, und Frau Horn stach den Dorn ungewollt noch tiefer in die Wunde indem sie fragte: „Kannst du uns denn zeigen, wo dein Vater arbeitet?“ Cönyi schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Das darf ich nicht.“ Und aus der dritten Bank tönte es: „Wahrscheinlich Monsterhausen!“ Wieder etwas später flogen erneut Patronenkügelchen durch die Gegend: „Monster abschießen!“ Doch auf einmal rief Lisa: „Könnt ihr mal aufhören? Mir ist das ja egal, werft meinetwegen nach mir. Aber lasst ihn in Ruhe!“ „Die Hexe hat gesprochen!“ rief Nader und Gelächter folgte. Aber diesmal hatte Frau Horn alles mitbekommen. „Nader! Murat! Silke! Alexandra! Jetzt reicht es aber! Ich will, dass ihr für morgen einen Aufsatz schreibt mit dem Thema: Warum ich meine Mitschüler nicht ärgern soll!“ Da kicherte Lisa, und ein klein bisschen was Hexisches hatte ihr Kichern dann schon! Aber ansonsten konnte Cönyi nicht verstehen, was denn die anderen für ein Problem mit ihr hatten. So schlimm war diese Zahnspange nun auch nicht, und Lisas rote Haare sahen doch sogar ganz hübsch aus! Jedenfalls war ab diesem Moment das Eis gebrochen. Erst schob Lisa Cönyi heimlich einen Pinsel rüber, als in Kunst mit Wasserfarben gemalt wurde und er selbst keinen dabei hatte. Später, in der zweiten großen Pause, holte Lisa sich am Kiosk eine ganze Tüte voll Gummibärchen, Gummischlangen, Brausebonbons und solchem Zeug, und diese Tüte hielt sie dann auch Cönyi hin. Am Ende des Schultags fand er sie richtig nett. Und wenn auch die üblichen Verdächtigen tönten: „Eins, zwei, drei, was seh ich da, ein verliebtes Ehepaar! Die Hexe und das Monster!“ so war ihm das egal. Noch einen Tag später mussten Silke, Alexandra, Murat und Nader ihre Aufsätze vorlesen und zur Abwechslung wurden diese Vier mal von der Klasse ausgelacht. Natürlich konnte Murat eine solche „Schmach“ nicht auf sich sitzen lassen, und so hieß es in der kleinen Pause, als gerade kein Lehrer im Zimmer war „Hexen- und Monsterjagd!“ Zunächst wieder nur mit Papierbällen, das machte den beiden schon fast nichts mehr aus, aber als ein Lineal in Lisas Richtung flog und sie fast am Kopf getroffen hätte gab’s wieder Schreie bzw. offene Münder. Das Lineal traf nicht, es fiel kurz vorher zu Boden. „Jetzt lasst das doch mal!“ sagte Cönyi laut, wurde aber übertönt durch Alexandras quietschenden Aufschrei: „DAS MONSTER!“ Und auch Lisa starrte ihn an: „Wie hast du das gemacht?“ „Was hab ich gemacht?“ wunderte sich Cönyi und konnte sich auf diese Reaktionen keinen Reim machen. Dann kam aber der Musiklehrer rein und die Klasse war lieber still. Mist, er hätte gern gewusst was denn los war, dass sogar Nader und Murat nichts mehr rausbekamen außer: „Ich hab nichts gesagt. Er hat es voraus gewusst. Monster!“ Im Musikunterricht wurden die Kinder gefragt, was dann momentan ihr Lieblingslied sein. Da fielen türkische Titel aus der letzten Reihe, alles querbeet aus den Charts bei den Mädchen und Cönyi meinte: The sun always shines on TV von a-ha! „Loser!“ „Mädchen!“ „Wieso? Ist doch schöne Musik“ sagte der Musiklehrer. „Echt? Meine Schwester hört die auch immer“ verriet Lisa. „Aber ich, ich hab eigentlich kein Lieblingslied. Mir fällt zumindest keins ein.“ Und zu aller Erstaunen sang Cönyi die erste Strophe des a-ha Songs vor. Der Musiklehrer fragte ihn: „Nicht schlecht! Woher kannst du denn den Text? Hattest du schon einmal Englischunterricht?“ Cönyi schüttelte den Kopf: „Nein. Ich hab nur zugehört…“ Hach, Mist wieder dass er nichts verraten durfte!.. „Poh, klasse! Besser als meine Schwester, und die ist schon in der siebten Klasse und hat schon über zwei Jahre Englisch!“ fand Lisa. Wie gern hätte Cönyi da erzählt, wo er es wirklich hergehabt hatte! Aber da war noch etwas das ihm auf den Nägeln brannte. „Lisa, du hast doch vorhin auch gefragt wie ich das gemacht habe. Was genau hast du gemeint?“ „Na, das mit dem Lineal“ flüsterte Lisa. „Nader oder Murat, einer der beiden hatte das doch nach mir geworfen. Aber du hast es angesehen und da hat es mitten im Flug angehalten und ist runtergefallen.“ „Echt?“ Cönyi konnte das nicht glauben. Aber Lisa nickte. „Ja, und anschließend haben deine Augen blau geleuchtet. Das war schon unheimlich. Das Gleiche ist gestern auch schon mal passiert, wahrscheinlich sagen sie deswegen Monster – sag mal, du bist nicht irgendwie außerirdisch oder so?“ „Nein, ich bin…“ Doch in dem Moment mahnte der Lehrer: „Noch einmal, dann gibt’s einen Eintrag! Lisa Buchner, Con-yun-ceyn Wa-my…ähh, jedenfalls, Ruhe jetzt da hinten!“ „Gut dass du so einen langen Namen hast“ grinste Lisa. „Sonst hätten wir jetzt vielleicht 'nen Eintrag gekriegt!“ „Der ist nicht normal“ tönte es nach dem Unterricht wieder über den Gang. „Die Monsteraugen, der komische lange Name, die Stadt die es gar nicht gibt wo er angeblich herkommt – ich sage euch, der ist absolut nicht normal!“ „Der muss hier weg. Vielleicht will er uns alle vernichten!“ Nun ja, so schlimm dann nicht, aber so ganz unrecht hatten Nader und Murat wohl nicht. „Wenn das stimmt, was Lisa gesagt hat, dann bin ich nicht normal. Dann hatte Okay Recht. Dass das bei mir irgendwann auch kommt, das hat er doch gesagt, ist noch gar nicht so lange her. Ich will aber nicht dass ich anders bin…!“ Cönyi ging an diesem Tag sehr nachdenklich nach Hause. Was sollte er denn jetzt machen? Klar, als erstes fragt man in so einem Fall seine Mutter. Und dass Okay heute beim Essen dabei war konnte sicher auch nicht schaden. Aber vielleicht erst mal mit etwas Positivem anfangen. „Ich hab glaub ich eine Freundin gefunden“ erzählte Cönyi also bei einem Teller Linsensuppe. „Naja, jedenfalls ist sie nett. Lisa heißt sie, und meistens wird sie genauso von den anderen geärgert wie ich. Es macht ihr aber auch nichts aus.“ „Ihr seid auf jeden Fall stärker wenn ihr zusammenhaltet“ fand Okay, und Frau Lebuounohacies freute sich: „Das ist aber schön. Wenn du willst kannst du sie gerne mal einladen.“ „Mama!“ meinte Cönyi, überlegte dann aber einen Moment und sagt: „Ja, vielleicht später mal. Muss erst wissen, ob…“ „…sie damit klarkommt wo wir wohnen?“ fragte Okay und schaute sehr merkwürdig drein. „Woher weißt du was ich sagen wollte?“ „Die a-has wissen alles!“ „He, du bist gar keiner!“ „Aber bald!“ „Aber ich eigentlich nicht“ begann Cönyi, „wieso hab ich das denn aber manchmal auch?“ „Was meinst du?“ fragte Frau Lebuounohacies. „Das, was Okay manchmal auch hat. Dass ich zum Beispiel ein Lineal anhalten kann bevor es geflogen kommt. Oder dass die anderen behaupten ich hätte Leuchteaugen, so wie ein Monster!“ Da schluckte Cönyis Mutter kräftig, man sah ihr an dass ihr das nicht angenehm war. „Das muss dir dann dein Vater erklären“ meinte sie nur. Aber Okay zuckte nur die Schultern: „Ich hab’s dir doch gesagt dass das kommen wird! Klare Sache. Du bist schon als halber a-ha auf die Welt gekommen – jaaa, Mama, auch wenn du es nicht wahrhaben willst! – im Gegensatz zu mir sogar. Ich musste das lernen, du bist von Geburt an das was sie einen One nennen. Sei stolz drauf und lass dich nicht ärgern!“ „Ich will das aber nicht!“ rief Cönyi und rannte in sein Zimmer. Verflixt, er hatte es ja geahnt! Spät an diesem Abend kam auch Cönyis und Okays Vater Soeya nach Hause. Als hätte er mal wieder geahnt, dass sein Jüngster eine Erklärung für das benötigte, was ihm in der Schule passiert war (offensichtlich ist etwas an der Sache dran, dass die a-has immer alles wissen, so dachte Cönyi). „Warum bringst du Lisa denn nicht einmal mit?“ fragte Soeya nämlich schon bevor Cönyi etwas erzählen konnte. „Weil ich nicht will dass… weil wir hier wohnen“ sagte Cönyi und merkte schon dass Flunkern hier nichts brachte. „Wenn sie dich wirklich gern hat, dann ist es ihr egal“ sagte Soeya. „Du erkennst deine wahren Freunde daran, dass sie dich eben nicht danach beurteilen wer du bist oder woher du kommst.“ „Ist das bei den a-has auch so?“ wollte Cönyi wissen. Soeya nickte. „Es zählt dort nicht was du äußerlich bist, oder ob du arm oder reich bist, sondern nur das hier.“ Soeya tippte seinem Sohn auf die Brust, dorthin wo das Herz ist. „Meinst du, dass Lisa trotzdem mit mir befreundet sein will? Obwohl ich hier wohne, und obwohl ich irgendwelche komischen Sachen mache? Weil ich ein One bin oder wie das heißt?“ „Ich dachte nicht, dass es sich so schnell zeigen wird“ sagte Soeya. „aber dass es passiert, das ist ein Zeichen dafür, dass du etwas Gutes und Richtiges tun wolltest. Es ist nichts wovor du Angst haben musst. Im Gegenteil, du hast Fähigkeiten, die dich später immer wieder auf den richtigen Weg leiten werden, wenn du es denn zulässt!“ Man kann sich denken, dass solche Nachrichten für einen Zehnjährigen erst einmal etwas viel waren, aber Cönyi hatte verstanden was sein Vater ihm sagen wollte. Ja, er hatte Lisa in dem Moment nur helfen wollen, undes passiert auch nicht, wenn man etwas Böses vorhat. Da können ihn die anderen in der Klasse reizen oder als Monster betiteln wie sie wollen, Allein das zu wissen gab ihm schon Sicherheit. Und so beschloss er, sich künftig nicht mehr ärgern zu lassen. Irgendwann wurde es Murat und Nader auch langweilig und sie suchten sich neue „Opfer“ – schon auch deshalb, weil es eben nicht mehr passiert war seitdem. Lisa dagegen war genau so froh wie Cönyi, einen Freund und Spielkameraden gefunden zu haben, und die beiden steckten an jedem Schultag zusammen. Cönyi durfte dann auch mit zu ihr nach Hause kommen und war erst einmal geplättet, denn Lisas Eltern hatten anscheinend eine Menge Geld und Lisa eine beachtliche Menge an Spielzeug, Plüschtieren und all solchen Dingen! Allerdings waren Lisa und ihre Schwester Lena das, was man Schlüsselkinder nennt. Denn – und das war die Kehrseite der Medaille – die Eltern waren meistens bis spätabends bei der Arbeit und ließen die beiden Schwestern viel allein. Die (fast) fünfzehnjährige Lena schien diese Freiheiten zu genießen. Sie hatte eine Menge Freunde und blieb selber oft abends lange weg. Lisa dagegen fühlte sich oft allein. „Und wenn Mama und Papa dann mal da sind“ so erzählte sie, „dann müssen die meistens zuhause auch noch arbeiten. Oder sie sind müde und wollen ihre Ruhe haben. Oder sie sind irgendwo eingeladen, jedenfalls haben sie nie Zeit.“ Das kannte Cönyi nun überhaupt nicht, denn seine Mutter war eigentlich immer da. Auch zu seinem großen Bruder konnte er immer kommen wenn einmal etwas war und Papa war zwar nicht so oft daheim, aber wenn, dann war es ihm immer wichtig dass die Familie Zeit zusammen verbrachte. Die Situation bei Lisa zuhause irritierte ihn. Auch schien das Verhältnis zwischen ihr und Schwester Lena nicht das Beste zu sein, jedenfalls klang es ganz schön ironisch, als Lena sagte: „Na sieh an! Meine Schwester bringt ja tatsächlich mal einen Freund mit nach Hause! Was hast du ihm denn bezahlt dafür dass er mitgekommen ist?“ „Wieso bezahlt?“ wunderte Cönyi sich. „Ich hab ihm gar nichts bezahlt. Und wenn du noch mal so etwas sagst, dann werfe ich alle deine a-ha Poster auf den Müll wenn du heute Abend weg bist!“ giftete Lisa zurück. „Wag dich! Dann…“ Der Rest ging unter, denn Lisa hatte bereits die Tür hinter sich geschlossen. Okay, verstanden. Offenbar war Lisas große Schwester zwar blond und zugegeben auch hübsch, aber nicht gerade nett, vergleichbar mit Silke und Alexandra vielleicht. Insoweit hatten Papa und Okay schon mal Recht, Aussehen ist nicht alles! „Die ist immer so“ sagte Lisa leicht frustriert. „Immer nur schminken und in die Disco gehen und diesen Sänger von a-ha anhimmeln. Mehr macht die nicht!“ Doch da kam Cönyi eine Idee… gleich heute Abend würde er seinen Vater fragen, oder Okay, einer der beiden wusste es bestimmt. Und dann musste er nur noch Lisa dazu bringen, mit zu ihm nach Hause zu kommen! Das war gar nicht mal so schwer, denn: „Meinen Eltern ist es eh egal, die wissen nicht mal wo ich bin!“ Beschlossene Sache also. Und wie erwartet waren Cönyis Eltern gelinde gesagt schockiert über das, was ihr Sohn ihnen berichtete. „Die lassen also die Kinder allein und stopfen ihnen stattdessen jede Menge Spiel- oder Schminkzeug zu? Die glauben, dass das Elternliebe ersetzen kann? Also, so etwas würde es bei uns drüben niemals geben!“ Soeya Wamyaharikjuceneys war empört, und dieses „bei uns drüben“ sowie der sehr intensive Blick zu seiner Frau rüber veranlassten diese mit „Du hast ja Recht… aber nicht jetzt, Soeya!“ zu antworten. „Lisa ist trotzdem nett“ sagte Cönyi. „Nur Lena, ihre Schwester, das ist 'ne richtige Zicke. Trozdem, ich glaube, du und Okay, ihr würdet Lena lieber mögen… sie ist nämlich a-ha Fan!“ „Na, dann ist es ja noch nicht völlig hoffnungslos für das Kind“ meinte Soeya mit einem Augenzwinkern. „Du darfst natürlich auch Lisa gerne mitbringen, nein du sollst sogar. Ich würde sie gerne kennenlernen.“ „Mach ich“ sagte Cönyi. „Ihr ist auch egal wo ich wohne. Nur ist sie leider kein Fan von a-ha, so wie ihre Schwester. Sie hat nicht einmal ein Lieblingslied, naja sagt sie jedenfalls!“ Und dann tauschten Soeya und Okay einen Blick aus, den Cönyi schon richtig deuten konnte. „Das wollen wir erst einmal sehen!“ „Vielleicht gibt’s je eine Überraschung?“ sagte Soeya geheimnisvoll. „Ja, vielleicht…?“ Genau darauf hatte Cönyi doch hinaus gewollt! Jedenfalls fand er sich an diesem Abend doch selbst „ganz gut für einen, der erst neu in der Stadt und noch nicht einmal ein richtiger a-ha ist!“ J Einige Tage später war es dann soweit. In der Pause fragte Cönyi Lisa, ob sie denn heute einmal mit zu ihm nach Hause kommen wollte. „Meine Eltern würden dich gern kennenlernen, und dann ist da noch…“ „Ja klar“ sagte Lisa. „Ich bin sogar froh wenn wir nicht zu uns gehen und ich nicht wieder Lena stundenlang zuhören muss wenn sie mit ihren Freundinnen telefoniert: Aaaach, der Morten ist ja sooooo süß! Würg!.. Du, ich hole uns am Kiosk noch 'ne Tüte Gummischlangen, oder willst du lieber saure Drops?“ „Ist beides okay“ sagte Cönyi. Und dachte: „Wenn du wüsstest…!“ Denn es hatte einen Grund warum er Lisa genau heute mit nach Hause bringen wollte. Er und seine Familie hatten da einen „kleinen“ Komplott vor, natürlich keinen bösen, denn so etwas gibt es ja bei den a-has nicht! Aber wahrscheinlich würde sie ganz schön Augen machen! Nach der Schule fragte Cönyi dann, ganz nebenbei auf dem Heimweg: „Du Lisa, was würdest du sagen, wenn der Sänger von a-ha zu uns nach Hause kommen würde?“ „Du kannst komische Fragen stellen echt“ wunderte Lisa sich. „Ich weiß nicht… wahrscheinlich würde ich mich mit ihm fotografieren lassen, und Lena mal so richtig ärgern!“ Cönyi nickte. Das hatte er sich gedacht. „Glaubst du mir wenn ich sage dass ich Morten kenne?“ „Naaaaa klar… und ich kenne den Kaiser von China!“ Lisa grinste. „Du bist heute lustig, Cönyi…“ Die beiden kamen immer weiter aus der Innenstadt hinaus und schließlich in die Moltkestraße. Lisa hatte wohl schon von ihren Eltern gehört, was das hier für eine Gegend war, und so ganz wohl in ihrer Haut war ihr nicht, aber sie sagte nichts und ließ sich nichts anmerken. Sie wollte Cönyi nicht verletzen. „Es ist schon komisch“ sagte sie deshalb nur, „wir wohnen eigentlich schon immer in Mannheim, aber hier bin ich noch nie gewesen.“ Bevor aber Cönyi wieder trübe Gedanken bekommen konnte weil er ja doch gerne etwas anderes vorzuweisen gehabt hätte, dachte er an seine Überraschung. Und dann quiekte Lisa: „MURAT! Du wohnst auch hier?“ Da blickte Cönyi sich um, und tatsächlich. Sein Klassenkamerad, der doch so gern über ihn lästerte, kam gerade einmal ein paar Häuser weiter aus einem offenen Hauseingang. Murat fühlte sich ertappt und rannte um die nächste Ecke, aber Cönyi und Lisa blickten sich siegessicher an. Der würde sie nicht noch einmal ärgern, so viel stand fest! Aber im gleichen Augenblick fiel Cönyi auch wieder ein, was Okay neulich gemeint hatte: „Vielleicht ist Murat nur so gemein zu euch, weil er selbst etwas hat, was er verstecken möchte?“ Mann, wie Recht er wieder gehabt hatte! Dann standen die beiden vor dem Block mit der Nummer 12. „Wir haben bisher immer in Häusern gewohnt, die die Nummer 12 hatten“ erzählte Cönyi. „An sich ganz praktisch, man muss sich nichts anderes merken!“ „Ach komm, das ist genau so wahr wie dass du Morten kennst oder? Du bist manchmal komisch…“ „Wart’s ab“ meinte Cönyi nur, und dachte: „wenn du erst mal siehst wie komisch wir wirklich sind!“ Und, ganz im Gegensetz zu sonst immer, hatte er heute richtig Gefallen daran anders zu sein. „Die Klingel geht nicht“ sagte Lisa. „Macht nichts“ meinte Cönyi und pfiff beherzt auf zwei Fingern, was ihm einen respektvollen Blick bescherte. Da ging oben im 3. Stock ein Fenster auf und Frau Lebuounohacies schaute hinaus: „Cönyi?“ „Ja! Und ich hab Lisa mitgebracht!“ Die Tür wurde geöffnet und die beiden rannten die Treppe hoch. Zwischen dem 2. und 3. Stockwerk blieb Lisa stehen und schnüffelte. „Hier riecht’s aber komisch!“ „Öh, ja, ich glaub das ist…“ Cönyi duckste einen Moment herum, anscheinend war sein Vater zuhause und kochte wieder irgendetwas Komisches. Mist, das passte nun heute gar nicht…! „…das sind die Nachbarn“ log er also. „Die machen immer komische Sachen mit Knoblauch und so.“ „Ach so“ meinte Lisa. Da auch oben die Klingel nicht ging klopfte Cönyi kräftig an die Tür. Ein blonder, älterer Junge öffnete. „Hallo Kleiner! Und du bist sicher Lisa?“ „Bin ich“ nickte sie schüchtern. „Das ist Okay, mein Bruder“ stellte Cönyi ihn vor. „Lustiger Name“ fand Lisa. „Findest du?“ Okay hatte die gleichen blauen Augen wie Cönyi und schien nett zu sein. „Er heißt nicht wirklich so“ erklärte dieser. „Eigentlich heißt er Soeyamin, nur so nennt ihn fast keiner. Alle sagen Okay zu ihm.“ „Auch so ein Name den ich noch nie gehört habe“ gab Lisa zu. „Genau wie deinen.“ „Conyunceyn bedeutet auf iliwisch dass alles gut ist“ sagte Okay. „Und Soeyamin heißt der junge oder kleine Zwölfte.“ „Ach eure Namen haben alle eine Bedeutung? Das finde ich toll. Lisa heißt glaub ich gar nichts, nur eben Lisa.“ „Vielleicht weißt du die Bedeutung nur nicht“ sagte Cönyi. „Meine Mutter heißt Unni, da wissen wir auch nicht ob es etwas bedeutet. Noch nicht. Aber der Name von meinem Vater, Soeya, der heißt zwölf auf iliwisch. Das spricht man in Dervoroucha.“ „Hat es damit zu tun dass ihr immer in Häusern mit der Nummer 12 wohnt?“ fragte Lisa ein bisschen verwirrt. „Vielleicht schon!“ Die Küchentür ging auf und ein etwas älterer, ebenfalls blonder Mann schaute heraus. Das war also Cönyis und Okays Papa. „Wir haben jedenfalls auch alle am 12. Geburtstag! Hallo Lisa, schön dass du uns besuchen kommst!“ Er gab ihr die Hand und Lisa fiel es sofort auf: er hatte sie auch, diese unheimlichen Leuchteaugen. Die, die auch Cönyi bekommen hatte, als Murat das Lineal geworfen hatte! Fast hätte sie „die Monsteraugen!“ gequiekt. Aber nein, Cönyis Vater war doch viel zu nett um ein Monster zu sein! Trotzdem: irgendwie waren die beiden, Papa Soeya und Bruder Okay, ihr unheimlich. Und jetzt, da die Küchentür offen war, roch es auch wieder so merkwürdig. Also nicht von den Nachbarn. Was war das bloß? Lisa schnüffelte, sagte aber nichts. Cönyi schien das nämlich auch nicht ganz angenehm zu sein. „Papa, machst du heute Essen?“ fragte er. Soeya nickte: „Ja, ich mache uns etwas ganz Tolles, nämlich…“ „Nicht heute, Soeya!“ ertönte da die Stimme von Cönyis Mutter. „Wir haben doch einen Gast!“ „Das macht doch nichts!“ mischte Okay sich ein. „Kann ihr doch auch nichts schaden. Wir vergiften sie doch nicht, wenn es…“ „Nicht heute!“ sagte Frau Lebuounohacies bestimmt. Und etwas leiser: „Soeya, bitte… sie ist das erste Mal hier.“ Da seufzte Cönyis Vater. „Na gut. Dann werden Okay und ich es uns allein schmecken lassen. Nicht wahr mein Sohn? Wenigstens einer in dieser Familie, der genau so gern perfekt isst wie ich…“ „Aber immer!“ Im Gegensatz zu Cönyi war Okay offenbar begeistert, aber der meinte: „Jetzt geht das wieder los…!“, zog Lisa hinter sich her in sein Zimmer und machte die Tür zu. „Was meinen die beiden denn?“ fragte sie neugierig. „Ach, mein Vater bringt manchmal einiges von seinem Laden mit. Ich hab dir doch erzählt, dass er Verkäufer ist!“ „Und das riecht dann so komisch?“ „Jaaaa… ja, meistens“ meinte Cönyi und Lisa merkte schon, dass er nicht so gerne darüber redete. Sie bohrte also nicht weiter, obwohl sie gerne mehr über diese komische Familie gewusst hätte. Wer solche Augen hatte, der war sicher kein normaler Verkäufer beim nächsten Laden um die Ecke! Irgendetwas stimmte da nicht! Und es ging gerade so weiter…! Denn als nächstes zeigte Cönyi ihr eins seiner Spielzeuge, und so etwas hatte Lisa auch noch nicht gesehen. „Wo ist er denn nur wieder…?“ Cönyi suchte etwas, dann schnippte er mit den Fingern. „Komm her, Touchy!“ Da flitzte etwas Blaues um den Bettpfosten herum. Cönyi stellte dem Etwas einen Fuß in den Weg. “Haaaalt! Mann, Touchy, das ist Lisa. Die tut dir nichts!“ Er hob das blaue Etwas auf, und jetzt konnte Lisa erkennen, dass es ein kleines Auto war. Allerdings ein sehr eigenartiges, so eines hatte sie noch nie gesehen. Dabei besaß Lisa einige Matchbox-Autos, aus Puppen und derlei typischen Mädchenspielzeug hatte sie sich nämlich nie etwas gemacht! Aber eines, das anscheinend von allein im Zimmer herumfuhr war in ihrer Sammlung nicht dabei. „Ist der eben von alleine herumgefahren?“ fragte sie. Cönyi nickte. „Ja, er will sich immer verstecken wenn jemand Neues kommt. Touchy heißt empfindlich! Und… es kommt mich sonst fast nie jemand besuchen.“ „Das finde ich sehr traurig“ gab Lisa zu. Sie nahm das kleine Auto in die Hand. „Hallo Tatschi… noch so ein lustiger Name!“ Da glühten die Lampen des Autochens auf. „Er mag dich!“ freute Cönyi sich. Lisa setzte „Touchy“ wieder auf den Boden. Der fuhr ein bisschen herum, stieß sachte ein anderes, grünes Autochen an, das offensichtlich nicht dieselben Fähigkeiten hatte… dann nahm Cönyi ihn wieder in die Hand. „Pass auf“ sagte er leise. „Er kann noch mehr…“ Cönyi ließ das Autochen über seine Handfläche rollen, und „Touchy“ machte die Lichter an und fuhr los und dann schwebte er! „Wow!“ entfuhr es Lisa. „Der kann ja auch fliegen!“ Cönyi nickte. „Ja… das können sie aber nicht alle. Nur die die Papa von… von… seiner Arbeit mitgebracht hat. Ich spiele mit allen, aber Touchy mag ich ein bisschen lieber, weil er so eine schöne Farbe hat.“ Wie zur Bestätigung umkreiste das Autochen die Köpfe der beiden und blinkte mit den Lämpchen. Cönyi vermied es aber zu erzählen, dass sein Vater einmal gesagt hatte, wenn er groß wäre würde „Touchy“ sich in ein echtes Auto verwandeln…! Lisa meinte: „Ich hatte auch mal eins, das ich am liebsten hatte. Und ich hatte ihr auch einen Namen gegeben: Trudi hieß sie, aber sie wurde mir letztes Jahr in der Schule geklaut. Ich hab sie nicht mehr wieder bekommen.“ „Das tut mir leid“ meinte Cönyi, und wie als ob er sie trösten wollte landete „Touchy“ auf ihrer Schulter. Lisa wurde von einer Faszination ergriffen, die sie bisher noch nicht erlebt hatte. Was immer das hier war… es war etwas ganz Besonderes! „Essen!“ ertönte da die Stimme von Frau Lebuounohacies. „Schade, ich hätte noch ewig weiterspielen können!“ gab Lisa zu. Die beiden gingen hinaus, und zu Cönyis und Lisas Freude gab es Nudeln mit Tomatensoße. Wie sich herausstellte war dies auch Lisas Leibgericht. Die beiden Männer dagegen hatten sich einige sehr merkwürdige Sachen zusammengekocht. Da gab es etwas mit Gemüse, etwas Grünes und etwas Gelbes, und eins roch komischer als das andere. Soeya stellte die Teller und Gläser auf den Tisch. „Sechs?“ wunderte seine Frau sich. „Du hast vergessen, dass wir heute noch einen Gast haben!“ meinte er. „Ach so, ja… wann kommt er denn?“ „Bestimmt bald. Wir können ruhig schon anfangen.“ Da ließen sich alle ihr Essen schmecken. Lisa war sehr neugierig und roch immer mal wieder herüber zu dem, was Soeya und Okay da vor sich hatten. Sie hatte ja schon einiges an Gemüse essen müssen wenn ihre Eltern einmal zuhause gewesen waren, meistens mit eher weniger Begeisterung, aber das hier, das kannte sie wirklich noch nicht… „Willst du mal probieren?“ fragte Okay. „Ist wirklich gut!“ „Ich weiß nicht…“ „Versuch’s mal, und wenn es dir nicht schmeckt musst du ja nicht aufessen“ sagte Soeya und gab Lisa von allem was dastand einen Löffel. Und sie wollte es sich nicht verscherzen und probierte ein wenig. Soeya und Okay schauten ihr neugierig zu. Und was soll man sagen, es schmeckte ihr tatsächlich! Lisa war selbst am allermeisten verwundert, aber das Zeug war wirklich gut! „Lecker!“ schmatzte sie. „Ja, schmeckt besser als es riecht“ gab Frau Lebuounohacies zu, und die Männer freuten sich sehr. „Sind alles gute Sachen, nur natürliche Zutaten…“ sagte Soeya, und Okay meinte: „Davon kann man perfekt werden!“ „Echt?!“ Lisa wunderte sich ein bisschen. Aber irgendetwas passierte da gerade, ihr war auf einmal so anders… sie hatte so ein warmes, kribbeliges Gefühl, etwas, das man gar nicht beschreiben kann. Wie sollte sie denn auch wissen, dass sie gerade zum ersten Mal in ihrem Leben ein kleines bisschen heich geworden war? -
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Teil 2!
„Nimm dir ein Beispiel an Lisa!“ sagte Soeya und reichte Cönyi auch einen Schlag der merkwürdigen Speisen. „Dir schadet es auch nicht…“ In dem Moment klingelte es an der Tür. „Die geht doch gar nicht!“ erinnerte sich Lisa noch, dann ging Soeya zur Tür. „So förmlich heute?“ fragte er. „Ja, isch habe gesehen dass ihrr seid nischt allein heute“ sagte eine Stimme mit einem seltsamen Akzent. Lisa war sicher, diese Stimme irgendwo schon einmal gehört zu haben. „Ja, Cönyi hat Besuch mitgebracht“ erzählte Soeya dem soeben Angekommenen. „Lisa, eine Schulfreundin.“ „Sie ist ein großer – äh, nein, ihre Schwester war das, oder? Die ist ein großer a-ha Fan!“ meinte Okay grinsend. „Ja, Lena. Die steht total auf…“ und dann fiel Lisa die Klappe aber so was von runter! „Das gibt’s doch jetzt nicht! Ist er das wirklich?“ „Hallo Lisa“ sagte der junge Mann der ihr sehr bekannt vorkam. „Isch bin Morten!“ Lisa guckte Cönyi an, aber der meinte nur „Ich hab’s dir doch gesagt!“ Nun hat man im Alter von knapp zehn Jahren ja schon noch seine Kindheitsphantasien, aber dass ein Star wie der Sänger von a-ha gewöhnlicherweise nicht in Mannheim, und schon gar nicht in der Moltkestraße anzutreffen ist, das wusste Lisa schon! Sie war so perplex, dass sie kein einziges Wort mehr heraus bekam. Es war auch gerade ein bisschen viel… erst das fliegende Matchboxauto, dann das komische Essen und nun auch noch Morten Harket! Einen Tag wie heute hatte sie einfach noch nie erlebt. Aber Morten schien mindestens genau so nett zu sein wie Cönyi und seine Familie, lächelte sie an und ließ ihr Zeit sich zu fangen. Und er hatte übrigens auch Leuchtaugen…! J Ohne es zu wollen war Lisa hin und weg! „Ich… ich dachte Cönyi würde bloß flunkern“ stotterte sie irgendwann. „Mit so was flunkere ich nicht“ sagte der bestimmt. „Wenn ich das gewusst hätte… dass du heute wirklich hier her kommst… dann hätte ich ja Lena Bescheid gesagt, also… meine Schwester, die findet dich nämlich ganz toll!“ sagte Lisa zu Morten. Und zum ersten Mal hatte sie das Gefühl ihre große Schwester verstehen zu können. Denn wenn Morten sie so ansah und so lächelte, dann bekam sie ein ganz komisches und kribbeliges Gefühl. Der hatte etwas, etwas, das man in Lisas Alter natürlich noch nicht so richtig verstand. Sie konnte nicht in Worte fassen was sie gerade dachte, aber das machte nichts, denn Morten verstand es auch so… während Soeya und Okay sich zufrieden zunickten. Sie hatte es ja gewusst! J Cönyi fragte Morten, ob er ihm die zweite Strophe von The sun always shines on TV beibringen könne, denn: „mein Lehrer, der hat vielleicht geguckt!“ „Natürlisch, wenn du möschtest“ sagte Morten. „Aber erst isch habe etwas su besprechen mit deinem Vater und deinem Bruder:“ „Wie immer!“ Cönyi grinste. „Komm Lisa, wir spielen noch ein bisschen mit Touchy!“ „Er hat das Auto so genannt!“ erklärte Okay. „Ah, nach unsere neue Song“ freute Morten sich. „Das ist ein Lied von a-ha? Tatschi?“ Jetzt verstand Lisa! „Es wird eines werden“ erklärte Morten. „Wirr haben erst eine Demoaufnahme gemacht davon!“ „Ha, jetzt weiß ich schon was das Lena garantiert noch nicht weiß!“ freute Lisa sich. Dann ging sie mit Cönyi auf sein Zimmer. Mutter Unni sah den beiden hinterher und konnte zu 100% nachvollziehen, wie Lisa sich jetzt fühlen musste! Ihr selbst war es damals nicht anders gegangen, und bis heute wunderte sie sich zuweilen über ihren Mann, ihren ältesten Sohn und ihre a-has… wie auch immer, sie selbst hatte es ja so gewollt. Sie kochte einen Kaffee für die Männer und einen Kakao für die Kinder und wusste, dass sie es nie mehr anders haben wollte! Vielleicht würde sie eines Tages doch auch einer sein. Man wusste nie, aber momentan konnte sie sich trotz aller Sympathie für die „da drüben“ diesen großen Schritt nicht wirklich vorstellen. Eine Weile später brachte Morten Cönyi wirklich wieder ein Stück des Liedes bei, von Lisa fasziniert beobachtet, und der hatte den englischen Text unheimlich schnell drauf. Und obwohl er selbst es offensichtlich nicht merkte, bekam Cönyi dabei wieder Leuchtaugen! „Wieso habt ihr die?“ fragte Lisa irgendwann als die Neugierde zu groß wurde. „Das hab ich sonst noch nirgends gesehen. Du hast es nur manchmal, Cönyi, dein Bruder auch, aber deine Mama nicht! Dafür aber dein Vater, und ja, Morten hat sie auch. Ich find das unheimlich…“ Soeya und Morten tauschten einen Blick aus. „Können wir etwas davon sagen?“ „Ja, sie ist reinen Herzens. Sie wird irgendwann bereit für die ganze Wahrheit sein, aber jetzt erst einmal nur ein wenig…“ Diejenige aber, die es in passende Worte bringen kann, ist Unni. „Weißt du, Lisa, mein Mann und Okay haben etwas, das Morten auch hat, das sie von ihm bekommen haben. Das sollen aber nicht so viele Leute wissen. Deshalb wohnen wir auch hier.“ „Also stimmt doch was nicht mit euch, ich hab’s ja gewusst!“ sagte Lisa. „Es ist nichts, vor dem du Angst haben musst“ sagte Soeya. „Wir sind nur keine ganz normalen Leute. Oder besser: Nicht mehr. Wir wohnen eigentlich viel weiter weg…“ „Meine Mama ist ganz normal. Und ich eigentlich auch“ meinte Cönyi. „Naja, seit du mir das mit den Augen gesagt hast weiß ich es nicht mehr genau.“ „Seid… ihr Außerirdische?“ fragte Lisa. Komischerweise hatte sie gar keine Angst, war nur unheimlich neugierig! Da nickten die Jungs. „Wirr sind a-has“ erklärte Morten. „Aber du darfst es nischt ersählen su anderen. Auch nicht deine Schwester, sonst wir können nischt hierbleiben.“ Lisa nickte. „Versprochen, ich sage keinem was! Wow, ich hab mir… euch… immer ganz anders vorgestellt. Eher grün und mit Antennen auf dem Kopf und so.“ Da lachten alle, und das Eis war gebrochen. „Jetzt weiß ich auch, wieso dein kleines Auto… Tatschi… wieso der fliegen kann. Könnt ihr zaubern oder sowas?“ „Papa schon“ meinte Cönyi. „Aber Okay nur ein bisschen, der würde gerne, ha ha ha!“ „Warte nur, bis ich soweit bin!“ funkelte Okay seinen kleinen Bruder an. „Dann verwandele ich dich in…“ „Mich verwandelt ihr aber nicht, oder?“ meinte Lisa schnell. „Das machen wir nicht“ beruhigte Soeya sie. „Wir verwandeln niemanden gegen seinen Willen. Nicht mal meinen frechen Jüngsten hier!“ „Wirr tun nischts Böses, du brauchst keine Angst su haben. A-has sind nischt böse“ erklärte Morten. „Ich glaub euch“ sagte Lisa. Dann wollte sie wissen woher die a-has denn kommen, und Morten erzählte ihr ein bisschen von Perfect Home und der 12. Dimension. Eigentlich hatte er nicht so viel verraten wollen, aber die Kleine hier gefiel ihm. Und er sah auch, dass sie es nicht einfach hatte in ihrem jungen Leben, da konnte ihr ein wenig heicher Zauber nur guttun… jedenfalls, so ein Nachmittag und Abend geht unheimlich schnell rum wenn man so viel Neues und Spannendes erfährt, und irgendwann fragte Unni Lisa, ob sie nicht langsam nach Hause müsse! „Oh ja, Mist, ist ja schon nach acht Uhr! Da krieg ich sicher Ärger zu Hause!“ Aber Morten meinte: „Acht Uhr? Oh nein, es ist doch erst kurs nach sechs Uhr, sehe isch das nischt richtig?“ Tatsächlich. Lisa sah nochmals zur Uhr und es war gerade mal zehn nach sechs (bzw. eigentlich zwölf nach! J) „Ich dachte es wäre später… komisch… muss mich verguckt haben!“ „Wahrscheinlisch“ sagte Morten, aber seine Augen blitzten wieder auf. Ob das wohl gezaubert war? „Darf ich meiner Schwester denn erzählen, dass ich dich getroffen habe?“ wollte Lisa wissen, und dagegen hatte Morten nichts einzuwenden. „Warte, ich mache ein Bild von euch, das kannst du ihr dann zeigen“ meinte Soeya, und so geschah’s. Lisa wurde noch einmal ganz schön heich, und vom heutigen Tag an was nicht mehr so ganz sicher, wer in ihrer Familie denn nun der größere Fan sein würde…! Lena würde Augen machen! Soeya gab ihr noch das Bild (es war so ein Sofortbild was er gemacht hatte) und dann verabschiedeten sich alle. „Darf ich denn mal wieder herkommen?“ fragte Lisa. „Natürlich, so oft du magst! Wir freuen uns dass Cönyi eine Freundin gefunden hat“ sagte Unni warmherzig. Und Lisa hatte wieder dieses ganz komische, aber ganz schöne Gefühl. Soeya bestand darauf, sie nach Hause zu bringen, denn: „normalerweise kann dir in einer Gegend, in der es a-has gibt, nichts passieren, Lisa. Aber ein Mädchen in deinem Alter sollte trotzdem abends nicht mehr allein in der Stadt unterwegs sein!“ „Wir sehen uns morgen in der Schule!“ rief Cönyi, und dann gingen Lisa die Treppe hinunter, noch ganz überwältigt von allem was sie heute gesehen und gehört hatte. Cönyis Vater fuhr sie nach Hause, er hatte ein blaues Auto. „Das sieht ja fast aus wie Tatschi“ fand Lisa. „Wirklich, findest du?“ sagte Soeya und zwinkerte. Diese Familie war echt der Hammer! J Man kann sich denken, was an diesem Abend bei den Buchners los war! Zwar kam Lisa wirklich noch überpünktlich zum Abendessen, aber natürlich hatte Lena gesehen, dass sie aus einem fremden Auto gestiegen war und alles den Eltern erzählt, und die wollten wissen, „mit welchen fremden Leuten sie sich denn rumtreiben würde“! „Das war der Vater von meinem besten Freund Cönyi“ sagte Lisa. „Der hat mich nur nach Hause gefahren.“ „Der aus der Moltkestraße?“ zischte Lena wie immer, wenn sie provozieren wollte. Aber diesmal ließ Lisa sich nicht darauf ein. „Ja, da wohnt er“ sagte sie nur. „Na und?“ „Kind! Da hat Lena aber Recht“ sagte die Mutter. „Das ist kein Umgang für dich. Diese Gegend ist gefährlich, da wohnen nur…Hubert! Jetzt sag doch auch mal was!“ Sie blickte hilfesuchend zu ihrem Mann, aber der brummte nur. „Vielleicht lassen wir die Kinder wirklich zu oft allein. Wir haben ja gar keine Ahnung mehr, mit wem sie sich so abgeben… Lena mit ihren vielen dubiosen Freunden, und jetzt verschlägt es Lisa noch in diese Straße…Kinder, Kinder…“ Die Mutter machte zum ersten Mal seit langer Zeit ein wirklich besorgtes Gesicht, aber Lisa rief nur: „Was denn? Das ist alles nur gelogen! Cönyi ist mein Freund, und die Leute da sind alle ganz lieb. Und nun ratet mal, mit wem sie befreundet sind!“ Lisa nahm das besagte Foto und legte es auf den Tisch. Der Vater sah es an und brummte nur wieder (so viel Ahnung hatte er von seinen Kindern!), die Mutter wollte auch wissen: „Wer ist das denn? Ich habe das Gesicht irgendwo schon einmal gesehen…“ aber Lena, die quietschte schrill und wurde dann kalkweiß. „Wo… hast du denn…“ „Ich sag doch, er ist ein Freund von Cönyis Familie! Nun glaub’s mir endlich!“ Von dem Moment an war nichts mehr wie es vorher gewesen war. Lena war zuckersüß zu ihrer kleinen Schwester, und auch zu deren bestem Freund wenn er denn mal bei den Buchners war. Natürlich mit einem „kleinen“ Hintergedanken: „Meinst du denn, du könntest mir mal ein Autogramm von Morten mitbringen, wenn er wieder einmal bei euch ist? Oder dass ich ihm vielleicht, irgendwann, mal hallo sagen kann?“ „Vielleicht…“ sagte Lisa dann immer geheimnisvoll. Nachdem die Buchner-Eltern gemerkt hatten, dass genau der Typ, von dem ihre ältere Tochter das ganze Zimmer voll Poster hängen hatte, dort mit ihrer Jüngeren auf einem Foto abgelichtet war, hatte Lisa auch die offizielle Erlaubnis, Cönyi und seine Familie so oft zu besuchen wie sie wollte. Denn: „Wenn eine solche Berühmtheit dort ein und aus geht, dann kann die Gegend so schlecht nicht sein!“ Und tatsächlich legte sich der Zauber der a-has irgendwann auch ein wenig über das Haus der Buchners, auch wenn Lisa ihr Versprechen hielt und niemals etwas verriet von dem, was sie nun wusste. Und am allerliebsten spielte sie sowieso mit Cönyi oder war bei seiner Familie, die ihr langsam immer mehr zur Ersatzfamilie wurde. Da sie um das Geheimnis der a-has wusste, hatte Papa Soeya keine Bedenken, Lisa auch mitzunehmen wenn er mit seiner Familie mal sehr schnell J irgendwohin verschwand wo es schön war, sei es ans Meer oder in die Berge, und genau so schnell war man ja schließlich auch abends immer wieder zu Hause…! Und immer, wenn Morten einmal wieder auftauchte, hatte Lisa mindestens so ein schönes Gefühl deswegen, wie ihre große Schwester. Aber das war ihr kleines Geheimnis. J Natürlich bekam Lena irgendwann auch ihr Autogramm von Morten, mit Widmung sogar, sie wollte es auf dem Schulhof herumzeigen und ein bisschen damit vor ihren Freundinnen angeben, aber auf einmal hatte sie gar keine Lust mehr dazu. Stattdessen legte sie es in ihren Nachttisch und bewahrte es wie einen wertvollen Schatz auf. Ohne es zu wissen war auch sie ein bisschen heich geworden… und kurz vor den Weihnachtsferien passierte noch etwas ganz Seltsames: Ausgerechnet Murat holte im Sachunterricht eine Landkarte aus der Schultasche, ging damit nach vorne und sagte zu seinen verblüfften Mitschülern und der noch verblüffteren Frau Horn: „Ich weiß jetzt wo Dervoroucha ist!“ Und tatsächlich, auf der Karte war es eindeutig drauf. Selbst die anderen Städte, von denen Cönyi erzählt hatte, Karasheim und Iliwisheim, waren verzeichnet. „Na also“ sagte die Lehrerin. „Ich möchte jetzt nie wieder hören, dass es Dervoroucha nicht gibt, und auch die Worte Monster oder Hexe will ich in meinem Unterricht nicht mehr hören!“ Aber Alexandra und Silke hatten ohnehin daran lange die Lust verloren. Selbst Nader machte es seit einiger Zeit keinen Spaß mehr, Cönyi und Lisa zu ärgern, seit Murat nicht mehr mitmachte… und warum? Den Grund dafür erfuhr Cönyi in der Pause: „Weil du nichts erzählt hast dass du mich gesehen hast“ sagte Murat. „Und weil mein Vater bei deinem Vater im Laden arbeiten kann.“ Die Zeit verflog, aus Winter wurde Frühjahr und aus Frühjahr Sommer. Cönyi und Lisa waren die dicksten Freunde und hatten jetzt auch keine Probleme mehr in ihrer Klasse. Die meisten akzeptierten sie, und die anderen ließen sie zumindest in Ruhe. Cönyi musste „die Monsteraugen“ nicht mehr einsetzen, denn es bestand kein Grund mehr dazu… seit Murats Vater in einem der OKAY-Märkte arbeitete, hatte seine Familie wieder etwas mehr Geld und seither war auch Murat wie ausgewechselt. Richtig nett konnte er sein. Überhaupt war auf einmal alles anders, alles gut. „Das machen die a-has“ wusste Lisa. Aber dann sollte ein schwerer Moment kommen. Wie aus heiterem Himmel sagte Cönyi nämlich: „Wir ziehen in den Sommerferien wieder um.“ Lisa war wie vom Blitz getroffen. „Was?! Ihr geht weg? Wieso denn?“ fragte sie und spürte, dass ihr Tränen in die Augen schossen. „Papa und Okay meinen, dass es mittlerweile schon zu viele Leute wissen würden, und Morten findet dass das nicht gut ist.“ „Wieso denn? Wieso sagt er das? Es ist doch gerade alles so…“ weiter kam sie nicht, denn jetzt weinte Lisa wirklich. Cönyi wusste gar nicht wie er sie trösten sollte. „Es ist wegen mir oder?“ schluchzte Lisa. „Weil ich es weiß!“ „Nein, nicht wegen dir“ sagte Cönyi, aber Lisa glaubte ihm nicht. Wahrscheinlich war sie eine Gefahr geworden, weil sie so oft bei Familie Lebuounohacies gewesen war. Ein Kinderherz kann sehr schmerzen, wenn es weiß, dass es nicht nur seinen besten Freund und seine Ersatzfamilie verlieren wird, sondern auch noch von dem enttäuscht wurde, in den es (höchstwahrscheinlich!) zum ersten Mal im Leben ein bisschen verliebt gewesen ist… selbst Lena bekam an diesem Abend keinen ihrer üblichen Sprüche zustande. So geknickt hatte sie ihre Schwester auch noch nie gesehen. „Tu den weg!“ rief Lisa nur tränenerstickt und riss eins der übergroßen Morten-Poster von Lenas Tür. In den nächsten Tagen fing sie sich zwar wieder etwas, und Cönyi hatte ihr versprochen „ich schreib dir auf jeden Fall. Immer!“ aber der nahende Abschied hing wie ein Damoklesschwert über der Freundschaft der beiden. Vor allem auch, weil Cönyi nicht genau sagen konnte, wann seine Familie denn nun wegziehen wollte. „Irgendwann in den Sommerferien“ sagte er. „Bei uns geht das immer ganz schnell. Wir brauchen keine Möbelautos und so…“ er versuchte zu lächeln, aber er wusste schon, dass Lisa die Zauberkünste seiner Familie in diesem Moment wohl eher verfluchte! Die Zeugnisse fielen gut aus. Cönyi war ohnehin ein guter Schüler, und Lisa hatte sich auch in sämtliche Fächern verbessert. Beide würde die Versetzung in die vierte Klasse problemlos schaffen. Nur eben leider nicht mehr an der gleichen Schule. „Cönyi wird uns ja leider nach den Ferien schon wieder verlassen“ wusste Frau Horn. „Und ihr wollt wirklich schon wieder wegziehen? Wohin denn eigentlich?“ „Ich weiß es noch nicht“ sagte Cönyi ehrlich. „Zurück nach Dervoroucha?“ fragte Murat. „Das ist ja dann nicht so weit…“ Da schüttelte Cönyi den Kopf und lächelte. „Nee, ich glaub nicht… aber ich sag’s dir sobald ich es weiß.“ Lisa sagte während der ganzen letzten Schulstunde kein einziges Wort. Verbissen starrte sie das vor ihr liegende Zeugnis an ohne es wirklich zu sehen. Wenn jetzt auch nur einer etwas Falsches sagen würde, das wusste sie, dann würde sie es sein, die demjenigen ein Lineal oder Schlimmeres an den Kopf werfen würde!... „Kommst du denn wenigstens zu meinem Geburtstag?“ fragte Cönyi leise. Lisa sagte weiter nichts, nickte aber leicht. Cönyis Geburtstag war am 12. Juli. Neun Jahre. Die ganze Wohnung war mit bunten Luftballons und Girlanden geschmückt, und eine Menge Kinder tobten herum, einige von ihnen kannten Cönyi wahrscheinlich gar nicht oder nur flüchtig, aber das machte nichts, denn wie Papa Soeya sagte: „So ist es bei uns a-has: wenn wir feiern, dann soll auch jeder willkommen sein!“ Was würde Lisa wohl in Zukunft tun? Würde sie sich einreden, dass sie in Wahrheit nie etwas davon gehört hatte, dass alles nur ein Traum gewesen war? Sie hatte Cönyi ein Freundschaftsarmband geschenkt, nicht so eins aus dem Kaugummiautomaten, nein eins, dass sie richtig im Laden gekauft hatte und für das sie einiges von ihrem Taschengeld gespart hatte. Es gab jede Menge Kuchen und Süßigkeiten aus dieser und der anderen Welt, Pommes, Würstchen, Pizza und alles, was Kinder in dem Alter eben gern essen. „Cönyis Vater hat einen Supermarkt!“ erklärte Murat. „Da kommen die ganzen Sachen her!“ Und er war nicht allein gekommen, sondern hatte seine ganzen Geschwister mitgebracht, sieben an der Zahl! Lisa konnte nichts essen, sie bekam nichts runter. Sie saß nur da und versuchte sich alles einzuprägen, so als hätte sie Angst davor alles in kürzester Zeit vergessen zu haben. Soeya merkte das wohl. Er setzte sich neben sie und sagte leise. „Denk nicht immer daran, Lisa. Jetzt sind wir hier, und was du jetzt hast und erlebst, das kann dir niemals jemand wegnehmen! Cönyi ist auch ganz traurig wenn du so traurig bist. Komm, geh zu den anderen und spiel mit!“ Das versuchte Lisa, und irgendwann gelang es ihr auch. Wieder einmal hatte der Zauber, mit dem diese Familie gesegnet war, die Traurigkeit besiegt, naja so ziemlich zumindest. Denn auch wenn sie versuchte Spaß zu haben und nicht mehr daran zu denken, irgendwo im Hinterkopf wusste Lisa genau, dass das hier heute das letzte Mal sein würde. Später wurden Spiele gemacht, und Okay erwies sich als jemand, der die ganze Meute durchaus unter Kontrolle haben konnte. Er hatte eine Menge Ideen, gab einen guten Discjockey ab und außerdem fuhren ohnehin nahezu alle kleinen Mädchen auf Cönyis großen Bruder ab, das war Lisa früher schon aufgefallen. Als es Abend wurde und sich die „Bude“ langsam etwas leerte holte Cönyi seine Autos raus und ließ „Touchy“ und die anderen ein bisschen im Zimmer herumfliegen. „Ferngesteuert“ log er ohne rot zu werden, „gab es mal bei Papa im Laden!“ Lisa streckte die Hand aus, und das kleine blaue Auto landete wie ein Vögelchen darauf. „Tschüss Tatschi“ sagte sie leise. „Vielleicht siehst du ja mal irgendwann meine Trudi wenn du mal draußen herumfliegen darfst…“ aber schon kamen Murat und die anderen Jungs, und jeder wollte das fliegende Auto mal haben! Da nahmen Unni, Soeya, Cönyi und Okay Lisa zur Seite: „Wir haben auch noch etwas für dich. Damit du dich immer an uns erinnerst!“ Sie bekam einen kleinen Karton mit einer gelben Schleife, der wieder ein bisschen komisch roch (selbst den Geruch würde sie vermissen!), und als Lisa den Deckel öffnete flog ihr etwas entgegen. Ein Autochen genau so munter wie Touchy, nur rot. Und irgendwie sah es aus wie… „Trudi?“ flüsterte Lisa. „Wo habt ihr sie gefunden?“ „Sie hat dich wiedergefunden!“ lächelte Soeya. „Da siehst du, dass du nichts, das du lieb hast, wirklich verlieren kannst.“ „Aber wo war sie dann die ganze Zeit?“ „Also, die letzte Zeit war sie ein bisschen bei uns, auf Perfect Home“ sagte Soeya. „Es hat ihr dort gefallen, aber wir konnten sie davon überzeugen dass sie dir fehlt und dass du sie noch brauchst.“ „Dass sie fliegen kann“ meinte Cönyi, „das waren eigentlich nicht wir, sondern…“ „Isch habe gehört dass hier ein Geburstag gefeiert wird?“ sagte da diese besondere Stimme. Bei Lisa zog sich etwas zusammen. Sie hatte wirklich gehofft, dass der heute nicht kommen würde! Wie immer. Kaum dass Morten irgendwo auftauchte gab es ein großes Hallo, die Mädchen schmachteten ihn an und selbst einige Mütter, die gekommen waren um ihre Kinder abzuholen und vielleicht im Gespräch mit anderen noch „hängen geblieben“ waren bekamen glasige Augen. „Das ist doch der Sänger von a-ha“ tuschelte es allerorten. Aber der Grund warum Lisa das auf einmal nervte und ärgerte war keine Eifersucht. Sie war einfach verletzt. Er war schuld. Er hatte gesagt, dass dies alles hier gefährlich sei, obwohl er sonst immer so getan hatte als gäbe es nichts Besseres. Er wollte ihr Cönyi wegnehmen. Und das Gefühl, das sie zwar nicht benennen konnte, das ihr aber so viel bedeutete: ein Gefühl von Geborgenheit, das sie hier immer gehabt hatte, im Gegensatz zu daheim. Er machte alles kaputt, er und seine doofen a-has! Und jetzt war es ja wohl auch klar, wer ihr Trudi hatte wegnehmen wollen! „Du kannst sie behalten!“ rief Lisa und warf Morten den Karton vor die Füße. „Ich will sie nicht mehr! Ich will das alles nicht mehr!“ Und ehe irgendjemand etwas sagen konnte rannte sie durch den Flur und die Treppen hinunter. Nur weg hier! Und draußen vor dem Haus erblickte Lisa durch ihre Tränen etwas, das sie hier auch noch nicht gesehen hatte: das Auto ihres Vaters. Papa wollte sie also abholen kommen, was in all der Zeit noch nie vorgekommen war. Vielleicht war er auch einfach nur neugierig gewesen, oder er hatte es eben doch geahnt. Jedenfalls lud Herr Buchner seine aufgelöste Tochter ins Auto und nahm sie, wahrscheinlich zum allerersten Mal seit langer Zeit, in den Arm. Schwester Lena saß auf dem Rücksitz. „War Morten eigentlich auch…“ begann sie, aber Herr Buchner rief ermahnend „Lena!!“ und sah sie streng an. „Fahren wir nach Hause“ sagte er dann leise zu Lisa. „Morgen ist ein neuer Tag, da sieht die Welt schon wieder anders aus.“ Und Lisas Vater sollte Recht behalten. Am nächsten Tag war wirklich alles ganz anders. Nachdem Lisa sich noch die halbe Nacht in den Schlaf geweint und beim Frühstück Lena versichert hatte, dass Morten „ein riesengroßer Blödmann“ sei von dem sie nie wieder etwas hören wolle, da war auch diese etwas bedröppelt. „Vielleicht hänge ich mal wieder etwas anderes in meinem Zimmer auf“ meinte sie irgendwann. Immerhin gab es, ebenfalls zum ersten Mal nach langer Zeit, wieder ein Familienfrühstück bei den Buchners. Als sie erzählt hatte, was gestern passiert war (natürlich ohne „gewisse Details“ zu erwähnen!) fanden die Eltern, dass Lisa sich zumindest noch bei Cönyi entschuldigen und sich „ordentlich“ von ihm verabschieden solle. „Ihr habt ja Recht“ sah sie ein. „Ich geh nachher zu ihm und sage es tut mir leid.“ Herr Buchner wollte sie wieder mit dem Auto hinfahren, aber Lisa wollte lieber laufen. „Jetzt ist es ja hell. Keine Angst Papa, mir passiert schon nichts!“ Und dann lief sie los, aber mit einem sehr komischen, beklemmenden Gefühl im Bauch. Sie hatte eine böse Vorahnung, und richtig… als sie in die Moltkestraße einbog und am Haus Nummer 12 hinauf sah waren da keine Gardinen mehr in den Fenstern. Keine Blumen standen auf der Fensterbank, und auf dem Klingelschild stand kein Name. Die Klingel funktionierte sogar wieder, Lisa hörte es läuten, aber niemand reagierte. Da stellte sie sich vor das Haus und pfiff auf zwei Fingern, so wie Cönyi das immer getan hatte. Es war das erste Mal dass ihr das gelang, aber es nützte nichts. Da oben war niemand mehr. Lisa setzte sich auf die kleine Stufe vor dem Hauseingang und spürte schon wieder die Tränen empor steigen, als Murat vorbei lief. Er sah Lisa dort sitzen und rief ihr, ungewohnt mitfühlend, zu: „Die sind weg. Lisa. Ich glaube, sie sind letzte Nacht noch weggezogen!“ Da liefen die Tränen, und Lisa bereute was sie gestern Abend getan hatte, aber was nützte das? Cönyi war weg. Es war zu spät. Als Lisa geknickt davon schlich, sah sie in der Ferne einen Laden, über dem der Schriftzug „OKAY“ prangte. Das war also der Supermarkt von Cönyis Vater gewesen. Sie schwor sich, dass sie dort nie, nie, niemals hinein gehen würde. Sie würde auch nie mehr in diese Straße kommen, und im nächsten Schuljahr würde sie sich ganz woanders hinsetzen, vielleicht sogar nach vorne zu den Streberkindern. Sie würde nie wieder Musik von a-ha hören, und vielleicht würde sie es auch schaffen Lena zu überreden ihre Poster abzuhängen, jetzt wo sie wusste, was Morten in Wahrheit für einer war! Lisas kleine, heile Welt war zusammengebrochen. Sie würde nie mehr wieder an Zauberei glauben und jedem einen Vogel zeigen, der ihr etwas in der Art würde erzählen wollen. Sie würde ihre Eltern fragen, ob die beiden nicht wenigstens einen Tag in der Woche mal abends zuhause bleiben und mit ihr und Lena Karten oder Mensch ärgere dich nicht spielen könnten, so wie früher. Sie würde Cönyi und seine Familie, Morten und die a-has einfach vergessen. Ach verflixt, eigentlich wusste sie genau dass sie das nie würde tun können! L Und wie zum Beweis stand als sie nach Hause und in ihr Zimmer kam mitten auf ihrem Schreibtisch der kleine Karton mit der gelben Schleife, und natürlich wussten die Eltern und Lena nicht, wer den dorthin gestellt hatte… Lisa machte den Deckel auf und erblickte „Trudi“, die ihr mit den Lämpchen zublinkte. Ein Zettel lag dabei, auf dem stand:
„Liebe Lisa, vergiss nie: was Du wirklich lieb hast, das kannst Du nicht verlieren.
Dein Cönyi mit Mama Unni und den a-has“
„Vielleicht später, Trudi“ sagte sie leise, und sie strich zart mit dem Finger über das rote Autochen. Dann machte sie den Deckel wieder zu und stellte den Karton ins Regal.
-ENDE-
Juli-September 2011
(oder nein, eigentlich nicht Ende! Es wird weitergehen, ich arbeite an einer Fortsetzung!)
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Hallo Ellen,
ich habe leider gerade erst Deine tolle Geschichte zu der a-ha Figur gelesen und ich hab mich köstlich amüsiert.
Schade, dass ich es erst jetzt gefunden habe. Du hast ein tolles Talent Geschichten zu erzählen!!!!
Vielen Dank dafür -
würd ich sofort kaufen -
Ellen,
hab mir Deine Geschichte ausgedruckt und als Bahnlektüre die letzten 2 Tage zur/von Arbeit gelesen. Wirklich sehr niedlich.:-P Danke für den netten Zeitvertreib und mehr davon bitte. Ich hätte auch gerne so ein "Touchy". Gerade in Berlin macht es sich besonders gut wegen der Parktplatzsituation.
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Danke! Ich werd rot
Hm es gibt ein Buch, aber das kann ich wohl kaum veröffentlichen. Aber einige Auszüge der Story wieder mal ins Netz stellen das vielleicht!
Übrigens, "Okay" gibt's wirklich. Ich weiß nicht wie er heißt, aber es war (natürlich) in Norge und der einzige Typ der mich außer MH mal so richtig umgehauen hat... ist ne Weile her... ich war damals zu schüchtern, zu wenig schön und zu kurz dort.
Immerhin hat "er" meiner kreativen Seite auf die Sprünge geholfen!
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So wo ich gerade wieder hier bin, das fehlt hier noch!
Das Stück das jetzt kommt ist eigentlich von Januar / Februar 2005, das war die Zeit als ich ziemlich "angefixt" von den Demos auf der CD die es zum ersten "swing of things" Buch gab war . Ich hab es aber ein bisschen modernisiert (u.a. weil ich hier zum ersten Mal auch selbst mitspiele). Aber hauptsächlich geht es um die Fortsetzung der Sache mit Alina. Magnes junges Selbst aus dem Jahr 1985 bekommt raus, dass er plötzlich eine Möglichkeit hat in die Zukunft zu gelangen und ist leider sehr neugierig... außerdem erfährt Paul, dass sein Bandkollege Morten offenbar magische Kräfte hat. Ob das wohl gutgeht?
Ein bisschen gebe ich auch meine damaligen Probleme im Forum wieder...Geister der Vergangenheit
(geschrieben Anfang 2005)
Drehen wir die Zeitschraube zurück (quietsch, ächz ) und zwar um ganze 20 Jahre, ins Jahr 1985. Damals gab es einen kleinen Ort in England namens Sydenham, ein Vorort von London, und dort gab es eine schmutzige Straße namens Dartmouth Road, in der in einer kleinen Einzimmerwohnung auf einem verwilderten und mit Schrott zugestellten Grundstück drei junge Männer hausten, die uns heute als die Band a-ha wohlbekannt sind. Die Jungs arbeiteten gerade an ihrem ersten Album Hunting high and low. Das Tonstudio lag etwa 20 Minuten entfernt, und aus Kostengründen arbeiteten a-ha immer in der Nacht. Aber seit einiger Zeit war Mags, der Jüngste des Trios, nicht mehr so recht bei der Sache. Kollege und Bandchef Paul musste ihn des Öfteren rügen, obwohl er genau wusste, was der Grund dafür war… vor einiger Zeit nämlich hatten a-ha Besuch bekommen, einen sehr seltsamen Besuch. Eine junge Frau war an einem Abend im Dezember – genauer: am 12. – bei ihnen „gestrandet“ gewesen, die offenbar aus Deutschland gekommen war und nicht mehr genau gewusst hatte, wie sie überhaupt hierher gekommen war. Alina, so hieß das Mädel, war der Geldbeutel geklaut worden und sie hatte sich noch dazu den Schädel bös an einer Straßenlampe angerannt, so dass Paul und Mags nichts anderes übrig geblieben war, als sie mitzunehmen nach Hause und später ins Studio, denn sonst wäre ihr in dieser Gegend sicher noch mehr zugestoßen!.. Aber was das Besondere an Alina gewesen war, war die Tatsache, dass sie offenbar schon von der Band a-ha gehört hatte und behauptet hatte, aus dem Jahr 2004 gekommen zu sein! Sie hatte sogar eine Armbanduhr gehabt, die vom Stempel her in 2003 hergestellt worden war. Sie hatte einige von Pauls Texten gekannt, die er außer Morten, Mags und seiner Freundin Lauren sonst noch nie jemandem gezeigt hatte. Und sie war auf eine doch sehr mysteriöse Weise wieder verschwunden. Paul selbst war sich auch nicht sicher, ob an der Geschichte etwas dran war, und Mags, der zunächst total skeptisch gewesen war, war seit Alinas Verschwinden sicher, dass es wahr sein musste und wollte so gern mehr über die Zukunft wissen!
„Hätte ich sie doch nur mehr gefragt!“ ärgerte er sich nun schon zum 156. Mal. „Hätte ich doch bloß – dann wüssten wir jetzt, ob wir es schaffen und berühmt werden. Mist, Mistmistmist!“ „Du nervst langsam“ meinte Paul. „Erstens, wir wissen ja gar nicht, ob die Sache wahr ist. Was, wenn sie nur einfach abgehauen und wieder nach Deutschland gefahren ist, oder sonst wohin?“ „Na klar, innerhalb von ein paar Minuten und ohne irgend-etwas zu sagen. Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Und was ist mit dieser komischen Flasche, die Morten gehört hat? Die war auf jeden Fall leer nachdem Alina weg war. Ich hab’s genau gesehen!“ „Erinnere ihn bitte nicht daran“ sagte Paul. „Ich bin froh, dass er den ganzen Zinnober nicht mitbekommen hat. Gerade geht’s mal, gerade kümmert er sich mal um seine Arbeit und nicht um irgendwelchen übersinnlichen Quatsch. Ich möchte, dass es so bleibt.“ Paul verschränkte die Arme und das hieß bei ihm immer „Basta“. Mags seufzte und ging wieder an die Arbeit. Vergessen hatte er das Thema deswegen natürlich nicht. „Ich würde zu gern wissen, was in der Zukunft so abgeht. Ob ich wohl auch einen CD-Spieler haben werde? Ob ich reich werde? Und ob ich Heidi einmal heirate? Mann, ich muss nachher mal nach dieser Flasche suchen, vielleicht ist ja doch noch was drin. Probieren geht über studieren!.. Von mir aus kann Morten heute gern wieder über Nacht weg bleiben, dann hab ich wenigstens Ruhe.“ Leider erfüllte sich Magnes Wunsch nicht, denn kurz darauf ging die Studiotür auf und der junge Morten Harket (seuuuufzzzz – Anm. d. Red. ) kam herein. Er hatte eine zerrissene Jeans und eine abgewetzte Lederjacke an. Ganz in Gedanken und mit einem Lächeln auf den Lippen „schwebte“ er ins Studio und warf gleich mal einen Mikroständer um. „Aha, da isser“ sagte Paul trocken. „Schön dass du dich auch mal wieder bei der Arbeit blicken lässt.“ „Sorry… ich war mit meinen Gedanken woanders“ entschuldigte Morten sich und hob den Mikroständer wieder auf. „Hab ich gemerkt“ Paul grinste schief. „Was gibt’s neues? Hast du mit Slater gesprochen?“ „Ich, äh…“ „Also nicht. War ja klar, dass ich das wieder machen muss!“ ärgerte sich Paul. „Ich habe…ich war… ähm, ich meine, mir wurde eine wichtige Aufgabe übertragen“ versuchte Morten sich zu rechtfertigen. „Kann noch nicht drüber sprechen… aber uns wird es bald besser gehen, sehr bald. So viel kann ich versprechen, wir sind hier bald weg!“ „He, he, seit wann kocht hier jeder sein eigenes Süppchen?“ wunderte Mags sich. „Ich kann es euch jetzt noch nicht sagen. Aber bald, bald wird sich hier vieles ändern“ sagte Morten. Mags verdrehte die Augen. „Ja, ja, jetzt geht der Hokuspokus wieder los. Mann, Morten, hör doch mal auf damit! Oder bring ihn uns wenigstens auch bei, falls er was nützt.“ „Ich will das gar nicht wissen“ fiel Paul ein, „das einzige was ich will ist, dass hier jetzt endlich mal wieder konzentriert gearbeitet wird! Sonst habe nämlich auch ich Herrn Slater nichts vorzuweisen nächste Woche. Und wir können gleich nach Hause fahren.“ „Okay, machen wir weiter“ nickte Mags. Aber ab und zu schaute er Morten schräg an. Was, wenn er nun doch wieder irgendwelche geheimnisvollen Zaubertränke dabei hatte? „Die Zukunft ruft!“ dachte Mags. „Ich finde schon noch raus, wie das funktioniert!“
Paul dagegen wollte sich nicht mehr mit dem Geschehenen beschäftigen. Er hatte momentan auch andere Probleme. „Never Never oder The sun always shines on TV?“ Welcher Song war besser? Welcher sollte auf die Demokassette, die Terry Slater, der Mann von der Warner Music, der mehr über die Band a-ha wissen wollte, bekommen sollte? Slater war ein ganz dicker Fisch in der Musikbranche. Wenn es Paul gelingen könnte, ihn zu überzeugen, dann hatte die Band eine echte Chance. Mann, wenn die anderen beiden nur endlich kapieren würden, was hier auf dem Spiel stand!.. Dabei war er sicher, die richtigen Leute im Boot zu haben. Mags war ein Multitalent an den Instrumenten. Was er nicht schon beherrschte, hatte er innerhalb von kürzester Zeit drauf, was sogar ihn, Paul, der selbst kein Dummchen war was das anging, oft zum Staunen brachte. Und Morten, der hatte eine begnadete Stimme, die nur ein Geschenk des Himmels sein konnte! Paul machte es Freude, ihm immer wieder neue schwierige Passagen zu schreiben, die er stimmlich umsetzen musste. Erstaunlich was der alles mit seiner Stimme anstellen konnte. Ja, die zwei waren die Richtigen, um seine Songs, die er mit all seinem Herzblut geschrieben hatte, in der Weise umzusetzen, wie es ihm schon immer vorgeschwebt war. Es ging ihm gar nicht so sehr darum, ein Star zu werden, sondern er wollte, dass seine Musik gehört wird! „Wir nehmen beide auf“ sagte er schließlich. „Wenn wir sie direkt gegeneinander hören, dann können wir besser entscheiden!“ Morten und Mags waren einverstanden. An diesem Abend gab besonders Morten, der gerade in der letzten Nacht Herrscher über eine ganze Dimension geworden war, sein Bestes. Man konnte das Heich förmlich in seiner Stimme hören, auch wenn seine Bandkollegen das zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht wussten… und auch, wenn die Entscheidung einige Tage später zugunsten von „The sun always shines on TV“ fiel, so hatte doch besonders sein Vorgänger „Never never“ an Meisten von dem ganzen Zauber abbekommen. Und wie wir wissen gibt es Leute, die das heute noch merken…
Jedenfalls geschah in den nächsten Tagen wirklich einiges bei a-ha. Terry Slater war auf Anhieb von dem Demoband begeistert und versprach, die Jungs zu managen. Da die Plattenbosse offenbar einen Narren an „Take on me“ gefressen hatten, wurde der Song noch einmal neu aufgenommen, dieses Mal in einer poppigeren Variante, und Slater machte Druck für eine zweite Veröffentlichung. Und was noch komischer war, Morten verstand es auf einmal, die wichtigen Leute der Branche für die Band zu interessieren. Leute, die bisher allenfalls müde über die Band aus Norwegen gelächelt hatten, waren auf einmal Feuer und Flamme. Und noch nicht mal die angeknackste Gasleitung in ihrer Wohnung war in Flammen aufgegangen, als a-ha endlich eine neue Unterkunft bekamen. Morten schien die Frauen noch mehr magisch anzuziehen, als sonst ohnehin schon, und manchmal ertappten Paul oder Mags ihn dabei, dass er sehr merkwürdige Telefonate führte… oder von jetzt auf gleich einfach verschwunden war um dann irgendwann genau so plötzlich wieder aufzutauchen. Paul verbot es sich, Morten hinterher zu schnüffeln. Das war nicht seine Art. Er würde schon irgendwann selbst merken, dass ihm viele Leute nicht trauten oder sein Verhalten zumindest komisch fanden. Aber Magne, der wartete nur auf die passende Gelegenheit. Und die kam dann auch. Es war just an dem Abend, bevor die Jungs endlich ihre neue Wohnung im Londoner Westend beziehen konnten. Endlich würde jeder sein eigenes Zimmer haben, vor allem ein eigenes sauberes Bett! Endlich würde es in jedem Raum warm sein und auch Licht geben. Terry Slater hatte dafür gesorgt, dass sie nicht mehr Hunger schieben mussten und dass sie aus dem Rattenloch in der Dartmouth Road raus kamen. Was noch irgendwie zu verwerten war und mitgenommen werden konnte, wanderte in Pappkartons. Und da sah Mags es. Morten hatte doch da eben eine kleine Flasche weggepackt, genau so eine, wie Alina sie benutzt hatte!.. „Ich muss es wissen“ dachte er. „Wenn ich nur Morten für eine Weile weglocken könnte!“ Aber da kam auch schon seine Chance! Paul meinte nämlich, dass es an der Zeit wäre, die angesammelten Müllsäcke im Hof endlich zur Müllhalde zu bringen! Die Jungs hatten das immer nur sporadisch gemacht, da der Weg dorthin doch eine gute halbe Stunde dauerte. Aber Paul bestand darauf. „Und wenn das hier noch so ne Bruchbude ist – wir geben sie nicht schlechter zurück, als wir sie bekommen haben!“ Morten nickte. Kurz überlegte er – einmal kurz in die Hände klatschen nur müsste er, und aller Unrat wäre verschwunden. Aber nein, das konnte er wohl kaum vor Paul und Mags machen. Also sprang er seufzend in die Turnschuhe und ging Paul zur Hand. „Ich bleib hier“ meinte Mags schnell, „ich, äh, repariere in der Zeit den Münzautomat von der Heizung.“ „Gute Idee“ nickte Paul. Dann machten er und Morten sich auf die Socken. Mags sah seine Stunde gekommen. Er wühlte in den Kartons herum, bis er tatsächlich das gut versteckte kleine Fläschchen gefunden hatte. Es fühlte sich warm an und die gelbe Flüssigkeit schien leicht zu leuchten. „Sieht aus wie Pisse“ dachte Mags, „riecht auch nicht gerade super… was hat Alina nur getan, damit es funktioniert?“ Er fummelte den Deckel ab und der Geruch vernebelte das ganze Wohnzimmer. Mags wurde es etwas schwindelig. „Boaah. Na, dass damit etwas nicht stimmt, das ist wohl eindeutig!“ Er versuchte einen klaren Kopf zu behalten und setzte sich auf den Boden. „Na gut. Entweder geh’ ich hopps dabei, oder es klappt. Ich will auch ins Jahr 2005!“ Entschlossen führte er die kleine Flasche zum Mund und trank etwas von der Flüssigkeit. Auf einmal hatte hatte er das Gefühl, den Boden unter sich zu verlieren. Ein warmes, weiches Gefühl stieg in ihm hoch, sein Kopf war wie in Watte gepackt und er fühlte sich, als ob er schweben würde… dann wusste er nichts mehr… als Morten und Paul einige Zeit später zurück kamen, war ihr Freund spurlos verschwunden. „Super!..“ ärgerte sich Paul. „Er wollte doch den Münzkasten reparieren! Und jetzt macht er sich einfach auch dem Staub, t-y-p-i-s-c-h! Na der soll mal wieder kommen, dem werde ich was erzählen!“ Morten aber fand am Boden die offene kleine Flasche und wusste sofort, was los war. „Mist, er hat’s gefunden!“ „Was gefunden?“ Paul sah ihn fragend an. „Ja…das hier!“ Morten deutete auf die Flasche, dann hob er sie vorsichtig auf. „Schon wieder so ein Ding? Ich dachte, das wäre ein für allemal auf dem Müll gelandet!“ Paul sah finster drein. „Meinst du nicht auch, dass es an der Zeit wäre, uns mal zu sagen, was das ist?“ Morten holte tief Luft und nickte. Es war wohl an der Zeit. Während Paul immer bleicher und seine Augen immer größer wurden, klärte Morten ihn über das in der letzten Zeit Geschehene auf.
Langsam, ganz langsam schlägt Mags die Augen auf. Wo ist er nur?.. Was ist das für eine Straße, was sind das für komische Gebäude, die dort stehen? Ja kann das denn wahr sein? Hat diese komische Zeug, das Morten in kleinen Flaschen mit sich herum schleppt, wirklich irgendwelche Zauberkräfte?.. Mags ist noch wackelig auf den Beinen, als er langsam aufsteht. „Offenbar ist Morten ein Zauberer“ sagt er zu sich selbst, „und der Penner hat uns die ganze Zeit nix gesagt! Vielleicht könnten wir schon längst auf Hawaii sein oder Tahiti oder sonst irgendwo, wo’s schön ist…“ Mags geht die Straße runter und wundert sich, warum ihm alles irgendwie bekannt vorkommt. Er geht zu einem der Gebäude und sieht ins Fenster. Ihm klappt die Kinnlade runter, als er in das Büro blickt, das sich hinter dem Fenster verbirgt! So viele Computer hat er noch nie auf einem Haufen gesehen! „Ob ich…? Ich muss es wissen!“ Mags läuft die Straße runter und sucht nach einem Indiz, in welcher Zeit er sich befindet. Dann stößt er auf das Straßenschild „Dartmouth Road“. „Wie? Ich bin immer noch hier? Dann… dann ist es wahr, ich muss in einer anderen Zeit sein!“ Langsam versucht Mags sich zu orientieren. Dann kommt ihm eine Idee. Er kratzt seine letzten Pence zusammen, geht zur U-Bahn und fährt in die City. Am Picadilly Circus steigt er aus. Im ersten Moment sieht alles aus wie sonst, aber als er genauer hinschaut, sieht Mags jede Menge Sachen, die ihm den Atem rauben. Da laufen Leute durch die Gegend, die kleine, schmale Dinger ans Ohr halten und hineinsprechen. Bei genauerem Hinsehen erkennt er, dass diese Leute telefonieren! Tragbare Telefone! So etwas hat Mags erst ein einziges Mal gesehen, und das Ding war mindestens fünf Mal so groß, wie diese Geräte hier, und außerdem musste ein ganzer Koffer an Elektronik mitgeschleppt werden! Endlich findet er eine weggeworfene „Sun“. „Wählen Sie das SUN- Titelgirl 2005“ liest er. „2005? 2005! Ich bin in der Zukunft! Yeah! Es hat geklappt!“ freut er sich laut und achtet nicht auf ein paar vorübergehende Passanten, die ihm den „Scheibenwischer“ zeigen. Mags reißt die Titelseite ab, faltet sie hektisch zusammen und steckt sie in seine Hosentasche. Staunend geht er weiter, bis ihn eine Göre mit grünen Haaren anquatscht: „Haste mal’n Pfund?“ „Sorry“ Mags schüttelt den Kopf. „Hab gerade mein letztes Geld in der U-Bahn gelassen. Aber sag mal, weißt du was das für Leute sind, mit diesen kleinen Telefonen?“ „Die Spießer mit ihren Handys? Das sind irgendwelche reichen Schnösel die zuviel Kohle haben“ quäkt das Mädel, Mags schätzt sie höchstens auf siebzehn. „Nee im Ernst, ich hatte auch mal eins. Aber meine Alten haben’s mir abgenommen. Schon cool, besonders das neue Nokia!“ „Und wo kauft man sich so ein Teil?“ will Mags wissen. „Bist wohl nich’ von hier was? Na da drüben im Handyladen!“ Das Mädchen deutet auf die andere Straßenseite. „Und, ist das sehr teuer?“ „Nööö, wenn du einen Vertrag machst, kriegst du die sogar umsonst!“ „Danke! Werde ich mal probieren!“ freut sich Mags. Und bekommt nicht mit, dass eine der anderen Punkermädchen, die noch an dem Platz rumhängen, zu der, mit der er eben gesprochen hat, sagt: „Weißt du, an wen der Typ eben mich erinnert hat? An einen der Typen von a-ha. Mensch, weißte nicht mehr? Diese Schnulzenband, die meine Schwester früher rauf und runter gedudelt hat!“
Mags bekommt wie gesagt nichts mehr davon mit, denn er ist in den Handyladen gegangen. Ohne zu wissen, was er da eigentlich tut, hat er sich von dem Verkäufer (der natürlich seine Chancen wittert!) einen 2-Jahresvertrag bei einem Mobilfunkanbieter aufschwätzen lassen und ein Handy dazu geschenkt bekommen. „Was soll’s?“ denkt Mags, „bis die merken, dass etwas nicht stimmt, bin ich längst wieder in meiner Zeit. Und so kann ich beweisen, dass ich wirklich in der Zukunft war!“ Fasziniert dreht er das Handy in den Händen herum, drückt ein paar Knöpfe, lauscht den Klingeltönen. Dann kommt ihm eine Idee: er wählt die Nummer seiner Freundin Heidi. Leider meldet sich niemand. „Ob sie überhaupt noch da wohnt?“ denkt er. Dann aber hat schon wieder etwas Neues seinen Blick gefesselt: gleich neben dem Handyladen befindet sich nämlich eine Art Kneipe, über deren Tür eine Neonschrift verkündet, dass es sich um eine Cyberbar handelt! „Das muss ich mir angucken“ denkt Mags und geht hinein. Einige Jugendliche sitzen an Tischen und scheinen sehr beschäftigt. Auf den Tischen stehen Computer mit flachen Bildschirmen, wie Mags noch nie welche gesehen hat! „Kann ich dir helfen?“ tönt da eine Stimme hinter ihm. „Ja, ähh, wie funktioniert das?“ will Mags wissen. „Hast du zu Hause kein Internet?“ fragt der Cyberbar-Beschäftigte. Mags schüttelt den Kopf. Der junge Mann führt ihn an einen freien Computer. „Also, hier oben gibst du die Adresse ein, bezahlt wird nach Minuten.“ Und schon ist er hinter seinem Tresen verschwunden. Mags streicht unsicher mit seinen Fingern über die Tastatur. Was soll er tun? Wie funktioniert so ein Ding? Dass man die Tastatur benutzen kann, wie eine Schreibmaschine, weiß er, denn einer seiner Freunde in Norwegen hat schon einen Computer. Allerdings ohne Internetz oder wie das heißt! Aber Magne hat bisher allenfalls ein paar Spiele daran mitgemacht. Zum Glück ist gerade an einem der anderen Computer eine junge Frau fertig, die bemerkt, dass er nicht klar kommt, und ihn anspricht: „Weißt du nicht, wie es funktioniert?“ Mags nickt schüchtern. „Ich… hab das noch nie gemacht, wenn ich ehrlich bin.“ „Also, zunächst musst du wissen, welche Seite du aufrufen willst. Hast du eine Adresse?“ „Ja klar hab ich eine Adresse: Dartmouth Road…“ Die junge Frau grinst: „Nein, das mein’ ich nicht! Ich meine eine Internetadresse, also so eine, die mit www anfängt!“ Mags schüttelt den Kopf. „Nee hab ich nicht! Muss man die denn haben?“ „Sollte man haben“ bestätigt die Frau. „Aber es geht auch ohne, dann musst du eben eine Suchmaschine nehmen. Was willst du denn suchen?“ „Was kann man denn da alles suchen?“ fragt Mags neugierig. „Alles was du willst“ lacht die junge Frau, „nur wenn’s geht sag mir vorher bescheid, wenn es Schweinkram sein soll!“ Schnell schüttelt Mags den Kopf. „Nein nein… aber… wenn du sagst man kann alles suchen, dann… ob es wohl auch etwas über die Band a-ha gibt?“ „Bist du ein Fan?“ will die junge Frau wissen. „Äh, ja!“ „Sieht man. Du siehst einem von den Typen sogar ähnlich find ich… weiß jetzt nicht mehr wie der hieß… früher fand ich die auch gut!“ Mags muss grinsen, hütet sich aber etwas zu verraten! Die junge Frau ruft eine Suchmaschine auf und gibt „a-ha“ als Suchbegriff ein. Eine ganze Reihe von Webseiten wird angezeigt. Mags schluckt: „Boah – sind das etwa alles Seiten über a-ha?“ Die junge Frau nickt: „Klar! Das meiste sind irgendwelche Fanseiten. Aber da oben, das ist die offizielle: http://www.a-ha.com/. Wenn du auf den Link klickst geht’s los.“ Mags klickt die offizielle Webseite an und kriegt fast einen Herzinfarkt, als er sieht, dass auf der Startseite ein großes Bild von ihm, Paul und Morten drauf ist! Und offenbar 20 Jahre älter! Er bekommt eine Gänsehaut. „Hier die Schriften die unterstrichen sind. Da sind Links drunter, mit denen du immer weiter kommst. Wenn was nicht klappt, ruf mich einfach. Alles klar?“ fragt die junge Frau. Mags nickt stumm, sagen kann er nichts mehr. Nur ungläubiges Kopfschütteln, sprachloses Staunen und Schweißausbrüche sind noch angesagt, je öfter er sich von einem Link zum nächsten klickt. „Wir sind berühmt“ denkt Mags. „Wir haben es geschafft. Wir sind Stars! Wir haben Fans! Ich habe Heidi geheiratet? Wow! Ich habe Kinder! Ich habe einen Bart!“ Er verzieht leicht das Gesicht. Wissensgierig saugt er förmlich alles auf, was er über a-ha zu lesen bekommt. Schließlich gerät er auf eine Fanseite, die sich „a-ha-forum“ nennt und offenbar in Deutschland stationiert ist!“ Dann findet er einen Link, der auf einen „Chat“ hinweist. Er ruft seine junge „Helferin“ herbei und lässt sich erklären, wie das funktioniert. Man kann also über den Computer mit vielen Leuten auf einmal „sprechen“? Wow, denkt Mags. „Eine feine Sache, so finde ich heraus, was meine Fans so für Leute sind!“ Er loggt sich ein (unter dem Namen migsmagsmugs! denn die Frau hat ihm gesagt, dass man im Chat einen so genannten Nicknamen verwenden soll) und findet sich in einem Chatroom wieder, wo sich etwa 10 a-ha Fans angeregt unterhalten. Leider auf deutsch aber Mags versteht ein paar Brocken, da er deutsch in der Schule gelernt hat. Und als er sich auf englisch vorstellt, „reden“ die Leute auch sofort englisch mit ihm. Er erzählt, dass er das erste Mal im Internet sei, und dass er alles wissen will, was so mit a-ha die letzten, na sagen wir, 18 Jahre passiert ist! „Du bist aber schon lange nicht mehr up to date“ feixt eine der Mädels, eine gewisse Reason75 (oder hier bekannt als Ellen (Brook) ) „Äh, ja ich war früher mal Fan, hab aber lange Zeit aufgehört“ lügt Mags, weil ihm nix anderes einfällt! „Was willst Du wissen?“ fragt Reason75 hilfsbereit, während einige der anderen Leute schon anfangen zu lästern. „Ich will wissen, was Magne so macht. Wie ist er so?“ „Er malt und ist ziemlich launisch“ antwortet Reason75. „Und manchmal redet er komische Sachen, die kein Mensch versteht.“ „Die DU nicht verstehst“ mischt sich eine andere Chatterin ein. Überhaupt werden „Reason75“ und einige andere von bestimmten Chattern in der Forumsgemeinde ziemlich angegriffen. Mags ist nicht sicher, ob er die Leute sympathisch finden soll. Es herrscht ein eher rauer Umgangston. Einige der Chatter haben offenbar eine Gemeinschaft gebildet, und alle, die da nicht dazu gehören, werden gnadenlos nieder gemacht. Reason75 wehrt sich mit ironischen Kommentaren und ist manchen Leuten wohl gerade deshalb ein Dorn im Auge. Und dann gibt es da noch eine „Angel12“ die kaum etwas sagt und über die auch gespottet wird. „Der Forumstroll“ heißt es da, „die Verrückte. Na, wieder Mags und Paul getroffen? Na wieder in 1984 gewesen?“ Da fällt es Mags wie Schuppen von den Augen! Schnell klickt er die Funktion „Private Nachricht“ an und fragt: „Alina? Bist Du das?“ „So heiß ich, ja“ kommt zurück. „Wer bist Du?“ „Ich bin’s Mags!“ „Mags? Du kennst mich noch?“ freut Alina sich. „Na klar! Also stimmt es wirklich, Du bist aus der Zukunft!“ „Bist Du der Mags von 1984 oder der aktuelle?“ Alina ist sich nicht sicher. „1985 inzwischen. Ich bin aber im Jahr 2005. Auf die gleiche Weise wie Du übrigens. Morten hat was erfunden, das es möglich gemacht hat.“ „Ich weiß nicht ob das gut ist… wo bist Du?“ fragt Alina. „In London in einer Cyberbar oder wie das heißt. Total irre! Du musst mir unbedingt erzählen was es noch so für Sachen gibt in dieser Zeit! Ich werde nämlich wahrscheinlich nicht lange bleiben können. Hast Du mein älteres Ich mal getroffen? Wie bin ich so geworden?“ Mags bricht der Schweiß aus, er spürt, dass er jetzt den Schlüssel zur Zukunft in der Hand hat, aber auch, wie ihm die Zeit davon läuft! Je mehr er über sich selbst erfährt, umso komischer wird ihm. „Was für ein komischer Kauz bin ich denn geworden?“ Mags ist etwas enttäuscht. Zwar ist er offenbar reich und berühmt, aber auch irgendwie schrullig und uncool geworden! Alina hat inzwischen Reason75 (die beiden kennen sich) eingeweiht, dass Mags, die junge Ausgabe von Mags, hier im Chat ist! „Um Himmels Willen! Das darf sonst niemand hier erfahren!“ Reason 75 alias Ellen ist nun klar, warum der Typ am anderen Ende der Leitung so wissbegierig ist! „Hoffentlich hab’ ich nicht schon zuviel erzählt und die Zukunft durcheinander gebracht“ denkt sie. „Ich muss es Morten melden! Nur wie erreiche ich ihn?“ Da fällt ihr die Kette ein mit dem gelben Stein, die er ihr einmal geschenkt hat. (wie ich an das Ding rangekommen bin erzähle ich ein anderes Mal! Anm. d. Red.) Mit dem man in die 12. Dimension kommt, wenn man möchte. Vielleicht kann Morten ja ihre Gedanken lesen, wenn sie den Stein in die Hand nimmt? Ellen versucht ihr Glück und nimmt den Anhänger in die Hand. Obwohl sie die Kette jetzt schon über 2 Jahre lang hat, fühlt er sich immer noch warm an… „Morten, kannst du mich hören?“ Ellen versucht, die Worte klar und deutlich zu denken und murmelt sie leise mit. „Ich brauch’ deinen Rat. Es ist wichtig!“ Auf einmal kann sie seine Stimme hören, in ihrem Kopf, ganz eindeutig. Verrückt, denkt sie. „Hallo Ellen, was ist los? Ich bin gerade in Berlin bei einer Pressekonferenz… super langweilig, muss aber sein!“ „Wenn du dich irgendwie loseisen kannst und mal ins Internet schauen könntest unter a-ha-forum.de, im Chat ist etwas sehr komisches los…“ denkt Ellen. „Das kann ich doch nicht… was, wenn ich erkannt werde?“ kommt Mortens „Antwort“. „Bitte, es ist wichtig… ich glaube, Mags ist dort, sein früheres Ich aus 1985.“ „Was? Bist du dir sicher?“ „Ja, ziemlich! Ich hab dir doch die Sache mit Alina erzählt… du weißt schon… und offenbar hat Mags rausgefunden wie er in unsere Zeit kommt!“ „Das kann ja nur auf einem Weg gegangen sein“ meint Morten. „Er muss mir – also meinem Selbst aus 1985 – auf die Schliche gekommen sein. Das kann böse enden… okay, ich komme, unter einem Decknamen.“ „Ich bin da unter dem Namen Reason75“ denkt Ellen. „Ich weiß. Danke dass du mich informiert hast.“ Sie spürt förmlich, dass Morten ihr zulächelt, dann hängt sie die Kette weg und geht wieder an den Computer. Mittlerweile hat Mags Alina alles geschrieben, was er auf seinem Zukunftstrip schon erlebt hat. Die beiden scheinen sich glänzend zu verstehen, und Ellen kommt sich fast wie eine Verräterin vor! Sie beschließt, Alina nichts von ihrem „Gespräch“ mit Morten zu sagen und lenkt stattdessen die Leute im Forum ab, die sich immer über den seltsamen Gast, der halb in Englisch und halb in gebrochenem Deutsch alles über a-ha erfahren möchte, lustig machen, ohne auch nur zu ahnen, WEN sie da wirklich vor sich haben…
20 Jahre früher saß Paul Waaktaar mit offenem Mund auf dem abgewetzten Sofa in a-ha’s Noch-Wohnung und schüttelte immer wieder sein blondes Haupt. Er konnte es einfach nicht glauben, was sein Freund und Bandkollege ihm da gerade offenbart hatte. Morten war nicht einfach nur ein junger Mann aus Asker mit einer begnadeten Stimme, nein er gehörte offensichtlich zu einer anderen Welt, über die er gerade die Herrschaft erhalten hatte. Und er hatte magische Kräfte, die im Zusammenhang mit jener merkwürdigen gelben Flüssigkeit standen, die von denen „dort drüben“ PERFECT genannt wurde und die er in kleinen Flaschen bei sich trug. Einige davon hatten sogar monatelang hier in ihrem Wohnzimmer herumgelegen…! Paul bekam eine Gänsehaut bei dem Gedanken. Natürlich hatte er etwas geahnt, spätestens seit das Mädchen aus Deutschland (sofern sie denn wirklich von dort gekommen war) von einer Minute zur nächsten spurlos verschwunden war. Aber er hatte es nicht glauben wollen. Und er hätte sich auch weiterhin geweigert, wenn ihm Morten nicht den ultimativen Beweis geliefert hätte. Er hatte etwas von der Flüssigkeit über den uralten, schon seit Monaten kaputten Schwarzweißfernseher im Wohnzimmer geschüttet, und auf einmal war wie von Geisterhand ein Bild entstanden, ein Bild von London, wie Paul es nie zuvor gesehen hatte. Es war das Bild von London 2005. Und Mags war mitten drin. Und… oh Mann, er konnte hindurch greifen! „Du machst mir Angst“ sagte er ehrlich zu Morten. „Was soll das werden? Willst du die Weltherrschaft übernehmen oder was? Und wir, Mags und ich, sollen deine Gehilfen sein? Scheiße! Was hast du mit ihm gemacht? Wieso hab ich ihm nicht geglaubt?“ In Pauls großen Augen spiegelte sich Panik. „Denkst du wirklich so über mich?“ meinte Morten traurig. „Ich weiß nicht was ich denken soll. Bin einfach nur platt“ sagte Paul und merkte schon, dass er Blödsinn geredet hatte. Natürlich würde Morten ihm und Mags nichts Böses antun, sonst hätte er es doch längst gemacht. Und wäre nicht hier mit den beiden in diesem Loch wohnen geblieben! „Ich hätte es euch ja gesagt“ meinte Morten. „bald, wenn der Zeitpunkt richtig gewesen wäre… aber jetzt muss es eben so gehen. Wir müssen Mags zurückholen. Er hat ja keine Ahnung, was passieren kann, wenn er etwas an der Zukunft verändert!“ Das leuchtete Paul ein. „Aber wie soll das gehen?“ wollte er wissen. „Wir müssen auch dort hin, ins Jahr 2005“ sagte Morten, „und verhindern, dass Schlimmeres passiert.“ „Da durch?“ Paul deutete unsicher auf den Fernseher, auf dem sie noch immer Mags in der Zukunft beobachten konnten, offenbar vergnügte er sich an einem hypermodernen Computer. Morten nickte. Genau so sollte es gehen. „Oh je“ dachte Paul, „das kann ja heiter werden. Hoffentlich zieht jetzt keiner den Stecker raus oder so!“ Aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als er, Morten nachfolgend, durch das offene Bild des Fernsehers stieg.
Und da stehen sie nun im London des Jahres 2005, der junge Morten Harket und der junge Paul Waaktaar (der ja damals noch nicht Savoy hieß! ) Der eine neugierig und interessiert, der andere vorsichtig und ängstlich. „Ist das jetzt wirklich die Zukunft?“ flüstert Paul. Morten nickt. „Und wie ist die so?“ „Ich weiß nicht… bin selbst zum ersten Mal hier“ gibt Morten zu. „Ich hab die volle Kraft der 12. Dimension auch erst seit drei Wochen.“ „Du hast das also noch gar nicht gekonnt bis dahin?“ will Paul wissen. Morten schüttelt den Kopf. „Ich habe schon immer ein paar Fähigkeiten, das ist angeboren, aber solche, naja, großen Sachen gehen erst seit mein Vater mir die Herrschaft übertragen hat.“ „Und das war vor drei Wochen?“ Morten nickt. „Dann versteh’ ich auch“ meint Paul, „warum auf einmal alles so anders geworden ist. Wieso du auf einmal so ne Mords Kartoffel geworden bist bei den Vertragsverhandlungen und so… du hast sie verhext, stimmt’s?“ Morten lächelt: „Ein bisschen nachgeholfen vielleicht“ meint er, „damit sie uns endlich mal anhören…“ Paul kapiert schon, dass Morten nicht alles verraten möchte, was er die letzte Zeit gemacht hat. Auch wenn es ihn brennend interessieren würde, stellt er keine weiteren Fragen, sondern macht sich zusammen mit Morten auf die Suche nach Mags. „Pass auf“ sagt Morten, „am besten wird es sein, dass wir uns trennen. Ich konnte nicht genau sehen, wo Mags sich aufgehalten hat… wenn einer von uns ihn findet, muss er dem anderen bescheid geben. Und zwar damit.“ Morten reicht Paul ein Gerät, das ausschaut wie ein altes Funkgerät. „Wenn du den gelben Knopf drückst, erreichst du mich wie an einem Telefon“ meint Morten. „Und wenn du irgendwo nicht rein gelassen wirst oder keine Auskunft bekommst, dann nimm den blauen Knopf und richte die Antenne auf die entsprechende Person. Dann solltest du keine Probleme haben…“ „Gut, habe verstanden!“ Paul nimmt das Gerät, das nichts anderes ist als die Ur-Version eines „GEBEF“ (Gedankenbeeinflussers – damit kann man die Gedanken anderer Personen beeinflussen oder sie alles vergessen lassen) an sich. Auch wenn er nicht so recht weiß, was hier gerade geschieht, macht er sich auf den Weg zum Ostende, während Morten sich das Westende der Stadt vornimmt.
Aber auch von anderer Seite hat man sich inzwischen auf die Suche nach dem jungen Magne Furuholmen gemacht! Und im Gegensatz zu seinem jüngeren Ich weiß der aktuelle Morten Harket sehr wohl, wo er diesen findet. Er hat sich unter einem Decknamen im Forum eingeloggt und bald herausbekommen, dass es sich bei „migsmagsmugs“ um den gesuchten Zeitenflüchtling handeln muss! Und wenn die Chatter aus dem Forum gewusst hätten, wer denn hinter dem Namen „speltbrod101“ steckt… sie wären sicher etwas netter mit ihm umgegangen! Einzig Alina ahnt, dass mit diesem Benutzer auch etwas nicht stimmt… Jedenfalls, kaum hat sich Morten in den Chat rein gehängt, kann er mit seinen a-ha-ischen Kräften orten, wo sich Mags befindet, auch wenn ihm dieser natürlich nicht verraten hat, wer er in Wahrheit ist. Morten peilt das entsprechende Internetcafe in London per Computer an, schüttet etwas PERFECT-Saftüber den Bildschirm und geht dann – ähnlich wie sein jüngeres Ich – einfach hindurch. Ellen lenkt weiterhin die Leute im Chat ab und muss sich schwer beherrschen, um Alina nicht doch noch die Wahrheit zu sagen.
Als Morten (der aktuelle ) in London „gelandet“ ist, sieht er aber – oh Schreck! – sein 1985er Selbst, das gerade ins Cybercafe hinein gehen will! „Ich darf mir selbst nicht begegnen!“ schießt es ihm durch den Kopf. „Sonst geraten vielleicht alle Zeit- und Raumkoordinaten durcheinander!“ Schnell kratzt er die Kurve und versteckt sich hinter dem Gebäude. Da die Türen des Ladens offen stehen, kann er sich selbst mit Mags sprechen hören. Dieser ist natürlich nicht gerade begeistert, dass sein Trip in die Zukunft schon so schnell wieder beendet sein soll! „Du hast irgendwelche Tricks drauf, die du uns bisher verschwiegen hast. Gib’s zu!“ hört er ihn sagen. Aber der junge Morten möchte in Gegenwart der anderen Leute dazu nichts sagen. „Später“ raunt er Mags zu. Dann drückt er auf den Knopf des GEBEF und hofft, dass Paul es so schnell wie möglich sieht und her kommt! „Wir müssen zurück… bevor noch mehr Unglück geschieht!“ Aber dann knallt es plötzlich ohrenbetäubend. Ein blauer Blitz schießt vom Himmel und knallt direkt vors Cybercafe! Die Leute schreien und flüchten von ihren Plätzen, und Morten 1985 zuckt dermaßen zusammen, dass ihm die Perfectflasche aus der Hosentasche fällt und – zu allem Überfluss auf dem Boden zerschellt! Er weiß nicht was hier gerade geschehen ist, noch nicht. Sein älteres Ich dagegen schon! „Die Zeitkoordinaten fangen schon an verrückt zu spielen! Deswegen blitzt es genau zwischen mir und meinem anderen ich“ weiß er. Der Saft ergießt sich über den Boden, macht diesen weich und verbreitet einschläfernde Dämpfe. Schon bald liegen alle in der Cyberbar flach und pennen! Morty 85 schluckt. Das hat er nicht gewollt!... Er packt Mags (der auch eingeschlafen ist) am Kragen und geht hinaus. Und da passiert es! Plötzlich steht er sich selbst gegenüber. Wie angewurzelt sieht er seinem älteren Selbst ins Gesicht. „Na, Schwierigkeiten?“ lächelt Morten, der Ältere. Der Jüngere nickt. „Du… du bist ich, stimmt’s?“ „Du kannst den Mund ruhig zumachen. Ja, ich bin du, in 20 Jahren.“ „Und, bist du noch… ich meine, bin ich noch in Form?“ „Na klar, alles bestens. Sieht man doch oder?“ zwinkert Morten der Ältere. „“Krieg ich das denn hin? Die Herrschaft über die 12. Dimension meine ich. Ich hab Angst dass ich versage… dass ich Papa enttäusche.“ „Keine Sorge“ sagt Morten senior. „Ich weiß noch gut wie das damals war… aber es wurde jeden Tag besser. Glaub daran, du hast es in dir!“ Morten junior nickt. Da blitzt und kracht es wieder. „Du musst Mags und Paul nach Hause bringen“ sagt Morten senior. Es ist nicht gut wenn sich die Zeitkoordinaten weiter vermischen… hier, ich denke das kannst du brauchen!“ Er reicht Morten junior eine Flasche PERFECT. „Danke“ sagt dieser. „Meine ist mir eben runter gefallen… da drin schlafen alle…“ „Ich kümmere mich darum“ sagt Morten senior. „Jetzt beeile dich! Da hinten kommt Paul!“ „Okay!“ Morten junior steckt die Flasche ein, nickt seinem älteren Selbst noch mal zu und verschwindet dann mit Mags um die Ecke, wo Paul – nichts ahnend – gerade angelaufen kommt. Morten senior wartet noch ab, bis die drei durch einen der Monitore im Internetcafe verschwunden und wieder heil im Jahr 1985 gelandet sind, dann geht er hinein und verwendet den am Boden verschütteten Saft für einen starken Zauber. Wie ein Computervirus verbreitet dieser sich und alle, die daran beteiligt waren, vergessen was passiert ist. Die Londoner, die Chatter im Forum, sogar Mags und Paul, und ja, sogar Alina. Morten hat nämlich alles aus den Gedächtnissen gelöscht, auch das, was am 12.12. des Vorjahres passiert ist, „Es ist besser so“ denkt er. „Sorry Alina. Vielleicht lernen wir uns mal auf einem besseren, einfacheren Weg kennen…“ bei seinem jüngeren Ich, das weiß er, wird der Zauber nicht funktionieren, aber das macht nichts. Bei Ellen klappt es auch höchstens für ein paar Tage… Morten weiß aber, dass sie „dicht halten“ wird. Aber auch auf ihn hat die Begegnung mit seinem früheren Ich Eindruck gemacht… auf einmal fällt ihm alles wieder ein, was damals gewesen ist. Wie vorsichtig und unerfahren er damals noch war. Und wie er gelernt hat, die 12. Dimension perfekt zu führen, ohne deren Bewohner ihren eigenen Willen abzusprechen… ja, denkt er, es ist ein schwieriger Job, aber er ist fucking great. Gegen nichts im Universum würde Morten ihn wieder eintauschen wollen. -
super geschrieben, da bin ich mal auf die Fortsetzung gespannt!!!
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